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Bilingualer Geschichtsunterricht
In einer zusammenwachsenden Welt werden sich kommunikative Strukturen und Berufspraxis so entwickeln, dass Menschen privat und beruflich zunehmend auf Englisch als weitere Sprache angewiesen sind, die sie, ähnlich der Muttersprache, differenziert, sicher und geläufig beherrschen sollten. Das trifft vor allem auf den wissenschaftlichen Betrieb aller Fachrichtungen einer Universität zu. Interkulturelle Forschungsansätze, internationale Zusammenarbeit in Projekten und Kommissionen und natürlich deren fachspezifische Sprache, Fachvokabular und Literatur sind heute zum größten Teil in englischer Sprache verfasst. Zur Vorbereitung auf Beruf und Studium gleichermaßen ist eine fachsprachliche Ausbildung von Schülerinnen und Schüler aber auch von zukünftigen Lehrerinnen und Lehrern dazu mehr als notwendig. Ausgehend von dieser Erkenntnis steigt das Angebot an bilingualen Unterrichtsformen an Schulen stetig an. Bilinguale Klassen und Züge, bilinguale Abiturprüfungen und ein bilinguales Profil durch eigene Curricula und Kompetenzmodelle sind Alltag an Hessens Schulen. Die Vermittlung des Sachfaches Geschichte durch die englische Sprache nimmt dabei einen sehr hohen Stellenwert ein.
In diesem Sinne streben bilinguale Bildungsgänge mit der Ausweitung fremdsprachlichen Lernens und Handelns, mit dem Bewusstmachen eines anderen Geschichtsbewusstseins des jeweiligen Zielsprachenlandes und mit der fremdsprachlichen Erschließung der eigenen Geschichte eine multiperspektivische Sichtweise des „Eigenen und des Fremden“ an. Dabei dient die Sprache als Instrument der fachlichen Wissensaneignung - bilingualer Unterricht kann und soll nicht als erweiterter Englischunterricht fungieren. Der Spracherwerb erfolgt als „notwendiges Nebenprodukt“ einer intensiven fachlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte - der eigenen und der fremden. Bisher hat sich der bilinguale Unterricht sehr stark an den jeweiligen fremdsprachlichen Instituten der Universität verortet. Die fachdidaktische Auseinandersetzung des Fachbereichs Geschichte und Kulturwissenschaften mit dieser erfolgreichen Form des Lehrens ist aber viel notwendiger, beinhaltet sie doch eine Adaption althergebrachter didaktischer Denkstrukturen und - wie oft kritisch angemerkt wird - eine Veränderung des sachfachlichen Inhaltsdenkens.
Bilinguales Zertifikat
Die fachdidaktische Ausbildung von Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrern der Universität Marburg will diese Entwicklung kritisch begleiten und den Studierenden die Möglichkeit geben, sich auf bilinguales Unterrichten wissenschaftstheoretisch sowie unterrichtspraktisch vorzubereiten. Dazu dient auch ein ‚Bilinguales Zertifikat‘, das in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Anglistik/Amerikanistik, dem Zentrum für Lehrerbildung und dem Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften der Universität Marburg entstanden ist.
Literatur:
Bach, Gerhard & Susanne Niemeier (Hrsg.): Bilingualer Unterricht: Grundlagen, Methoden, Praxis, Perspektiven. Frankfurt am Main 2008.
Bosenius, Petra; Donnerstag, Jürgen & Andreas Rohde (Hrsg.): Der bilinguale Unterricht Englisch aus der Sicht der Fachdidaktiken. Trier 2007.
Diehr, Bärbel & Lars Schmelter (Hrsg.): Bilingualen Unterricht weiterdenken. Programme, Positionen, Perspektiven. Frankfurt am Main 2012.
Hallet, Wolfgang & Frank G. Königs: Handbuch bilingualer Unterricht. Content and Language Integrated Learning. Seelze 2013.