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3. Kulturen des Religiösen

Verschiedene Formen der Religionsausübung, d. h. der konkreten Praxis von Ritual und Gebet, sind in der textlichen Überlieferung von Schriftkulturen oft gut greifbar. Die Frage nach ihrer Konzeption, Organisation und (schriftlichen) Dokumentation verbindet besonders die altertumswissenschaftlichen Fächer innerhalb des Fachbereichs (Klassische Philologie, Altorientalistik, Historisch-Vergleichende Sprachwissenschaft sowie die Keltologie, Indologie und Tibetologie), erlaubt aber immer auch eine vergleichende Auseinandersetzung mit religiösen Vorstellungen des Mittelalters, der frühen Neuzeit oder der Moderne unter Anwendung verschiedener heuristischer Verfahren.

Forschungsfragen, die im Zusammenhang mit Religionspraktiken stehen, werden bereits in mehreren fachspezifischen Projekten untersucht: z. B. Yoga-Forschung in der Indologie, spätantike und mittelalterliche  Fluchtexte sowie  Liturgiegeschichte in der Keltologie, akkadische divinatorische Texte aus Babylon in der Altorientalistik, hethitische Kultfestbeschreibungen im Akademieprojekt „Hethitische Festrituale“ der Historisch-Vergleichenden Sprachwissenschaft. Für die Frühe Neuzeit besteht seit langem ein Forschungsschwerpunkt im Bereich der Pluralität der religiösen Diskurse in England (Shakespeare und Zeitgenossen) und für die Moderne zur puritanischen Religiösität vor dem Hintergrund des amerikanischen Exzeptionalismus.

Dieses breite Forschungsfeld des FB 10 bietet außerdem vielfältige Schnittstellen mit weiteren Fächern, Zentren und Fachbereichen, welche u.a. durch das Marburger Centrum Antike Welt (MCAW) in einem institutionalisierten Rahmen diskutiert und verfolgt werden. Die Ringvorlesungen des Zentrums (in jedem Wintersemester) bilden eine Plattform für den Austausch mit theologischen, archäologischen und historischen Fachgebieten, z. B. mit dem Alten Testament, der Klassischen Archäologie oder der Alten Geschichte. Die Erforschung der gezielten Inszenierung religiöser Atmosphäre durch kultur-, sprach-, literatur-, natur- und religionswissenschaftliche, theologische, historische, rechtshistorische und archäologische Untersuchungen steht im Mittelpunkt des Graduiertenkollegs 2844. Dieses wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Fächern des Fachbereichs 10 und weiteren Altertumswissenschaften über viele Jahre hinweg mit der Ausbildung von exzellentem wissenschaftlichem Nachwuchs verbinden. Über das MCAW hinaus besteht seit dessen Gründung eine enge Zusammenarbeit einzelner Fächer des FB 10 mit dem Zentrum für Interdisziplinäre Religionsforschung (ZIR).