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Drittmittelprojekte der AG Differentielle Psychologie


Eine Übersicht über DFG-geförderte Drittmittelprojekte unserer Arbeitsgruppe finden Sie hier.

Laufende Projekte:


Die Rolle von Dopamin, Belohnungslernen und präfrontaler Aktivität bei erwartungsinduzierter Stimmungsverbesserung (Projekt A07 im Sonderforschungsbereich Treatment Expectations; Sprecherin: Prof. U. Bingel)

Dieses Projekt untersucht die neuralen, neurochemischen und neurocomputationalen Pfade, die Erwartungseffekten auf negative Stimmung und Anhedonie zugrunde liegen. Mittels EEG und pharmakologischer Manipulation des dopaminergen Systems sowie computationaler Modellierung des Belohnungslernens untersuchen wir, wie die Dopamin abhängige Belohnungsverarbeitung zu Erwartungseffekten auf negativen Affekt und depressive Symptome beiträgt. Die Ergebnisse werden zum Verständnis präfrontaler und orbitofrontaler Aktivität bei der Entstehung von Erwartungseffekten auf Stimmung, depressive Symptome und Schmerz beitragen.


Developing and testing an expectation-based model of neuroticism (Projekt 6 im Graduiertenkolleg Breaking Expectations; Sprecher: Prof. E. Mueller)

The personality trait neuroticism is predominantly characterized by temporally stable individual variations in the intensity and frequency of experiencing negative affect across a broad range of situations and is among the best predictors for psychological disorders, general life dissatisfaction, marriage problems, and much more. From the perspective that expectations centrally influence human experience and behavior by guiding attention, perception, cognition, affect, and motivation, we reason that expectations may also reflect the core mechanism of neuroticism. Specifically, we assume that individuals with high levels of neuroticism may be characterized by (a) a broad set of highly generalized negative expectations about oneself and one’s environment, (b) specific characteristics of expectations about expectations (i.e., meta-expectations or hyperpriors) regarding the predictability about the world as such leading to heightened levels of aversively experienced uncertainty, (c) a strong top down influence of these (meta-)expectations causing biased perception of and attention towards negative events that further stabilizes existing negative expectations, (d) avoidance and assimilation strategies that hinder these negative expectations to be violated, and (e) immunization processes in response to violations of negative expectations that further prevent the updating of such expectations.
The aim of this project is to investigate how these expectation-based mechanisms act and interact with each other in the context of neuroticism and develop a detailed ViolEx 2.0 - based account of neuroticism. We will investigate to which degree this new account will be able to integrate existing empirical findings on neuroticism and related constructs (e.g., trait anxiety, harm avoidance, stress reactivity) and to which degree this account allows new predictions that have not yet been empirically tested, for example, the hypothesis that neuroticism is related to assimilative strategies in the context of potential violations of negative expectations.


Ein neuer kollaborativer Ansatz für die neurowissenschaftliche EEG-Persönlichkeitsforschung (Coscience, Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft; Federführender Antragsteller: Prof. J. Wacker)

