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Keramik der Trichterbecherkultur (TBK)

Tobias Lembke

Foto: Ann-Cathrin Scherf
Auf den ersten Blick unscheinbare Keramikstücke aus der neolithischen Einhegung Aalstrup in Dänemark.

Datierung: ca. 3100-3000 v. u. Z., Blandebjerg Phase, nordisches Mittelneolithikum A II-IV
Inventarnummer: 19958-19965
Fundort: Aalstrup, Jütland (Dänemark)
Provenienz: Schenkung Museum Moesgard 2005


Der aktuelle Fund des Monats umfasst sechs Randscherben und eine Wandscherbe der Trichterbecherkultur (ca. 3900-2800). Die TBK wurde nach ihrer charakteristischen Gefäßform zunächst als Trichterrandbecherkultur benannt. Eine erste chronologische und chorologische Gliederung wurde von Gustaf Kossinna 1921 vorgenommen, der den Kulturraum anhand des Fundmaterials in eine nördliche (Südschweden, Dänemark und Teile Norddeutschlands), westliche (Osten der Niederlande und Teile Niedersachsens), östliche (Nordpolen) und südliche (Südpolen Mittelelbe-Saale-Gebiet und Tschechien) Gruppe einteilte. Kossinna interpretierte die TBK allerdings in einem nationalen, völkischen Kontext und ordnete sie den Indogermanen zu. Dem wurde 1932 durch den polnischen Archäologen Konrad Jażdżewski widersprochen, der allerdings der grundlegenden Gliederung in unterschiedliche Gruppen zustimmte und die südliche noch in eine südöstliche Gruppe (Mittelelbe-Saale-Gebiet und Tschechien) unterteilte.
Auch wenn die Trichterbecherkultur vor allem im dänischen Raum sehr im Forschungsinteresse steht, ist die Genese dieser spätneolithischen Gruppe bislang nicht geklärt. Sie zeichnet sich insbesondere durch den Wechsel von einer Jagdgesellschaft zu Ackerbau betreibender Bevölkerung aus. Sie lässt sich für Dänemark grob in zwei Phasen unterteilen: Eine Ältere Trichterbecherkultur (Nordisches Frühneolithikum I-II (FN I-II); ca. 3900-3000 v. u. Z.) und eine Jüngere TBK (Nordisches Mittelneolithikum A (MN A I- A V); ca. 3300-2800). In der jüngeren Phase wurden zudem die für den dänischen Raum prägnanten Megalithgräber errichtet.
Die vorliegende Keramik stammt aus der Siedlung Aalstrup im Horsens Fjord in Jütland (Dänemark). Unterhalb der Lippe sind die Scherben mit einem Band aus Kreuzschraffur versehen. Daran anschließend befinden sich unterschiedliche senkrechte Bänder: mit Linien begrenzte und durchsetzte Schrägstriche oder Wellen. An einer Scherbe befinden sich noch horizontale v-förmige Striche. Anhand des Verzierungsstils werden die Keramikscherben in die Blandebjerg Phase (MN A II-IV, ca. 3100-3000 v. u. Z.) eingeordnet. Der Name dieser Phase wurde dem eponymen Fundort Blandbjerg (Langeland) entlehnt, in dem dieser Verzierungsstil das erste Mal registriert wurde.
Die vorliegenden Keramikscherben gingen 2005 als Schenkung des Museums Moesgard in den Besitz der Lehrsammlung über. Bedeutung bekommen die Keramikfragmente durch den Kontext ihres Fundortes, denn neuere Grabungskampagnen haben gezeigt, dass sich die Anlage als Einhegung bezeichnen lässt. Einhegungen treten zu allen Zeitstufen der TBK innerhalb Dänemarks auf, die sich bislang nicht eindeutig einer bestimmten Funktion zuordnen lassen. Die bislang am besten erforschten Anlagen Sarup I und Sarup II (Fünen) ergaben ein mehrperiodisch genutztes System aus Gruben in Kombination mit einer Palisade. Die Anlagen unterscheiden sich stark voneinander und werden teilweise auch als Erdwerk, in Dänemark auch als Sarupanlægen bezeichnet. Eine der möglichen Erklärungen ist, dass es sich dabei um eine in einen mehrstufigen Bestattungsritus eingebettete Anlagen handelt, bei der die Bestattungen zunächst in den Gruben der Einhegungen stattfand und anschließend eine sekundäre Bestattung in den Megalithgräbern vorgenommen wurde. Gestützt wird diese Interpretation durch das wiederholte Öffnen und Schließen der Gruben, in denen sich als Votivgaben angesprochene Funde (u. A. Vorratsgefäße mit verbranntem Getreide) und menschliche Überreste befanden.

Literatur:

N. H. Andersen, Sarup. Befaestede kultpladser fra bondenstenalderen (Aarhus 1989).

St. Klatt, Die neolithischen Einhegungen im westlichen Ostseeraum. Forschungsstand und Forschungsperspektive. In: Th. Terberger (Hrsg.), Neue Forschungen zum Neolithikum im Ostseeraum (Rahden 2009), 7-134.

T. Madsen, Aalstrup – en bopladsogsystemgravsanlævedHorsens Fjord. In:A. Schülke (Hrsg.), Plads o rum i tragtbeægerkulturen (Kopenhagen 2009), 105-138.

M. S. Midgley, TRB culture. The first farmers of the North European Plain, (Edinburgh 1992).

P. O. Nielsen, Causewayd camps, palisade encolsures and central settlements of the Middle Neolithic in Denmark. Journal of Nordic Archaeological Science 14, 2004, 19–33.