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Selters Wasser -  Ein hessischer Exportschlager

Robin Dürr

Foto: Robin Dürr

Objekt: Fragment einer Selterswasserflasche
Datierung: letztes Drittel des 18. Jh. 
Inventarnummer: 16307
Fundort: Magdeburg

Es gibt nur wenige Produkte, bei denen der im allgemeinen Sprachgebrauch verwendete Begriff gleichzeitig auch zum Synonym für die gesamte Produktgattung geworden ist. Die hierfür bekanntesten Beispiele sind Tempo, UHU oder Tesafilm. 

Auch das hier vorgestellte Objekt wurde aufgrund seiner Bekanntheit zum Synonym für eine ganze Produktgattung. Die Erfolgsgeschichte des Produktes sowie des mittelhessischen Dorfes Niederselters, beginnt 1581. Bereits seit 1000 soll der hier befindliche Mineralbrunnen bestanden haben, welcher mehrheitlich von der lokalen Bevölkerung genutzt wurde. Dies ändert sich jedoch, als der Wormser Arzt Jakob Theodor Tabernaemontanus die hervorragenden Heileigenschaften des Brunnenwassers in seinem
 Werk „Der Neuw Wasserschatz" hervorhebt. Fortan steigt die Nachfrage am Selterswasser rasant. Wurden Mitte des 18. Jahrhunderts noch 600 000 Krüge pro Jahr exportiert, waren es zwischen 1791-1794 bereits zwischen 1 200 000 bis 1 500 000 pro Jahr.

Die Nachfrage beschränkt sich schnell nicht mehr nur auf den Mitteldeutschen Raum. Die Abnehmer saßen sprichwörtlich „in allen Ecken“ der Welt. 1785 gingen beispielsweise 14 000 Flaschen an den russischen Hof nach Moskau oder 600 an die Großherzogin der Toscana nach Florenz. Wasser und damit Bekanntheit gelangte in alle Welt, was dazu führte, dass zum Beginn des 18. Jh. riesige Kurhäuser und Hotels entstanden und Besucherscharen zu Kuren in das kleine Dörfchen (Heute: 3173 Einwohner) strömten. Darunter waren Mitglieder der kaiserlichen Regierung zu Wien, russische Großfürsten oder berühmte Persönlichkeiten wie beispielsweise am 21. Juli 1815 Johann Wolfgang von Goethe.
Was archäologisch von dieser hessischen Erfolgsgeschichte bleibt, sind Krüge, bzw. wie in diesem Fall die Krugfragmente. Diese sind bauchig bis schlank, fassen entweder einen oder einen halben Liter, können einen Henkel besitzen oder eben nicht. Das Farbspektrum umfasst graue, hell- bis dunkelbraune oder gesprenkelte Exemplare. Auffallend und für eine zeitliche Ansprache wichtig sind die auf der Vorderseite befindlichen Stempel. In diesem Fall handelt es sich um einen Rundstempel, in dessen Zentrum sich ein lateinisches oder griechisches Kreuz befindet. Die darum angeordneten Buchstaben „ELTER“ können zu SELTERS ergänzt werden. 

Eine Besonderheit stellen die zu beiden Seiten des Kreuzes angeordneten Buchstaben C und T dar. Diese sind eine Abkürzung für CURTRIER und belegt zugleich die damaligen Besitzverhältnisse an der mittleren Lahn. Der Stempel wurde in Selters im letzten Drittel des 18. Jh. verwendet.
Ende des 19. Jh. wird Selterswasser nicht mehr in Krügen aus Ton abgefüllt sondern in den noch heute gebräuchlichen Glasflaschen. Das Interesse an den Krügen ging jedoch nie ganz verloren. So zieren vollständige Exemplare immer noch Sammlungen und werden je nach Stempel und Mineralbrunnen auf Aktionen und Flohmärkten zu Höchstpreisen verhandelt.

Literatur:

Gross 2003 – U. Gross, Zur Geschichte der ältesten Selterswasserflaschen aus Steinzeug. Archäologische Nachrichten aus Baden 67, 2003, 42-48. 

Wielandt 1980 – U. Wielandt, Mineralwasserkrüge aus Selters. Der Mineralbrunnen 10, 1980, 286-292. 

Wüstenfeld 1982 – F. Wüstenfeld, Die Niederselterser Mineralbrunnen im Wandel der Zeiten. Selterser Schriftenreihe 1, 1982, 10-66.