Das Aufdecken von Verbindungen zwischen individuellen Unterschieden im Elektroenzephalogramm (EEG) und in der Persönlichkeit kann dazu beitragen, die biologischen Grundlagen menschlicher Individualität zu erhellen, und stellt einen prominenten Ansatz innerhalb des jungen und expandierenden Feldes der neurowissenschaftlichen Persönlichkeitsforschung dar. Häufig untersuchte EEG-Maße sind z.B. die frontale EEG-Asymmetrie, die fehler- und feedbackbezogenen Negativierungen/die frontozentrale Thetaaktivität sowie die späten Positivierungen. Dass die Bezüge dieser Maße zu Persönlichkeit trotz jahrzehntelanger Forschung noch weitgehend unklar sind, ist insbesondere der unbefriedigenden Replizierbarkeit geschuldet, welche derzeit den Erkenntnisgewinn in vielen Bereichen der Psychologie und Neurowissenschaften behindert. Inzwischen ist klar, dass die aktuelle Replizierbarkeitskrise wesentlich auf niedrige Teststärke und undokumentierte Flexibilität bei der Datenanalyse zurückgeht.Dieses Projekt zielt darauf ab, durch die erstmalige Anwendung eines neuen Ansatzes für empirische Forschung, der "collaborative forking path analysis" (cFPA), diesen unbefriedigenden Status quo zu ändern und eine stabile Basis für die zukünftige EEG-Persönlichkeitsforschung zu schaffen. Im Kern basiert die cFPA auf (1) enger Zusammenarbeit zwischen Forscherteams, die sich den zur Erreichung einer hohen Teststärke nötigen Erhebungsaufwand im Rahmen eines vorab gemeinsam festgelegten, hochstandardisierten Experimentalablaufs teilen, und (2) auf einer systematischen skriptbasierten vergleichenden Analyse aller Auswertungspfade, die in gemeinsamen Expertenrunden als prinzipiell begründbar erachtet wurden. Die Anwendung der cFPA im aktuellen Projekt beinhaltet die Vorgabe geeigneter Paradigmen zur Erhebung sämtlicher oben genannter EEG-Maße bei N = 360 Probanden verteilt auf neun Labore. Diese für eine Einzelförderung neuartige gemeinschaftliche Unternehmung wird uns erlauben, (1) die Replizierbarkeit diverser bekannter EEG-Persönlichkeitsassoziationen zu prüfen, (2) erste direkte Tests möglicher Moderatoren einiger solcher Assoziationen durchzuführen, (3) erstmals den Einfluss der Variabilität zwischen Laboren auf jedes der EEG-Maße und deren Assoziationen mit anderen Variablen abzuschätzen, (4) systematisch den Einfluss von Analyseentscheidungen auf jeden der interessierenden Effekte zu untersuchen, (5) mehrere neue Methoden zur Quantifizierung individueller Unterschiede der EEG-Aktivität zu validieren, und (6) einen weltweit leicht zugänglichen, qualitativ hochwertigen multivariaten Datensatz für weitere theoriebasierte sowie induktive EEG-Persönlichkeitsuntersuchungen zu schaffen. Sofern sich die cFPA in dieser erstmaligen Anwendung auf ein methodisch relativ anspruchsvolles Forschungsgebiet bewährt, könnte sie als Blaupause zur spürbaren Verbesserung der empirischen Forschungspraxis in der neurowissenschaftlichen Persönlichkeitsforschung sowie in diversen anderen Feldern dienen.


Indikatoren und Mechanismen interindividueller Unterschiede in der kortiko-kardialen Kovariation (Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft; Antragsteller: Prof. E. Mueller)

Alleine die kognitive Verarbeiung einer potenziellen Bedrohung kann zu einem Anstieg der Herzrate führen. Kortikale und kardiale Prozesse beeinflussen sich bei der Verarbeitung internaler und externaler Reize wechselseitig und kovariieren miteinander (kortiko-kardiale Kovariation). Warum die kortiko-kardiale Kovariation bei Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt ist, ist bislang weitgehend unbekannt, obgleich interindividuelle Unterschiede in kortiko-kardialer Kovariation mit gegenwärtiger Angst, dispositioneller Ängstlichkeit und Angststörungen zusammenhängen und für das Verständnis dieser Zustände bzw. Eigenschaften von Bedeutung sind. Um Indikatoren und Mechanismen kortiko-kardialer Kovariation zu identifizieren, sollen hier zwei Studien mit gesunden Probanden beantragt werden. Als primäres Ziel von Studie 1 soll untersucht werden, ob zuvor beobachtete intraindividuelle Korrelationen von zeitversetztem Einzel-Trial EEG und Herzrate stabile und valide Trait-Indikatoren kortiko-kardialer Kovariation mit Relevanz für Ängstlichkeit darstellen. N = 67 Probanden durchlaufen an zwei Terminen im Abstand von 6 Monaten jeweils eine Glücksspielaufgabe, Zeitschätzaufgabe und ein Furchtkonditionierungsparadigma, welche bekannte Muster in EEG, Herzrate und in EEG-Herzraten Korrelationen evozieren. Dieselben Aufgaben werden von den Probanden 6 Monate später erneut durchgeführt. Mit den erhobenen Daten werden mit einem Multi-Trait-Multi-Method und einem Cross-Lagged Panel Ansatz die Re-Test Reliabilität, die konvergente, Konstrukt- und prädiktive (Ängstlichkeit) Validität der von mit verschiedenen Maßen und in verschiedenen Paradigmen erhobenen Hirn-Herz-Kovariation überprüft. In Studie 2 sollen die Mechanismen kortiko-kardialer Kovariation und deren Einfluss auf individuelle Unterschiede in bedrohungsevozierter Zustandsangst experimentell getestet werden. In dieser Studie durchlaufen N = 148 Probanden eine Glücksspielaufgabe unter Androhung elektrischer Schocks bzw einer sicheren Kontrollbedingung. Dabei soll die kortiko-kardiale Kovariation experimentell ausgelenkt werden, und zwar mittels Escitalopram (10 mg, randomisiert, doppel-blind und placebokontrolliert), welches die kortiko-kardiale Neurotransmission über die Modulation von Serotonin beeinflussen sollte. Durch die Überprüfung, ob (1) pharmakologisch induzierte Unterschiede in der kortiko-kardialen Kovariation zu differenziellem Angsterleben während der Threat-of-Shock Bedingung führen oder (2) durch die Schockandrohung induzierte Angstanstiege zu erhöhter kortiko-kardialer Kovariation führen, kann hierbei der Kausalzusammenhang zwischen kortiko-kardialer Kovariation und Angst bzw. Ängstlichkeit beleuchtet werden. Zusammen geben Studien 1 und 2 Aufschluss darüber, ob die mit EEG-Herzraten Korrelationen erfasste Hirn-Herz-Kovariation einen stabilen Trait und einen Risikofaktor für erhöhte Angst bzw. Ängstlichkeit darstellt und liefern wichtige Einblicke in Hirn-Herz Interaktionen beim Menschen.



