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132. Jahresversammlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung in Marburg
Wissenschaftliche Tagung vom 10.06. bis zum 13.06.2019 in Marburg
Vom 10. bis 13. Juni 2019 fand die 132. Jahresversammlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung in Marburg statt. Seit 1875 treffen sich jährlich zu Pfingsten Wissenschaftler aus dem In- und Ausland, die sich mit niederdeutscher Sprache und Literatur der älteren und neueren Zeit auseinandersetzen. Die Zusammenkunft findet traditionell an wechselnden norddeutschen und nordeuropäischen Tagungsorten statt. Im Jahr 2019 fand sie erstmals in Marburg, also außerhalb des norddeutschen Sprachraums statt, da am dortigen Deutschen Sprachatlas seit dem 19. Jahrhundert auch zum Niederdeutschen geforscht wird.
Am 12. Juni 2019 hielt Prof. Dr. Alfred Lameli (Freiburg im Breisgau) den öffentlichen Vortrag „‚das eigentlich vērtfolste für das algemeine ist an aller vissenschaft di metode‘ – Georg Wenker und die Begründung seiner Sprachatlasarbeit“. Alfred Lameli war 2019 Professor für Germanistische Linguistik mit dem Schwerpunkt Variation und Wandel an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und ist ausgewiesener Experte für die Regionalsprachenforschung und deren Wissenschaftsgeschichte. Seit 2020 ist Alfred Lameli Direktor des Forschungszentrums Deutscher Sprachatlas.
Die Konferenz bot darüber hinaus ein umfängliches Vortragsprogramm zu unterschiedlichen Arbeitsfeldern der niederdeutschen Philologie. Im Mittelpunkt der 16 Vorträge stand die Dialektologie. Die Vielfalt der niederdeutschen Mundarten in Geschichte und Gegenwart wurde in den Blick genommen. Dabei wurde auch der Gebrauch des Niederdeutschen außerhalb des deutschsprachigen Raums betrachtet, etwa in Papua-Neuguinea und Australien („Unserdeutsch“), Namibia („Namdeutsch“) und Brasilien („Pomerano“). Eine Projektgruppe aus Nordrhein-Westfalen stellte den „Dialektatlas Mittleres Westdeutschland“ vor. Zudem stand Niederdeutsch in Hessen und in Ostfalen ebenso im Fokus wie Methoden zur Klassifikation niederdeutscher Dialekte und zur Vermessung von Sprachwandel.
Außerhalb des Themenschwerpunkts gab es auch Vorträge zur niederdeutschen Literatur und zur Sprachgeschichte. Prof. Dr. Heike Sahm (Göttingen) setzte sich mit der „Altsächsischen Genesis“ auseinander, und Prof. Dr. Luc de Grauwe (Gent) befasste sich mit den Bedeutungen des mittelniederdeutschen Wortes murmeley. Dr. Hargen Thomsen (Wesselburen) trug zu Klaus Groths einflussreicher Lyriksammlung „Quickborn“ von 1852 vor. Fragestellungen der modernen Regionalsprachenforschung wurden ebenso aufgerufen wie historische Entwicklungen in der niederdeutschen Grammatik.
Zu der Tagung, die im Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas in Marburg ausgerichtet wurde, erwarteten die Veranstalter*innen über 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehreren europäischen Ländern. Am Dienstagnachmittag erkundeten die Tagungsteilnehmer*innen auf verschiedenen Führungen Marburg und den Sprachatlas, und am Dienstagabend lud der Oberbürgermeister der Universitätsstadt Marburg die Tagungsgäste zu einem Empfang im Rathaus ein.
Der 1874 gegründete Verein für niederdeutsche Sprachforschung (VndS) ist eine wissenschaftliche Gesellschaft mit seinerzeit ca. 400 Mitgliedern. Er verfolgt das Ziel, niederdeutsche Sprache und Literatur in ihrer gesamten sprachkulturellen Erscheinungsvielfalt in Geschichte und Gegenwart zu erforschen. Dadurch leistet der Verein einen Beitrag zum Verständnis der kulturellen Vielfalt in Europa sowie zu ihrer Vermittlung in der Gegenwart.
