09.11.2017 Gastvortrag von Niels-Oliver Walkowski: Perspektiven der Filmwissenschaften innerhalb der Digital Humanities

Digitale Methoden oder technische Hilfsmittel? Perspektiven der Filmwissenschaften innerhalb der Digital Humanities

Schon lange bevor Computer die Form und Bedeutung angenommen haben, die wir ihnen heute im Allgemeinen zuschreiben, folgten WissenschaftlerInnen aus natur- wie geisteswissenschaftlichen Disziplinen der Überzeugung, dass die Rolle, die der Computer und digitale Technologien insgesamt für wissenschaftliches Arbeiten spielen können, deutlich über die einer besseren Schreibmaschine hinausgeht. Roberto Busa, ein jesuitischer Geistlicher, erzeugte bereits 1949 in Kooperation mit IBM einen Wort-Index für die Werke Thomas von Aquins und begann damit mit etwas, das man heute Computerphilologie oder Text-Mining nennen würde. Die Gründung der Association for Computers and the Humanities fand ebenfalls bereits recht früh, nämlich im Jahr 1978 statt. Auch wenn eine genaue Bestimmung der wohl besser im Plural zu nennenden Rollen von Computertechnologien nach wie vor schwerfällt, mangelt es nicht an Initiativen und Versuchen, eine solche vorzunehmen bzw. die Anwendungsszenarien von Computertechnologien in der geisteswissenschaftlichen Forschung auf systematische Art und Weise zu erweitern. Die wohl bekanntesten Aktivitäten dieser Art firmieren seit nunmehr rund zehn Jahren unter dem Begriff Digital Humanities. Diese haben sich inzwischen soweit institutionalisiert, dass an die Stelle eines methodischen Experimentierens einzelner GeisteswissenschaftlerInnen eine eigenständige Disziplin mit Studiengängen und Professuren getreten ist. Eine solche Eigenständigkeit deckt sich mit einer häufig anzutreffenden Redeweise über spezifisch digitale Methoden.
Der Vortrag wird einen kurzen Überblick über die Digital Humanities im Allgemeinen geben und anhand der Auseinandersetzung mit den Curricula verschiedener Studiengänge Kernthemen einer Diskussion über eine digitale Methodik in den Geisteswissenschaften aufzeigen. Der Fokus wird dabei auf filmwissenschaftlichen Beispielprojekten liegen, die diese Kernthemen veranschaulichen und mögliche Perspektiven einer computergestützten filmwissenschaftlichen Forschung deutlich machen. Dabei werden sowohl Potenziale als auch Schwierigkeiten der dargestellten Herangehensweisen benannt. Zum Abschluss wird eine kritische Rückschau die Frage aufgreifen, ob und inwiefern die Vorstellung einer dezidiert digitalen Methodik sinnvoll und produktiv ist.

Vita

Niels-Oliver Walkowski arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in der Initiative TELOTA – The Electronic Life of the Academy. In dieser Funktion war er involviert in die Entwicklung mehrerer digitaler Editionen wie die des 'Magazins zur Erfahrungsseelenkunde' von Karl Philipp Moritz sowie an der Erstellung einer digitalen Infrastruktur für die prosopographische Forschung. Zur Zeit ist er im EU-Projekt DARIAH angestellt, das sich dem Aufbau einer europäischen digitalen Infrastruktur für die Geisteswissenschaften widmet. Er ist Mitinitiator und Koordinator einer DARIAH Arbeitsgruppe zur Annotation von audio-visuellen Medien und der Arbeitsgruppe Film und Video des Verbandes der Digital Humanities im deutschsprachigen Raum (DHd). Er studierte Philosophie und Altamerikanistik an der FU Berlin und promoviert zur Zeit an der KU Leuven über Konzepte des digitalen, wissenschaftlichen Publizierens.

Zeit & Ort des Gastvortrags

Montag, 04.12.2017, 14-16 Uhr, Wilhelm-Röpke-Str. 6a, Raum 01A03

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