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Morphosyntaktische Auswertung von Wenkersätzen
Zwischen 1 879 und 1888 verschickte Georg Wenker Bogen mit den später nach ihm benannten 40 Sätzen an die Dorfschullehrer des gesamten damaligen Deutschen Reichs mit der Bitte, sie in die jeweilige ortsübliche Mundart zu übertragen. Von 1889 bis 1923 wurden in Marburg über 500 Sprachkarten gezeichnet, die auf 46.011 Fragebogen beruhen. Während Jahrzehnten konnten die äußerst detailreichen und vielfarbigen Karten nicht publiziert werden konnten. In der Zwischenzeit sind jedoch sowohl die originalen Fragebogen als auch die Karten elektronisch über die REDE-Plattform zugänglich.
Bereits 1888 wurden Fragebogenerhebungen der 40 Wenkersätze auch in Luxemburg durchgeführt, weitere Erhebungen folgten in den 1920er und 1930er Jahren, unter anderem in Teilen der Tschechoslowakei, in Österreich und Liechtenstein, in der deutschsprachigen Schweiz, in Südtirol in bestimmten deutschen Außensprachinseln sowie in den Niederlanden und in den niederländischsprachigen Teilen Belgiens. Insgesamt wird fast das gesamte kontinentalwestgermanische Gebiet durch diese Erhebungen erfasst, dazu kommen noch weitere darin eingeschlossene oder daran angrenzende Sprachen, unter anderem die südlichsten dänischen Dialekte, Französisch, Sorbisch, Kaschubisch, Polnisch oder Litauisch.
Wenker und seine Marburger Mitarbeiter und Nachfolger konzentrierten sich bei ihren Auswertungen auf lautliche und morphologische Phänomene. Syntaktische Auswertungen waren nicht intendiert, die 40 Wenkersätze wurden auch nicht im Hinblick auf syntaktische Phänomene zusammengestellt. Bis heute sind die Wenkersätze in syntaktischer Hinsicht kaum ausgewertet, wie sich insgesamt die deutschsprachige Dialektologie gegenüber syntaktischen Fragestellungen lange spröde verhalten hat.
Im Rahmen des Projekts “Morphosyntaktische Auswertung von Wenkersätzen”, das aus Lehrstuhlmitteln, aus Mitteln der Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) – Strukturentwicklungsfonds (11.2009–12.2011) und durch ein Opus-magnum-Stipendium der VolkswagenStiftung (04.2014–09.2015) finanziert wurde, werden morphosyntaktische Auswertungen der Wenkersätze für das gesamte Erhebungsgebiet anhand eines Samples von ca. 2.500 Orten erstellt. Diese berücksichtigen auch die in den Materialien enthaltenen nicht-germanischen Daten.
Publikation des Projekts:
Fleischer, Jürg (2011): … und habe es ihr gesagt: zur dialektalen Abfolge pronominaler Objekte (eine Auswertung von Wenkersatz 9). In: Elvira Glaser/Jürgen Erich Schmidt/Natascha Frey (Hgg.): Dynamik des Dialekts – Wandel und Variation. Akten des 3. Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen (IGDD) (Zeitschrift für Dialektologie und Linguis¬tik Beihefte 144): 77–100. Stuttgart: Steiner.
Fleischer, Jürg (2012): Pronominalsyntax im nordwestlichen Niederdeutsch: eine Auswertung des Wenker-Materials (mit Einbezug der friesischen und dänischen Formulare). In: Niederdeutsches Jahrbuch 135: 59–80.
Fleischer, Jürg (2014): Das flektierte prädikative Adjektiv und Partizip in den Wenker-Materialien. In: Dominique Huck (Hg.): Alemannische Dialektologie: Dialekte im Kontakt. Beiträge zur 17. Arbeitstagung für alemannische Dialektologie (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik Beihefte 155): 147-168. Stuttgart: Steiner.
Fleischer, Jürg (2015): Pro-Drop und Pronominalenklise in den Dialekten des Deutschen: eine Auswertung von Wenkersatz 12. In: Elementaler, Michael/Markus Hundt/Jürgen Erich Schmidt (Hgg.): Deutsche Dialekte: Konzepte, Probleme, Handlungsfelder. Akten des 4. Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen (IGDD) (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik Beihefte 158): 191–209, 504–505 [Karten]. Stuttgart: Steiner.
Fleischer, Jürg (2017): Geschichte, Anlage und Durchführung der Fragebogen-Erhebungen von Georg Wenkers 40 Sätzen: Dokumentation, Entdeckungen und Neubewertungen. (Deutsche Dialektgeographie 123.) Hildesheim/Zürich/New York: Olms. 201 S.
Fleischer, Jürg (2017): Syntax und Arealität: Methoden und Resultate eines syntaktischen Wenker-Atlas. In: Helen Christen / Peter Gilles / Christoph Purschke (Hgg.): Räume, Grenzen, Übergänge: Akten des 5. Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen (IGDD) (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik Beihefte 171): 137–164, 389–391 [Karten]. Stuttgart: Steiner.
Schallert, Oliver (2013): Syntaktische Auswertung von Wenkersätzen: eine Fallstudie anhand von Verbstellungsphänomenen in den bairischen (und alemannischen) Dialekten Österreichs. In: Rüdiger Harnisch (Hg.): Strömungen in der Entwicklung der Dialekte und ihrer Erforschung: Beiträge zur 11. Bayerisch-Österreichischen Dialektologentagung in Passau September 2010 (Regensburger Dialektforum; 19): 208–233, 513–515 [Karten]. Regensburg: Vulpes.