Ulrika Mientus

Doktorandin

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+49 6421 28-24469 ulrika.mientus@staff 1 Wilhelm-Röpke-Straße 6
35032 Marburg
W|02 Geisteswissenschaftliche Institute (Raum: 08A05 bzw. +8A05)

Organisationseinheit

Philipps-Universität Marburg Geschichte und Kulturwissenschaften (Fb06) Neuere Geschichte Neueste Geschichte
  • Dissertationsprojekt

    Über "vollwertiges" Mensch-Sein und die Legitimation von Gewalt. Ein Aushandlungsprozess zwischen Opferverbänden, Entschädigungspolitik und medizinischer Wissensproduktion im Lichte der NS-Zwangssterilisationen und "Euthanasie" (1945-70). 

    Seit Kriegsende engagierten sich NS-Zwangssterilisierte und „Euthanasie“-Geschädigte individuell und kollektiv dafür, dass ihre Gewalterfahrung als Unrecht anerkannt und im Kontext der NS-Wiedergutmachungspolitik entschädigt würde. Doch schon während der Besatzungszeit wurden die Weichen dafür gestellt, sie von der Entschädigung auszuschließen, was schließlich mit dem Bundesentschädigungsschlussgesetz festgeschrieben wurde. Dieser Ausschluss ist das Ergebnis eines zähen Aushandlungsprozesses, den die Arbeit mit Blick auf die Handlungs- und Deutungsmacht der Opfer und ihrer Verbände nachzeichnet. Sie werden in den Fokus gerückt, indem ihre Deutungen über die NS-Verbrechen, ihr konkretes Handeln für eine Entschädigung sowie die Grenzen ihres Engagements betrachtet und zum Maßstab für die Entschädigungspolitik gemacht werden.

    Die Betroffenen(verbände) begründeten Entschädigungsansprüche vornehmlich mit einer Verletzung ihrer Menschenrechte, die sie durch Opferbilder untermauerten, die mit der eugenischen Konstruktion der „Erbkranken“ brachen. Wie diese menschenrechtsgestützte Argumentation durch die Entschädigungsgegner:innen zurückgewiesen wurde und welche Schreckbilder hierfür von Medizin, Psychiatrie und Ministerialbürokratie über die Betroffenen produziert wurden, wird herausgearbeitet. Sichtbar wird dadurch eine Gesellschaftsordnung, in der Gewalt auch nach 1945 über die Zuschreibung körperlicher und geistiger Andersartigkeit legitimierbar war, weshalb sich die NS-Aufarbeitung auch als Aushandlungsprozess darüber erweist, wer in der jungen Bundesrepublik als Träger:in verletzbarer Menschenrechte gelten konnte.

    Vor diesem Hintergrund hinterfragt die vorliegende Arbeit gängige Thesen über Lernprozesse in der Entschädigungspolitik, indem sie die Betroffenen ins Zentrum der Nachgeschichte der NS-Verbrechen rückt. Zum anderen leistet sie einen Beitrag zur Historisierung von Gewalt und Opferschaft.

  • Arbeits- und Interessenschwerpunkte

    Aufarbeitung der NS-Zwangssterilisation und "Euthanasie"

    Wissensgeschichte

    Transitional Justice

    Dis/ability History

    Geschichte sexueller und reproduktiver Selbstbestimmung

  • Curriculum Vitae

    seit 02/2022 Dozentin für politische Bildung

    10/2016 - 05/2021 Wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt "Opferverbände und Anerkennungsdynamiken in Westdeutschland 1945-75"

    09/2016 Master of Arts Geschichte der internationalen Politik (Abschlussarbeit: Die (De-)Konstruktion von NS-TäterInnen in der SBZ. Die strafrechtliche Aufarbeitung der Bernburger "Euthanasie")

    09/2016 Master of Arts Politikwissenschaft (Abschlussarbeit: Vergangenheitspolitik in Russland. Transitional Justice an den Beispielen Katyn und Holodomor)

    2015-2016 Studentische Hilfskraft im SFB/TRR 138 Dynamiken der Sicherheit

    2014-2015 Studentische Hilfskraft im Forschungs- und Dokumentationszentrum für Kriegsverbrecherprozesse (ICWC)

    2008-2016 Studium der Politikwissenschaft, Philosophie und Neuesten Geschichte an der Philipps-Universität Marburg

