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Land der Grafik. Konjunktur eines Mediums in der DDR
6. Tagung des Arbeitskreises Kunst in der DDR
Konzept: Prof. Dr. Sigrid Hofer (Philipps-Universität Marburg), Dr. Paul Kaiser (Dresdner Institut für Kulturstudien), Dr. Kornelia Röder (Staatliches Museum Schwerin), Dr. Christian Suhm (Stiftung Alfred Krupp Kolleg Greifswald)
Alfred Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald, 14.–16. Januar 2016
Die DDR war ein „Land der Grafik“. Diese pointierte Diagnose ist unter Fachleuten seit langem Konsens. Begründet wird sie vor allem mit der Sonderstellung der Grafik im sozialistischen Kunstbetrieb. Für ihre „exemplarische Höhe“ (Friedrich Dieckmann) lassen sich neben der Vielzahl an herausragenden Grafikerinnen und Grafikern in der DDR ebenso Eigenheiten des Kunstsystems anführen.
Die systemischen Grundlagen für die Etablierung und erwiesene Exzellenz der grafischen Künste in der DDR reichen vom relativen Desinteresse der SED-Kulturpolitik an dieser Kunstform über die sich in den Kupferstichkabinetten der Museen öffnenden Freiheitsgrade und die staatlich geförderte Existenz von „vorzüglich eingerichteten und wohldotierten Werkstätten“ (Wolfgang Hütt) bis zum generell hohen Stellenwert einer auf die Kunst der Zeichnung und das Erlernen grafischer Techniken abstellenden „Grundlagenausbildung“ an den künstlerischen Fach- und Hochschulen.
Diese Sonderrolle spiegelt sich auch in der Bedeutung der Grafik bei der Durchsetzung einer kulturell-künstlerischen Alternative in der DDR. Hier spielte die Grafik eine wesentliche Rolle in den Etablierungsprozessen einer künstlerischen Sub- und Gegenkultur (Mail art, originalgrafische Zeitschriften, Pressen, Text-Grafik-Editionen, Siebdruck als Alternativmedium). In diesem Zusammenhang wurde die Grafik neben einem „Refugium der Künste“ vor allem in den 1970er und 1980er Jahren auch zu einem „Medium der Freiheit“.
Im Gegensatz zu einer forcierten Thematisierung von Tafelbild, Wandbild und Monumentalplastik – die als Kerngattungen des „Sozialistischen Realismus“ den bildkünstlerischen Diskurs in der DDR und auch nach 1989 weitgehend die Auseinandersetzungen im „deutsch-deutschen Bilderstreit“ bestimmten – fehlt bislang eine rekonstruierende, den spannungsvollen Zusammenhang zwischen Akteuren, Institutionen und Kunstmodellen einbeziehende Gesamtsicht auf das facettenreiche Phänomen der „Grafik in der DDR“.
Die paradox erscheinende Fehlstelle einer Wertschätzung des Themas ist Ausgangspunkt der Greifswalder Tagung „Land der Grafik. Konjunktur eines Mediums in der DDR“, die sich erstmals umfassend dieser Kunstform aus interdisziplinärer Perspektive von Kunstgeschichte, Kulturwissenschaft, Zeitgeschichte und Kunstsoziologie widmet.
Die Tagung steht im Zusammenhang mit dem vom Staatlichen Museum Schwerin und dem Dresdner Institut für Kulturstudien initiierten überregionalen Ausstellungs- und Forschungsprojekt „Land der Grafik“ und ist zugleich die 6. Tagung des Arbeitskreises „Kunst in der DDR“. Ihr Ziel ist ein formativer Beitrag zur Rekonstruktion des bislang weitgehend unbeachtet gebliebenen Kommunikationssystems „Grafik in der DDR“. Dabei setzt die Tagung Schwerpunkte im Hinblick auf die Darstellung kontextueller Rahmenbedingungen (Kulturpolitik, Hochschule, Kunstvermittlung, Transfer) und ebenso durch die Einbeziehung regionaler Künstlerschulen und herausragender Akteursrollen von Grafikern, Sammlern, Museumsleuten, Kunstmittlern und Druckern.
Der aus der Tagung resultierende und im Sommer 2016 erscheinende Tagungsband soll als Referenzwerk für die weitere Beschäftigung mit der ostdeutschen Kunst dienen und den bisherigen Forschungsstand zur Kunst in der DDR auch im Hinblick der immer noch offenen Bewertung dieser Kunst komplettieren. Zugleich steht das Buch als begleitende Publikation den weiteren Ausstellungen im Verbundprojekt „Land der Grafik“ zur Verfügung und setzt als Band 3 die Schriftenreihe des Arbeitskreises „Kunst in der DDR“ fort.
Paul Kaiser und Sigrid Hofer
Institutionelle Träger/ Organisatoren:
Dresdner Institut für Kulturstudien, Alfred Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald, Staatliches Museum Schwerin
Wissenschaftliche Kooperationspartner:
Institut für Kunstgeschichte der Universität Marburg (Arbeitskreis "Kunst in der DDR") und SMWK-Verbundsprojekt "Westkunst/Ostkunst. Kunstsystem und 'Geltungskünste' im geteilten und wiedervereinigten Deutschland zwischen 1945 und 2000" (Institut für Soziologie an der Technischen Universität Dresden und Institut für Kunstgeschichte an der Universität Leipzig)
Kontakt: hofer@fotomarburg.de und Paul.Kaiser@tu-dresden.de
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem Tagungsprogramm sowie dem Artikel Selbstbehauptung in der Nische von Klaus Hammer, erschienen im Neuen Deutschland am 21.01.2016.