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Unsere Forschung im Überblick

Foto: Rolf K. Wegst

Der Fachbereich Fremdsprachliche Philologien widmet sich in seiner national und international sichtbaren Forschung und der Lehre den Grundfragen des Menschseins und der Gesellschaft. Mit dem Ziel eines vertieften Verständnisses von Sprache, Literatur und Kultur stellen wir drei Fokusthemen in den Vordergrund: 

Kultursprachen – Sprachkulturen: Ein faszinierendes Forschungsfeld

Foto: Rolf K. Wegst

Mit dem Fokus auf „Kultursprachen – Sprachkulturen“ widmet sich unser Fachbereich spannenden Forschungsfragen rund um die Entstehung, Entwicklung und Pflege bedeutender Kultursprachen. Dabei untersuchen wir sowohl Literatur- und Wissenschaftssprachen als auch deren Anwendung in spezifischen Kontexten und Diskurstraditionen. Unsere Forschung deckt ein breites Spektrum ab: Von der Erweiterung antiker Schriftsprachen wie dem  Hethitischen über die mittelalterliche Schriftlichkeit  keltischer und germanischer Sprachen bis hin zur heutigen Ausdifferenzierung plurizentrischer Standardsprachen wie Englisch, Französisch und Spanisch.

Doch wir gehen über die klassische Sprachforschung hinaus: Wir untersuchen gesellschaftliche Aushandlungsprozesse, die aktuell und hitzig debattiert werden, wie die politische Korrektheit und die geschlechtergerechte Sprache. Diese Themen analysieren wir aus kultur-, literatur- und sprachwissenschaftlicher Perspektive.

Literarische Werke sind für uns wertvolle Quellen, um die Herausbildung von Fachsprachen zu verstehen. Ebenso nutzen wir wissenschaftliche Texte als historische Dokumente, um die Entstehung wissenschaftlicher Disziplinen wie Keltologie, Romanistik und  Amerikanistik zu erforschen.

Ein besonderes Augenmerk legen wir auch auf den Spracherwerb und die Anwendung unserer Forschungsergebnisse in der Ausbildung von Lehramtsstudierenden, um deren Professionalisierung voranzutreiben.

Unsere Stärke liegt in der empirischen Forschung und einer Methodenvielfalt, die philologische und diskursanalytische Ansätze mit quantitativen Analysen von Sprachkorpora und digitalen Methoden der Digital Humanities verbindet.

Literarisches Schreiben: Ein Spiegel der menschlichen Existenz

Foto: Colourbox

Literarisches Schreiben reflektiert auf einzigartige Weise die menschliche Existenz in all ihren Facetten. Um die komplexe Natur des literarischen Schreibens zu erfassen und zu analysieren, definieren wir 'Literatur' weit und umfassen dabei verschiedenste Gattungen – von fiktionalen Werken wie Epos, Lyrik und Drama bis hin zu wissenschaftlichen und philosophischen Texten. Diese breite Auffassung von Literatur zeigt das dynamische Wechselspiel zwischen literarischen Werken und der kulturellen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Welt. Literatur wird von diesen Einflüssen geformt und prägt sie zugleich. Im Fachbereich 10 untersuchen wir multiperspektivisch und interdisziplinär sowohl die Produktion als auch die Rezeption von Literatur unterschiedlicher Epochen. So wird Literatur sowohl als ästhetisches Objekt als auch als Quelle tiefgehender Erkenntnisse betrachtet.

Besonderen Fokus legen wir auf existenzielle Fragen, die in der Literatur aller Zeiten behandelt werden. Themen wie die Stellung des Menschen im Kosmos, Liebe, Macht, Krieg, soziale Ungerechtigkeit, Religion, Geschlechteridentitäten, Diversität, Klimawandel und Nachhaltigkeit werden literarisch erforscht. Literatur kann utopische und dystopische Zukunftsvisionen entwerfen und über bisherige Denkmuster hinausgehen. Gleichzeitig bieten wissenschaftliche und philosophische Texte tiefgehende Analysen und Erklärungsmodelle, die Mensch und Welt ganzheitlich betrachten.

