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Deutscher Psychotherapiekongress Berlin 2022

Wissen über psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter: Ergebnisse einer Online-Studie mit Kindern, Jugendlichen und Eltern

Hintergrund: Das Wissen über psychische Störungen stellt einen wesentlichen Teil des Konstrukts psychischer Gesundheitskompetenz (engl.: Mental Health Literacy - MHL) dar, das erstmals von Jorm et. al. (1997) eingeführt wurde. Das Konstrukt MHL wird anhand von drei Themenschwerpunkten definiert: 1) Erkennen, 2) Wissen und Prävention psychischer Störungen sowie 3) Einstellungen und Überzeugungen (Bale et al., 2018). Da MHL einen Schutzfaktor darstellt, leistet MHL einen wichtigen Beitrag zur Prävention psychischer Störungen (Riebschleger et al., 2017). In Bezug auf die Erforschung von MHL bei Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern liegen bisher nur wenige Studien vor (Bjørnsen et al., 2019; Kelly, Jorm, & Wright, 2007; Lam, 2014; Tully et al., 2019). Bislang liegen vorwiegend englischsprachige Fragebögen zur Erfassung von MHL, wie beispielsweise die Knowledge of Mental Illness and Recovery  Scale (K-MIR; Riebschleger et al., 2019) oder die Youth Mental Health Literacy Scale (YMHL; Riebschleger et al., 2021, under review) vor; für den deutschsprachigen Bereich gibt es noch kein validiertes Instrument. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir den aktuellen Wissenstand zu psychischen Erkrankungen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien.

Methode: In Anlehnung an die drei bzw. fünf Dimensionen von MHL nach Bale et al. (2018) und Jorm (2012) haben wir eine Umfrage entwickelt, die Wissen rund um psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter (Anzeichen für Erkrankung, Prävention, Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten) sowie Stigmatisierungsbefürchtungen erfasst. Die Umfrage wurde durch Mitglieder des Angehörigen- und Betroffenenbeirats des DZPG Standorts Bochum/Marburg begutachtet und auf Basis der Rückmeldungen nochmals überarbeitet.

Ergebnisse: In dem Symposium werden erste Ergebnisse dieser Online-Studie vorgestellt, wobei Wissen und Stigmatisierungsbefürchtungen von Kindern, Jugendlichen und Eltern, sowie eine Betrachtung möglicher Zusammenhänge zwischen Wissen, Befürchtungen und soziodemographischen Variablen wie Alter oder dem Bildungsniveau der Eltern fokussiert werden.

Diskussion: Die Studie liefert erste Anhaltspunkte darüber, wie MHL bei Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern im deutschsprachigen Raum ausgeprägt ist und in welchen Bereichen Aufklärungsarbeit notwendig ist.

 

Gemeinsam forschen: Wege zur Verbesserung des Einbezugs von Kinder- und Jugendlichen in die Forschung der Klinischen Psychologie und Psychotherapie

Inhalt des Vortrags:

Der Einbezug von Patient:innen und der Öffentlichkeit, Patient and Public Involvement (PPI), ist eine wesentliche ethische Komponente in der Wissenschaft und stellt eine große Chance zur Verbesserung der translationalen Forschung zur psychischen Gesundheit dar. Insbesondere in der Forschung der Klinischen Psychologie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter besteht die dringende Notwendigkeit, sich von paternalistischen Ansätzen ab- und Ansätzen zuzuwenden, die die Expertise und Lebenserfahrungen der Kinder und Jugendlichen integrieren. Diese Art der partizipativen Forschung wurde bisher im Bereich der Kinder- und Jugendspsychotherapie und -psychologieforschung vernachlässigt oder auf Fragen zu Forschungsdesigns und -durchführung beschränkt. Der Einbezug von Kindern und Jugendlichen über die reine Befragung hinaus birgt jedoch Potenzial die Forschungsinhalte entlang der Bedürfnisse und Interessen von Kindern und Jugendlichen zu diversifizieren, sowie die Akzeptanz, Umsetzung und Verbreitung von innovativen Konzepten in der Bevölkerung zu maximieren.

Die Verbesserung des Einbezugs von Kindern und Jugendlichen in die Forschung der Klinischen Psychologie und Psychotherapie erfordert eine modellgeleitete und altersgerechte Umsetzung einer systematischen Forschungsstrategie. In unserem Vortrag möchten wir neben einer inhaltlichen Einführung in das Thema die Ergebnisse einer narrativen Übersichtsarbeit vorstellen, welche einen umfassenden Überblick über die bestehenden partizipativen Ansätze im Bereich Psychotherapieforschung im Kindes- und Jugendbereich geben. Weiterhin werden darauf aufbauend Empfehlungen für die Verbesserung von PPI in zentralen Forschungsbereichen der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen präsentiert werden. Diese wurden gemeinsam mit Teilnehmer:innen des Betroffenen- und Angehörigenrats des DZPG Standorts Bochum/Marburg generiert.

Nur durch den Einbezug von Kindern und Jugendlichen als gleichberechtigte Beteiligte kann zukünftige und moderne Forschung im Sinne einer ganzheitlichen Wissenschaft arbeiten und die Umsetzung des Translation-Back-Translation-Ansatzes gelingen. Die präsentierten Empfehlungen zur Verbesserung des PPI in der Psychotherapieforschung sollten daher in zukünftigen Forschungsdesigns berücksichtigt werden.

Childlife Conference Oslo 2022:

Recommendations for participation of children and adolescents in mental health research

Patient and Public Involvement (PPI) is an essential ethical component of science and represents a great opportunity to improve translational mental health research. Particularly in mental health research in childhood and adolescence, there is an urgent need to overcome paternalistic approaches and to follow approaches that integrate the expertise and life experience of children and adolescents. Participatory research has so far been neglected in mental health research or limited to questions of research design and implementation. However, the inclusion of children and adolescents beyond has the potential to diversify the research content along the needs and interests of children and adolescents, as well as to maximise the acceptance, implementation and dissemination of innovative concepts in society.

Improving the inclusion of children and adolescents in mental health research requires a model-led and age-appropriate implementation of a systematic research strategy. In our presentation, we would like to give an introduction the content and present results of a systematic review we conducted. Our aim is to give a comprehensive overview of existing participatory approaches in mental health research. Furthermore, we want to present and discuss recommendations for improving PPI in key areas of child and adolescent in mental health research. These recommendations were compiled with participants of the Children’s Council and Advisory Board for members and affected of mental disease of Bochum /Marburg

Only by including children and adolescents as equal participants, can future and modern research work in the spirit of holistic science and succeed in implementing the translation-back-translation approach. The presented recommendations for improving PPI in mental health research should therefore be considered in future research designs.

Kooperationsbeteiligte