Veranstaltungsort: Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas, Vortragsraum
Veranstalter: Verein für niederdeutsche Sprachforschung (Vorstand: Prof. Dr. Michael Elmentaler, Kiel) und Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas
PROGRAMM
MONTAG, 10.06.2019
19.00 Uhr |
Abendessen und geselliges Beisammensein |
DIENSTAG, 11.06.2019
9.00–9.30 Uhr |
Eröffnung der Tagung Begrüßung durch den Vorsitzenden des Vereins, Prof. Dr. Michael Elmentaler Grußwort des Dekans des Fachbereichs „Germanistik und Kunstwissenschaften“ der Universität Marburg, Prof. Dr. Malte Hagener Grußwort des Direktors des Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas, Prof. Dr. Jürgen Erich Schmidt |
9.30–10.15 Uhr | Jürg Fleischer (Marburg): Niederdeutsch in Hessen: Das Zeugnis syntaktischer Strukturen |
10.15–10.45 Uhr | Kaffeepause |
10.45–11.30 Uhr | Heike Sahm (Göttingen): Konfliktbewältigung in der „Altsächsischen Genesis“ |
11.30–12.15 Uhr | Hargen Thomsen (Wesselburen): Dichtung aus gespaltenem Bewusstsein. Einige Gedanken zu Klaus Groths „Quickborn“ |
12.30–13.15 Uhr | Mitgliederversammlung |
15.30–ca. 17.30 Uhr |
Stadtrundgänge/Führungen |
19.30 Uhr | Historischer Rathaussaal, Markt 1 Empfang durch den Oberbürgermeister der Stadt Marburg, Dr. Thomas Spies |
MITTWOCH, 12.06.2019
Vorträge im Schwerpunkt „Niederdeutsche Dialektologie“
9.00–9.35 Uhr | Magnus Breder Birkenes (Marburg): Zur Klassifikation der niederdeutschen Dialekte anhand von Buchstaben-n-Grammen |
9.35–10.10 Uhr | Steffen Höder (Kiel): Tonalität im Nordniederdeutschen und Südjütischen |
10.10–10.40 Uhr | Kaffeepause |
10.40–11.15 Uhr | Göz Kaufmann (Freiburg): Syntaktische Rara im Pommerschen Brasiliens |
11.15–11.50 Uhr | Péter Maitz & Siegwalt Lindenfelser (Bern): Westfälisches in der Südsee: Nordwestdeutsches Superstrat in Unserdeutsch |
11.50–12.25 Uhr | Christian Zimmer (Berlin): Wie viel Niederdeutsch steckt im Namdeutschen? |
12.25–14.25 Uhr | Mittagspause |
14.25–15.00 Uhr | Kai-Uwe Carstensen (Siegen), Helmut Spiekermann (Münster), Doris Tophinke (Paderborn), Petra Vogel (Siegen) & Claudia Wich-Reif (Bonn): Zur Methodik des „Dialektatlas Mittleres Westdeutschland“ (DMW) |
15.00–15.35 Uhr | Yvonne Hettler & Ingrid Schröder (Hamburg): Kontakt, Variation, Dialekttiefe: Sprachliche Repertoires von Niederdeutsch-Sprecherinnen |
15.35–16.05 Uhr | Kaffeepause |
16.05–16.40 Uhr | Lars Vorberger (Marburg): Niederdeutsch in Hessen – phonetisch-phonologische Auswertungen niederdeutsch intendierter Wenkersätze aus Hessen |
16.40–17.15 Uhr | Magnus Breder Birkenes & Jeffrey Pheiff (Marburg): Eine quantitative Auswertung der Sprachdaten des „Kleinen Niederländischen Sprachatlas“ (KNSA) |
19.00 Uhr | Öffentlicher Abendvortrag Alfred Lameli (Freiburg i. Br.): „das eigentlich vertfolste für das algemeine ist an aller vissenschaft di metode“ – Georg Wenker und die Begründung seiner Sprachatlasarbeit |
DONNERSTAG, 13.06.2019
9.00–9.45 Uhr | Sarah Ihden (Hamburg): Zur diachronen Entwicklung des mittelniederdeutschen Relativsatzes |
9.45–10.30 Uhr | Luc de Grauwe (Gent/Belgien): Mnd. murlemey ‚Getöse, Lärm; Aufruhr‘. Ein ‚hansisches‘ Lehnwort aus dem städtischen Flämisch |
10.30–11.00 Uhr | Kaffeepause |
11.00–11.45 Uhr | Stefan Sassenberg (München): Ostfälische Grammatik |
11.45–12.30 Uhr | Manuela Lanwermeyer (Wien): Das regionalsprachliche Spektrum von Oldenburg in Produktion und Perzeption |
12.45 Uhr | Ende der Tagung |