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Kolportage – Pulp – Moderne
Workshop, 15.-17. März 2023
Philipps-Universität Marburg
Der Workshop nimmt Kolportage als medienliterarisches Dispositiv der Moderne in den Blick. Er fragt nach den erzählerischen Verfahren, materialen Formaten und Rezeptionsroutinen von Kolportage vom 19. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre und beleuchtet die Verflechtungen von Kolportage und literarischer Hochkultur. Denn wenn in den 1920er Jahren Vicki Baum einen „Kolportageroman mit Hintergründen“ vorlegt, Joseph Roth für die Zeitschrift „Kokain. Eine moderne Revue“ einen „Kolporteur“ porträtiert oder Irmgard Keuns kunstseidene Erzählerin sich mit der Energie zeitgenössischer Populärkultur auflädt („In mir ist Kraft von Revolvern. Ich bin ein Detektivroman“), so lässt sich vermuten, dass zwischen dem great unread der Kolportageliteratur und unserem heutigen Kanon der literarischen Moderne engere Beziehungen bestehen als es schematische Trennungen von high und low, Kunst und Unterhaltung nahelegen.
In gemeinsamen Materiallektüren diskutieren die Sessions des Workshops die zwischen Poesie und Nachricht changierenden Kolportageheftchen der 1850er Jahre, die narrativen Ökonomien des Lieferungsromans um 1900, die mit Kolportageproduktion verknüpften Schreibtechniken und -fantasien, die Beziehungen der deutschsprachigen Kolportage zum britischen und US-amerikanischen pulp modernism, kolportagereflexive Texte von Georg Kaiser, Joseph Roth, Vicki Baum, Thomas Mann und Irmgard Keun aus der Zeit der Weimarer Republik sowie die politischen Implikationen von Kolportage nach 1933 bei Ernst Bloch und Lok Myler.
Ein umfangreicher Reader wird im Vorfeld zur Verfügung gestellt.
Programm
Mittwoch, 15.3.
17.30-18.15 David Brehm (Marburg) / Katharina Scheerer (Münster)
Begrüßung und Einführung:
Kolportage und Moderne. Verfahren, Formate, Stilgemeinschaften
18.30-19.45 Katharina Grabbe (Münster)
Kolportageliteratur: Formen mobiler populärer Literatur des 19. Jahrhunderts
20.00 Abendessen
Donnerstag, 16.3.
9.30-10.45 Philip Ajouri (Mainz)
Kaufen, lesen, warten, kaufen, lesen, warten etc. – Der Lieferungsroman zwischen Materialität und narratologischer Innovation
11.00-12.15 Petra McGillen (Dartmouth)
Das „Repertorium C. May“ als Verfahren und Phantasma der Vielschreiberei
Mittagessen
13.15-14.30 Felipe Espinoza Garrido (Münster)
„Varying the templates“? Abenteurer in britischen und transatlantischen Pulp-Magazinen um 1920
14.45-16.00 David Brehm (Marburg)
In Anführungszeichen: Georg Kaisers reflexive „Kolportage“
16.15-17.30 Lotta Ruppenthal (Marburg)
Zwischen „Tumult der lebendigen Straße“ und „Narkotikum“ ‒ Joseph Roths „Der Kolporteur“ in der Frankfurter Zeitung (1924) und in der Zeitschrift Kokain. Eine moderne Revue (1925)
19.00 Abendessen
Freitag, 17.3.
9.30-10.45 Volker Mergenthaler (Marburg)
„radiating wings“ ‒ „Menschen im Hotel“ und in der Berliner Jllustrirten Zeitung
11.00-12.15 Irmtraud Hnilica (Hagen)
Wie politisch ist Kolportage? Annäherungen mit Bloch („Das Prinzip Hoffnung“) und Keun („Das kunstseidene Mädchen“)
Mittagessen
13.15-14.30 Alexander Wagner (Wuppertal)
Konstellationen von ‚Geschichte‘, ‚Raum‘ und ‚Medien‘ in „Sun Koh“ von Lok Myler
14.45-15.30 Abschlussdiskussion
Organisation: David Brehm, Katharina Scheerer
Kontakt: david.brehm[at]uni-marburg.de, katharina.scheerer[at]uni-muenster.de
Mit freundlicher Unterstützung durch das Institut für Neuere deutsche Literatur sowie durch den Ursula Kuhlmann-Fonds.