Hauptinhalt
Prof. Dr. York-Gothart Mix
DFG/ANR-Projekt
Die Transkulturalität nationaler Räume. Prozesse, Vermittler- und Übersetzerfiguren sowie soziokulturelle Wirkungen des literarischen Kulturtransfers in Europa (1750-1900) - La transculturalité des espaces nationaux. Processus de traduction, figures de médiation et effets socioculturels des transferts littéraires en Europe (1750-1900)
Das von zwei Forschungsgruppen in Frankreich (ENS Paris, Leitung Prof. Dr. Christophe Charle) und Deutschland (Universität des Saarlandes, Leitung Prof. Dr. Hans-Jürgen Lüsebrink/Philipps-Universität Marburg, Leitung Prof. Dr. York-Gothart Mix) realisierte Projekt verfolgt drei sich ergänzende Ziele:
1. Einen systematischer Vergleich des Kulturaustausches zwischen frankophonem und deutschsprachigem Raum und anderen europäischen Sprachräumen anhand einer quantitativen und qualitativen Untersuchung der Übersetzungen oder des Transfers ausländischer Texte in Originalsprache, die der Belletristik, dem Theater und der Literaturkritik entstammen, zu erarbeiten.
2. Es geht darum, zugleich das Ausmaß der Austauschprozesse, ihre Variationsbreite in der zeitlichen, sozialen und europäischen Perspektive sowie die Akteure des Transfers (Übersetzer, Herausgeber, Buchmilieu, Theatermilieu, Zeitschriftensektor, Kritiker, Institutionen der Vermittlung und Materialisierung in Form von Bänden oder Periodika) zu rekonstruieren.
3. Um bei diesen Themen die Lücken in der derzeitigen Bibliographie zu schließen, haben beide Forschungsgruppen beschlossen, in ihrer Arbeit die quantitative Analyse (Bibliographien, Kataloge, Repertorien, Zeitschriftenindices) mit der qualitativen Analyse (Studien zu charakteristischen Gattungen, repräsentativen Buch- oder Autorentypen, und Berufsgruppen, die mit dem Transfer und der Übersetzung in Verbindung stehen) zu vernetzen, um eine soziale, kulturelle, politische und symbolische Interpretation der Zirkulationsformen, Variationen, Charakteristika basierend auf einer Kultursoziologie der Akteure zu ermöglichen.
Die ersten zwei Teile dieser Studie widmen sich der Evaluierung des Übersetzungsphänomens und dem Ausmaß des Interesses und der Rezeptionsbereitschaft für ausländische Werke (Mitte 18. bis Anfang 20. Jahrhundert). Sie stützen sich auf ein aus Bibliographien, literarischen Periodika und Enzyklopädien bestehendes Korpus. Diese Herangehensweise wird durch Fallstudien und qualitative Untersuchungen über die unterschiedlichen Protagonisten von Importen ausländischer Werke, bzw. zu den Übersetzern, Journalisten, Kritikern, Verlegern, Buchhändlern und anderen Vermittlern, deren biographische und institutionelle Informationen dann vorliegen, ergänzt.
Zur Erforschung der Theaterwelt bilden die Theaterprogramme aus ausgewählten Städten die Grundlage für die Eruierung der Importprozesse ausländischer Werke in einem bestimmten sozialen und nationalen Raum.
Die Analyse von Bestandskatalogen repräsentativer Privatbibliotheken, die dem Adel und dem Bürgertum (1760-1910) gehörten, lässt präzise Rückschlüsse auf den Besitz, die Rezeption und den Transfer übersetzter Texte zu.
Zielsetzung dieser parallel durchgeführten Untersuchungen ist es:
1. eine Kartographie der Ströme und Transferprozesse kultureller Güter sowie eine Soziographie kultureller Vermittler anzufertigen.
2. der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft eine Datenbank zur Verfügung zu stellen und gemeinsame Veröffentlichungen anzubieten, die es erlauben, die Ergebnisse zu exemplifizieren und Vergleiche für eine allgemeine Modellierung von Übersetzungs- und Rezeptionsprozessen ausländischer literarischer Texte anzustellen.
DFG-Projekt
Französische Almanachkultur im deutschen Sprachraum (1700-1815)
Bei dem Forschungsvorhaben Französische Almanachkultur im deutschen Sprachraum (1700-1815) handelt es sich um ein DFG-gefördertes Partnerprojekt der Philipps-Universität Marburg mit der Universität des Saarlandes. Es wird beabsichtigt, das bisher unerschlossene und fast in toto unbekannte Textkorpus aller bis zum Ende der Napoleonischen Ära im deutschen Sprach- und Kulturraum verlegten französischsprachigen Almanache bibliographisch zu erschließen und erstmals unter literatur-, kultur- und medienwissenschaftlichen Gesichtspunkten zu analysieren.
Durch erste Recherchen wurden ca. 100 unterschiedliche, zum Teil außerordentlich erfolgreiche Reihen nachgewiesen. Es wurde deutlich, dass es sich bei den in erster Linie auf ein Elitenpublikum zielenden frankophonen Almanachen um ein inhaltlich breit gefächertes und in genrespezifischer Hinsicht hoch differenziertes publizistisches Korpus handelt, das sowohl literarische Taschenbücher, Damenkalender, Hofkalender, Theateralmanache, Musenalmanache oder antirevolutionäre Kalender, aber auch andere Gattungsmuster umfasst.
Das Forschungsprojekt wird die im deutschen Kulturraum publizierten französischsprachigen Almanache unter komparatistischen, kultur- und buchwissenschaftlichen Vorzeichen erschließen und durch eine differenzierte inhaltliche und rezeptionsanalytische Perspektive die Mehrsprachigkeit der deutschen Aufklärung dokumentieren. Das Vorhaben beinhaltet auch eine Problematisierung gängiger Kategorien wie Öffentlichkeit, Publikum, Nationalliteratur und ihrer wissenschaftshistorischen Implikationen im europäischen Kontext. Die Ergebnisse werden eine neue Bewertung des deutsch-französischen Kulturtransfers ermöglichen und deutlich machen, dass der in der Historiographie beschriebene Paradigmenwechsel ab 1770 in Frage gestellt werden muss. Es ist das Ziel, die Forschungserträge in einer umfangreichen Publikation, die Einzelbeiträge und ein bibliographisches Repertorium enthält, vorzulegen. Zu Detailfragen und Einzelaspekten sind zudem Aufsatzpublikationen projektiert.
Das Projekt ist ein Partnerprojekt mit der Universität des Saarlandes.