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"Die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen im Kalten Krieg"
Deutschland ist gegenwärtig für die Türkei noch vor den USA und Italien der wichtigste Handelspartner, und auch die Türkei ist für die deutsche Wirtschaft und für deutsche Unternehmen – schon seit dem 19. Jh. - ein wichtiger Partner. Man kann in diesem Zusammenhang durchaus von einem „Vorzugs- und Sonderpartner“ Türkei sprechen. Die Frage der Aufnahme der Türkei in die Europäische Union wird seit dem 1963 unterzeichneten Assoziierungsabkommen mit der EWG kontrovers diskutiert. Dies betrifft vor allem die aktuelle Frage eines EU-Beitritts der Türkei. Darüber wird seit einigen Jahren – insbesondere von politik- und wirtschaftswissenschaftlicher Seite - viel publiziert. Anders als im Falle der Wirtschaftsbeziehungen zu den westeuropäischen Staaten und der USA, anders auch als die Frage des türkischen EU-Beitritts oder auch der Migration seit den 1960er Jahren ist, die Frage der deutsch-türkischen Wirtschafts- und Unternehmensbeziehungen aus wirtschafts- und unternehmenshistorischer Perspektive bislang nicht erforscht worden und soll insofern eine Forschungslücke auf dem Gebiet der Geschichte der internationalen Wirtschaftsbeziehungen schließen.
Die zentralen Fragen eines solchen Projektes sind diejenigen nach den Besonderheiten sowie nach dem Strukturwandel der deutsch-türkischen Wirtschafts- und Unternehmensbeziehungen, die in der Nachkriegszeit zunächst durch deutsche Wirtschafts- und Finanzhilfen im Rahmen der OEEC geprägt waren und als eine Art Entwicklungshilfe fungierten. Im Zuge des Kalten Krieges und vor dem Hintergrund eines starken amerikanischen Einflusses spielten dabei auch militärische Gesichtspunkte eine große Rolle. Es wird zu fragen sein, ob und wie sich diese Entwicklungen in den 1950er 1970er Jahren veränderten, welche Akteure daran maßgeblich beteiligt waren und welche Interessen dabei im Vordergrund standen. Dies betrifft neben der Rolle des Staates sowie supranationaler Organisationen (OECD, EWG), von Verbänden (Unternehmerverbände, IHKs) auch einzelne Unternehmen wie etwa Bayer, die Gutehoffnungshütte, Daimler-Benz und Siemens.
Der Untersuchungszeitraum endet um 1980, bedingt einerseits durch die 30jährige Sperrfrist der Archive, die dementsprechend aktuell nur einen Zugang bis zum Stichjahr 1979 erlauben. Zudem ist das Ende der 70er Jahre/Anfang der 80er Jahre gekennzeichnet durch die zweite „Ölkrise“, den Umbruch im Iran sowie den Militärputsch in der Türkei, die als eine Art „Zäsur“ betrachtet werden können.