Abgeschlossene Projekte:


Subkortikale und psychopathologische Korrelate katecholaminerg modulierter Langzeit-Furchtakquistion und –extinktion (Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft; Antragsteller: Prof. E. Mueller)

Im Projekt „Katecholaminerge Mechanismen der Langzeit-Furchtextinktion beim Menschen“ (DFG MU 3535/2-1) wurden vier Studien mit N>200 mehrtägigen Messungen mit EEG-Ableitungen, pharmakologischen Manipulationen katecholaminerger Aktivität und der Bestimmung katecholaminerger Genvarianten (COMTVal158Met) durchgeführt. Diese Studien zeigten u.a., dass die Langzeit-Furchtakquisition mit oszillatorischer Theta-Aktivität im anterioren midzingulären Kortex assoziiert ist, dass die Langzeit-Furchtakquisition durch den Noradrenalin-Agonisten Yohimbin verstärkt wird, und dass interindividuelle Unterschiede in der Langzeit-Furchtakquisition und -extinktion mit COMTVal158Met zusammenhängen. Aus den Befunden ergeben sich neue Fragen, die in einer zweiten Förderphase mit zwei Studien beantwortet werden sollen.
Da sich der Einfluss von Yohimbin auf die Furchtakquisition in MU 35353/2-1 zwar peripherphysiologisch, nicht aber elektrokortikal (EEG) zeigte, soll in Studie 1 mittels fMRT geklärt werden, inwiefern der Effekt von Yohimbin auf die Langzeit-Furchtakquisition über subkortikale Strukturen wie die Amygdala vermittelt wird. Dafür sollen N=42 Probanden eine für die MRT-Messung angepasste Version des von uns in DFG MU3535/2-1 entwickelten Konditionierungs- und Extinktionsparadigmas durchlaufen. Dabei erfolgt nach der Akquisitionsphase eine randomisierte und doppelblinde Einnahme von 10 mg Yohimbin oder Placebo. Die Hirnaktivität zu furchtkonditionierten vs. nicht konditionierten Reizen soll während einer anschließenden Extinktionsphase und während einem Abruftest 24h später erhoben und zwischen Yohimbin und Placebogruppe verglichen werden.
In Studie 2 soll untersucht werden, inwiefern die Indikatoren der Langzeit-Furchtakquisition und -extinktion aus MU3535/2-1 mögliche Risikomarker für soziale Angststörung (SAS) darstellen. Trotz vieler Studien zu kurzfristiger Furchtkonditionierung bei Angststörungen, wurde bislang kaum untersucht, ob Angststörungen auch durch eine längerfristig stabilere Furchtkonditionierung bzw. labilere Furchtextinktion charakterisiert sind. Gerade solche längerfristigen Lern- bzw. Konsolidierungsprozesse sind jedoch für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Angststörungen besonders wichtig. Da Störungsmodellen zufolge insbesondere bei der SAS die langfristige Furchtkonditionierung an die von uns verwendeten Gesichtsreize relevant sein dürfte, soll hier die langfristige Furchtkonditionierung und -extinktion bei N=20 Probanden mit SAS mit N=20 Kontrollprobanden verglichen werden. Zur Abklärung der Störungsspezifität sollen weiterhin N=20 Probanden mit Panikstörung unser Konditionierungsparadigma mit EEG durchlaufen.
Zusammen liefern die erwarteten Projektergebnisse wichtige Ergänzungen zu den Befunden aus MU3535/2-1. Sie informieren, über welche Hirnstrukturen Yohimbin die Langzeit-Furchtakquisition erhöht (Studie 1) und ob eine erhöhte Langzeit-Furchtakquisition einen möglichen Risikofaktor für Angststörungen darstellt (Studie 2).


