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Hessen (post)kolonial

An vielen Orten Deutschlands wurden in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten lange Zeit über verborgene Zusammenhänge mit der deutschen Kolonialzeit aufgedeckt. Für Hessen ist das bislang kaum geschehen, obwohl im heutigen Bundesland zentrale Ausbildungsstätten (etwa Kolonialschulen) sowie die Geburts- und Wirkungsstätten von zahlreichen Forschungsreisenden und KolonisatorInnen, kolonialer BefürworterInnen ebenso wie kolonialkritischer AkteurInnen liegen.

Auf den folgenden Seiten schlagen sich Spurensuchen nach vergangenen und gegenwärtigen Relikten solcher Beziehungen zwischen Hessen und der erschlossenen Welt vergangener Jahrhunderte nieder. Sie finden sich in Straßennamen wie in Denkmalen, in Hinweisen auf „Kolonialwarenläden“, Völkerschauen und Kolonialausstellungen ebenso wie in der (Vor)Geschichte von Unternehmen, zum Teil heute noch tätigen Institutionen wie zum Beispiel Museen, in wissenschaftlichen Einrichtungen und Missionen und nicht zuletzt in Veröffentlichungen und der Alltagskultur.

Der Raum Hessen ist hierbei nicht trennscharf definiert, ebenso wenig sind dies die Kategorien des „Kolonialen“ bzw. des „Postkolonialen“. Vielmehr sind die Grenzen zur Exotik, zu „Orientalismen“ und zur Faszination für das Fremde oft fließend. Eine Erwähnung in diesem Zusammenhang beinhaltet auch keine moralische Wertung oder gar Anklage. Ziel ist es vielmehr, eine weithin verschüttete Dimension der deutschen und europäischen Geschichte am Beispiel einer Region offenzulegen, die - anders als etwa Hamburg, Bremen oder Berlin - sicher nicht im Zentrum der Kolonialgeschichte stand, aber doch in sehr charakteristischer Weise in sie eingeflochten war. Auf diese Weise werden Landes-, Globalisierungs- und Weltgeschichte miteinander verschränkt und vielleicht sogar weitere Forschungen am konkreten Einzelfall angeregt.