Hauptinhalt

DFG-Projekt "Aristokratismus. Historische und literarische Semantik von ‚Adel’ zwischen Kulturkritik der Jahrhundertwende und Nationalsozialismus (1890-1945)"

Das Projekt ist abgeschlossen.

‚Adel’ und ‚Aristokratie’ sind nicht nur sozialgeschichtlich wirksame Begriffe, die allein auf historisch je herausgehobene soziale Gruppierungen zu beziehen sind. Zum 20. Jahrhundert hin, als die Bedeutung des historischen Geburtsadels im deutschsprachigen Raum wie in Europa überhaupt abnimmt, treten vielmehr neue Ideen und Konzepte des Adels und des ‚Aristokratischen’ in unterschiedlichen Diskursbereichen auf. Dieser Ausweitung der Semantik des ‚Adeligen’ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts widmet sich das Projekt in enger Kooperation von Historikern und Literaturwissenschaftlern.

Das Projekt ist an der Schnittstelle dreier für beide Fächer bedeutsamer Erkenntnisinteressen angesiedelt. Es geht (1) um eine Erweiterung und Neuakzentuierung der Adelsforschung im Bereich des 19./20. Jahrhunderts, (2) um die interdisziplinär getragene, hier an einem wichtigen Exempel durchgeführte Erprobung einer ‚Historischen (und literarischen) Semantik’ und in diesem Zuge (3) um einen Moderne-Begriff, der in einem nicht-normativen Verständnis auch Konzepte einer ‚Anderen Moderne’ oder einer Antimoderne umfasst.

Dabei geht es in einem der beiden Teilprojekte um die in Deutschland nach Nietzsche entstehende und sich vielfach auf ihn beziehende Kulturkritik (Bearbeiter: Jan de Vries, Germanistik) und im anderen um die kulturelle Semantik des Nationalsozialismus (Bearbeiter: Daniel Thiel, Geschichte). In beiden Kontexten spielen Adelssemantiken eine wichtige Rolle. Beide Bereiche hängen zusammen, weil sie sich zwar nicht kausallogisch, wohl aber im Sinne von komplexer Vorgeschichte und Nachgeschichte aufeinander beziehen lassen. Das Projekt geht davon aus, dass die Semantik des Aristokratischen in hohem Grad funktional wird. Das ist von der Forschung so bislang noch nicht postuliert und entsprechend untersucht worden. Anhand eines breiten Textkorpus sollen die semantische Bandbreite, die Anschlussfähigkeit an andere Diskurse und damit die soziale Breitenwirksamkeit der Adelssemantik in der Hochmoderne (verstanden als Zeitraum zwischen etwa 1880/90 und den 1930er/40er Jahren) rekonstruiert werden.

Reinhold Eckstein

 

Projektleiter

Prof. Dr. Eckart Conze (Universität Marburg, Neuere und neueste Geschichte)

apl. Prof. Dr. Jochen Strobel (Universität Marburg, Neuere deutsche Literatur)

 

Wissenschaftliche Mitarbeiter

Teilprojekt „Neuere deutsche Literatur“

Jan de Vries

Teilprojekt „Neuere und neueste Geschichte“

Daniel Thiel

 

Weitere Mitarbeiter*innen:

Aline Seidel

Christian Senf

Hannah V. Süßelbeck

 

Der Tagungsband „Aristokratismus. Historische und literarische Semantik von ‚Adel‘ zwischen Kulturkritik der Jahrhundertwende und Nationalsozialismus (1890-1945)" erschien 2020:

https://www.waxmann.com/waxmann-buecher/?tx_p2waxmann_pi2%5bbuchnr%5d=4214&tx_p2waxmann_pi2%5baction%5d=show

Eine in open access zugängliche Datenbank (jetzt im Forschungsdatenrepositorium der UMR) gestattet Recherchen zu ‚Aristokratismus‘ in Zeitschriften um 1900:

https://doi.org/10.17192/fdr/91

Die Monographie von Jan de Vries „Adelssemantik als Medium von Kulturkritik“ erschien 2020 bei Böhlau.

https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/detail/index/sArticle/55929