Integration hämodynamischer und elektrophysiologischer Korrelate der Langzeit-Furchtextinktion beim Menschen (Forschungsbeihilfe d. Universität Gießen; Antragsteller: Prof. E. Mueller)

In Tierstudien wurden mit Hilfe von Einzelzellableitungen bestimmte Neuronenpopulationen und Hirnregionen identifiziert, die bei der Furchtextinktion eine veränderte Entladungsrate zeigen. Obgleich solche Einzelzellableitungen bei gesunden Menschen aus ethischen Gründen nicht möglich sind, konnte der Antragsteller jüngst zeigen, dass sich mit Hilfe des an der Kopfoberfläche gemessenen Elektroenzephalogramms (EEG) bestimmte Furchtextinktionsprozesse non-invasiv erfassen lassen. Während das EEG zwar über eine hohe zeitliche Auflösung verfügt und damit schnelle, für die Furchtextinktion relevante, Hirnprozesse detektieren kann, lässt sich die zugrundeliegende Quelle (Hirnregion) jedoch lediglich grob schätzen.
Weiterhin lässt sich aus physikalischen Gründen mit EEG die Aktivität in bestimmten furchtrelevanten Hirnstrukturen (insb. Amygdala) nicht erfassen. Eine präzise Lokalisation von Hirnaktivität inklusive Amygdala ist im Gegensatz dazu jedoch mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) möglich – bei fMRT ist die zeitliche Auflösung allerdings zu niedrig, um schnelle, für die Furchtextinktion relevante Prozesse zu erfassen. Im beantragten Projekt sollen daher EEG und fMRT (weltweit erstmals im Rahmen der Furchtextinktionsforschung) miteinander kombiniert werden, um die Neurobiologie menschlicher Furchtextinktion mit sowohl zeitlicher als auch räumlicher Präzision untersuchen zu können.
Es bestehen hierfür bereits Kooperationen mit Experten der EEG-fMRT Kombinationsmessung (Prof. Dr. Gebhard Sammer, JLU Gießen) und Neurobiologie negativer Affektivität (Prof. Diego Pizzagalli, Ph.D., Harvard University).


Katecholaminerge Mechanismen der Langzeit-Furchtextinktion beim Menschen (Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft; Antragsteller: Prof. E. Mueller)

Neuere Studien konnten zeigen, dass die Extinktion von Furcht durch bestimmte Modulatoren neuronaler Plastizität (z.B. N-Methyl-D-Aspartat Rezeptoren) pharmakologisch manipuliert werden kann. Bislang ist jedoch noch weitgehend unklar, ob auch Katecholamine (Dopamin und Noradrenalin) die Furchtextinktion beim Menschen modulieren und ob Katecholamine beeinflussen, inwiefern das in der Furchtextinktion Gelernte auch noch Stunden, Tage oder Monate später abgerufen werden kann (Langzeit-Furchtextinktion). Möglicherweise bestehen auch interindividuelle Unterschiede in der Furchtextinktion aufgrund von interindividuellen Unterschieden hinsichtlich katecholaminerger Prozesse. Um diese aus verschiedenen tierexperimentellen und humangenetischen Befunden abgeleiteten Hypothesen zu testen, sollen zwei Studien durchgeführt werden.
Zum einen soll durch mehrtägige Testungen an N = 54 gesunden Probanden geprüft werden, ob die überwiegend noradrenerg wirkende Substanz Yohimbin (10 mg) und die dopaminerge Substanz Sulpirid (200 mg) die Langzeit-Furchtextinktion steigern können, wenn diese vor einer Extinktionsphase eingenommen werden. Zum Anderen soll an N = 102 weiteren Probanden untersucht werden, ob individuelle Unterschiede in der Furchtextinktion vorhergesagt werden können durch (a) den Catechol-O-Methyltransferase Polymorphismus, da dieser den Abbau von Katecholaminen beeinflusst, (b) Speichel-Alpha Amylase, einem Marker für zentrale noradrenerge Aktivität und/oder (c) der Persönlichkeitseigenschaft Neurotizismus/Ängstlichkeit, die unter anderem mit Noradrenalin und erhöhtem Risiko für Angsterkrankungen assoziiert ist.
Die erwarteten Ergebnisse leisten einen wichtigen Beitrag hinsichtlich der Mechanismen interindividueller Unterschiede in der Furchtextinktion.