16.10.2024 Klassische Philologie bietet im WiSe 2024/25 vier Veranstaltungen für alle Studierenden an
Die Veranstaltungen können in MarSkills belegt werden.
Horaz (Vorlesung)
Q. Horatius Flaccus war nicht nur in vielen und unterschiedlichen poetischen Gattungen aktiv und hat dabei in Anlehnung an griechische Vorbilder die lateinischen Klassiker des jeweiligen Genre geschaffen, sondern auch verschiedene Bilder seiner selbst entworfen. Deren Spektrum reicht vom ‚zornigen jungen Mann’ am Vorabend der Schlacht von Philippi über den leidenschaftlich Liebenden und das ‚Schwein aus der Herde Epikurs’ bis zum staatstragenden Dichter der augusteischen Wende. Im Laufe des Semesters wollen wir einerseits diesen Selbstbildnissen nachgehen und sie unter anderem auf die Anteile von ‚Dichtung und Wahrheit’ hin untersuchen, andererseits wollen wir das literarische Werk in seiner ganzen Vielfalt kennenlernen und es in den Kontext seiner Entstehungszeit einordnen. Hat der 65 v. Chr. in Venusia geborene Horaz doch nicht nur die tiefgreifenden politischen Veränderungen dieser Epoche vielfach in seinem Werk reflektiert, sondern auch die nicht weniger folgenreichen literarischen Entwicklungen bis zu seinem Tod 8 v. Chr. entscheidend geprägt.
Fakt oder Fake? Die Geschichtsschreibung der griechischen Antike auf der Suche nach ‚Wahrheit‘ (Vorlesung)
Die Frage, welchen Informationen man trauen darf und welche eher dem Bereich ‚Fake‘ zuzuordnen sind, beschäftigte auch die ersten Geschichtsschreiber im 5. Jhdt. v. Chr. Darüberhinaus waren sie vor das Problem gestellt, wie man ‚Geschichte‘ überhaupt literarisch darstellen kann. Diesen Anfängen der Historiographie widmet sich die Vorlesung anhand folgender Leitfragen: Aus welchem Bedürfnis heraus und wie entwickelte sich die Geschichtsschreibung in der Antike? Was kennzeichnet Geschichtsschreibung als literarische Gattung? Welche Kriterien für ‚Wahrheit‘ legten die ersten Historiographen an, und worin sahen sie ihre Aufgabe? Was waren für sie die Motive menschlichen Handelns und die Triebkräfte der Geschichte? Dementsprechend beginnt die Vorlesung mit einer Einführung in die Wurzeln und Vorläufer der Geschichtsschreibung. Dann stehen die beiden bedeutenden Historiker des 5. Jhdts. v. Chr. im Zentrum: Herodot als „Vater der Geschichtsschreibung“ und Thukydides, der als Begründer einer ‚kritisch-objektiven‘ Geschichtsschreibung gilt. Dieser Rückblick auf die Anfänge der Geschichtsschreibung ist auch aufschlussreich, was antike Rezipienten von Geschichtsschreibung erwarteten und worin die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu modernen Anforderungen an Geschichtsschreibung liegen.
Frauengeschichten in der Klassischen Philologie von der Antike bis in die Gegenwart (Seminar)
Die Klassische Philologie ist in Deutschland nach wie vor eine eher konservative Disziplin. Das lässt sich sowohl an der Anzahl der Professorinnen in Latein und – noch mehr – in Altgriechisch als auch an den Themen, zu denen geforscht wird, erkennen. Der „male gaze“ prägt aber nicht nur die Gegenwart des Faches, sondern beinahe alles, was wir überhaupt von der Antike wissen. Korrigiere: zu wissen glauben.
In dem Seminar wollen wir eine feministische Kartographie der Klassische Philologie erstellen, um erahnen zu können, wie sehr männliche Dominanz die Disziplin bisher geprägt und beschränkt hat. Und wir werden versuchen, zu erahnen, welche verborgenen Schätze gehoben werden könnten, wenn sie weiblicher und diverser wird.
Wir werden uns zunächst einen Überblick über antike Autorinnen verschaffen. Antike Autorinnen? Ja, die gab es! Wir werden dann exemplarisch an einer mythologischen und einer historischen Frau(enfigur) anschauen, wie sie in antiker Literatur und in der Rezeption dargestellt wurden. Im Anschluss werden wir ebenfalls an einem Beispiel herausarbeiten, wie der männliche Blick die Forschung geprägt hat. Schließlich werden wir uns auf die Spuren der ersten Studentinnen und Professorinnen der Klassischen Philologie in Marburg und in Deutschland begeben, bis wir sie ausfindig gemacht haben. Damit werden wir einen Beitrag dazu leisten, die Geschichte der Frauen in der Klassischen Philologie aufzuarbeiten, die bislang im deutschsprachigen Raum nicht beforscht wurde.
Zwischen Literatur, Natur und Kultur: Gärten in der Antiken Literatur (Seminar)
Der Garten – das ist in der Antike ein Ort an dem Natur und Kultur, manifeste Gärtnerarbeit und die Hoffnung auf fruchtreichen Ertrag mit ästhetischen Idealen und oftmals auch dem Mythos aufeinandertreffen. Legendär ist etwa der literarische Garten des Phaiaken-Königs Alkinoos in Homers Odyssee, ein utopisch überhöhter Ort, an dem zu allen Jahreszeiten alle Pflanzen reiche Früchte tragen. Der Garten des Alkinoos ist Spiegel einer idealen, von den Göttern in jeder Hinsicht begünstigten Gesellschaft, er weist mit anderen Worten semantisch über seine eigenen räumlichen bzw. textuellen Grenzen hinaus. Solche, wenn man so möchte, literarischen Gärten, die in ihrer Gestaltung im Kleinen auf große textuelle Zusammenhänge hin interpretierbar sind, werden uns im Seminar mehrfach begegnen – aber wir werden uns auch mit der ganz basalen Frage beschäftigen, wie „echte“ antike Gärten überhaupt aussahen, wie sich Fachschriftsteller zu ihrer Anlage und Pflege äußern und welch unterschiedlichen Interessen sie überhaupt dienten. Zu den behandelten Texten zählen u.a. Homers bereits angesprochene Odyssee; die Romane Daphnis und Chloe von Longos sowie Leukippe und Kleitophon von Achilleus Tatios; Vergils Lehrgedicht vom Landbau und Statius’ Gedichtsammlung Silvae; die Fachschriftsteller Plinius d.Ä. und Columella. Darüber hinaus werden wir mit Priapos, dem obszönen Schutzgott der Gärten, und dem Epikureischen Kepos noch mache weitere spannende Gartenbekanntschaft machen können.
Das Seminar steht allen Interessierten offen. Alle Texte werden auch in Übersetzung bereitgehalten; Kenntnisse im Gärtnern oder der altgriechischen bzw. lateinischen Sprache sind für die Teilnahme nicht erforderlich, wohl aber die Freude an intensiver Textarbeit und Diskussion.
Neben diesen fünf Veranstaltungen können im Rahmen von MarSkills auch Latinums- und Graecumskurse belegt werden. Mehr Informationen dazu finden Sie unter Exportmodulen.