Unsere Schwerpunkte umfassen neben performativen Gattungen des Dramas auch besondere literarische Formen. Dazu zählen der literarische Dialog und die  Historiografie in der Antike sowie verschiedene Formen des (auto)biografischen Schreibens, die in unterschiedlichen Kulturen wie dem Iran, den  USA und Kanada Themen wie Migration, Traumabewältigung und  Identitätsfindung thematisieren. Diese Werke dienen als Brücke zwischen Schreibenden und Lesenden sowie zwischen verschiedenen Kulturen.

Das Projekt "Exploratives und interdisziplinäres Schreiben" (geleitet von U. Winter, Romanistik) widmet sich zusätzlich zu den literatur- und kulturwissenschaftlichen Fragestellungen den Prozessen und Praktiken des Selbstschreibens. Hierbei werden phänomenologische, interdisziplinäre und bildungstheoretische Perspektiven integriert.

Kulturen des Religiösen: Ein interdisziplinäres Abenteuer

Foto: Rolf K. Wegst

Die verschiedenen Formen der Religionsausübung – Rituale und Gebete – sind oft detailliert in den textlichen Überlieferungen antiker Kulturen dokumentiert. Die Untersuchung ihrer Konzeption, Organisation und schriftlichen Aufzeichnung verbindet besonders die altertumswissenschaftlichen Fächer unseres Fachbereichs. Dazu gehören Klassische Philologie, Altorientalistik, Historisch-Vergleichende Sprachwissenschaft sowie Keltologie, Indologie und Tibetologie. Diese Forschung ermöglicht auch spannende Vergleiche mit religiösen Vorstellungen des Mittelalters, der frühen Neuzeit und der Moderne.

Unsere Forschungsprojekte umfassen eine Vielzahl von Themen, die sich mit Religionspraktiken auseinandersetzen: Die Yoga-Forschung in der Indologie, spätantike und mittelalterliche  Fluchtexte und  Liturgiegeschichte in der Keltologie, akkadische divinatorische Texte aus Babylon in der Altorientalistik und hethitische Kultfestbeschreibungen im Akademieprojekt „Hethitische Festrituale“ der Historisch-Vergleichenden Sprachwissenschaft. Darüber hinaus erforschen wir in der Frühen Neuzeit die Vielfalt religiöser Diskurse in England (Shakespeare und Zeitgenossen) und in der Moderne die puritanische Religiosität im Kontext des amerikanischen Exzeptionalismus.

Dieses breite Forschungsfeld bietet zahlreiche Schnittstellen zu weiteren Disziplinen und Institutionen. Im  Marburger Centrum Antike Welt (MCAW) werden diese Themen in einem institutionalisierten Rahmen diskutiert. Die Ringvorlesungen des Zentrums, die jedes Wintersemester stattfinden, bieten eine Plattform für den Austausch mit theologischen, archäologischen und historischen Fachgebieten, darunter das Alte Testament, Klassische Archäologie und Alte Geschichte.

Ein besonderer Fokus liegt auf der Erforschung der gezielten Inszenierung religiöser Atmosphäre. Dieses Thema wird durch interdisziplinäre Untersuchungen aus den Bereichen Kultur-, Sprach-, Literatur-, Natur- und Religionswissenschaften sowie Theologie, Geschichte, Rechtshistorie und Archäologie beleuchtet. Im Graduiertenkolleg 2844 steht die Förderung exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchses durch interdisziplinäre Zusammenarbeit im Mittelpunkt.

 Seit der Gründung des MCAW besteht zudem eine enge Zusammenarbeit einzelner Fächer des Fachbereichs 10 mit dem Zentrum für Interdisziplinäre Religionsforschung (ZIR). Diese Kooperation stärkt die interdisziplinäre Vernetzung und erweitert die Möglichkeiten unserer Forschung.