  • Lehrveranstaltungen

    Proseminar Unrecht wiedergutmachen?! Entschädigungspolitik von 1945 bis heute (WiSe 2021/22)

    Übung Krankheit und Gesellschaft nach 1945 (WiSe 2019/20)

    Tutorium Einführung in die Politikwissenschaft (WiSe 2012/13 und WiSe 2010/11)

    Tutorium Einführung in das Politische System der Bundesrepublik Deutschland (WiSe 2011/12)

    Tutorium Formale Logik (SoSe 2010)

  • Publikationen

    Normalisierungsdruck und Anerkennungskämpfe. Die Deutsche Gehörlosenzeitung in den 1950er und 1960er Jahren, in: Werner, Anja/ Schmidt, Marion (Hrsg.): Unsichtbare Geschichte(n) sichtbar machen. Gehörlose und schwerhörige Menschen im deutschsprachigen Raum vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Frankfurt a.M., 2024, S. 393-416.
    Spät und begrenzt. Zur Anerkennung von "Euthanasie"  und Zwangssterilisation als NS-Unrecht, in: Gesundheit braucht Politik. Zeitschrift für soziale Medizin, 2023, H. 3, S. 19-25. (stark gekürzte Version von Mientus 2019)
    Wessen Körper, wessen Rechte? Konflikte um Selbstbestimmung als akutes Demokratieproblem, in: Wissenschaft und Frieden, 2023, Jg. 41, H. 3, S. 18-22.
    14. Dezember 1949. "...wir fordern unser Recht!", in: Langebach, Martin (Hrsg): Protest, Bonn, 2021.
    Normalität und verweigerte Opferschaft in Transitional Justice Prozessen. Die späte und begrenzte Anerkennung von "Euthanasie" und Zwangssterilisation als NS-Unrecht, in: Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung, 2019, Jg. 8, H. 1, S. 5-29.
    Eugenik nach 1945, in: GiD - Gen-ethischer Informationsdienst, 2018, Nr. 246, S. 10-12.
    Externe Demokratieförderung der Europäischen Union in der Ukraine und Belarus, Working-Paper No. 2 im Fachgebiet Demokratieforschung am Institut für Politikwissenschaft der Philipps-Universität Marburg, 2013, mit Bade, J./ Litke, K./ Lorenz, F./ Müller, A.
  • Vorträge (Auswahl)

    Georg Gerhard Wendt und die "Bedrohung der Erbgesundheit", Symposium Vor 50 Jahren: Erste Genetische Beratungsstelle Deutschlands in Marburg (Organisation mit Prof. E. Conze, Prof.in T. Pommerening, Prof. J. Schumacher), 09/2022.

    Unhinterfragbares Wissen? Die Rolle der Humangenetik in der Diskussion um die Entschädigung der NS-Zwangssterilisierten, Leopoldina-Symposium Geschichte, Theorie und Ethik der Humangenetik, 10/2021.

    "Vollwertige Menschen"?! NS-Zwangssterilisation und Gehörlosigkeit in der westdeutschen Nachkriegszeit, in der medizinhistorischen Kaffeerunde, 06/2021.

    Mörderische Medizin. NS-"Euthanasie"-Verbrechen, Online-Fachgespräch der Bundestagsfraktion Die Grünen, 05/2021.

    Normalitätskonzepte als Gatekeeper zum Opfer-Status. Ein Beitrag aus historiographischer Perspektive, 50. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Friedens- und Konfliktforschung (Panel: Opfer in Transitional Justice. Der Beitrag der Forschung zur (De)Konstruktion bekannter Kategorien, Organisation des Panels mit Tim Williams), 04/2018.

    Vorstellung des Diss-Projektes u.a. im Forschungskolloquium der Gedenkstätte Hadamar (10/2022), Lehrstuhlkolloquium von Prof. Dr. Dirk van Laak (Leipzig) (01/2019), im Forschungskolloquium des Arbeitskreises Historische Friedens- und Konfliktforschung (07/2018) und im Monatskolloquium des ICWC (04/2018).

  • Sonstiges


    seit 12/2021 Redaktionsmitglied bei W&F - Wissenschaft und Frieden
    seit 2018 Mitglied im Arbeitskreis Historische Friedens- und Konfliktforschung (AKHF)
    Mentorin von ProMotivation
    Mentee von ProMotivation und Mentoring Hessen (Pro.Career)


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