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Tive: Studien zur hurritischen Sprache und Überlieferung

Hurritisch ist eine nicht-indogermanische Sprache, die hauptsächlich im zweiten Jahrtausend v. Chr. verschriftlicht wurde und durch keilschriftliche und keilalphabetische Texte belegt ist. Obwohl Hurriter eine wichtige Rolle bei den kulturellen Kontakten zwischen Mesopotamien und Anatolien spielten, ist die Hurritologie weitaus weniger zugänglich als die Assyriologie oder die Hethitologie. Insbesondere gibt es keine Referenzgrammatik des Hurritischen und kein aktuelles Wörterbuch. Die meisten hurritischen Texte wurden ohne Übersetzungen veröffentlicht. Dieser Sachverhalt hat nicht ausschließlich mit der Begrenztheit des Wissens, sondern vor allem auch mit dem Mangel an institutioneller Unterstützung zu tun.

 Um diesen Missstand zu beheben, schlägt ein Team von Keilschriftphilologen ein zwölfjähriges Projekt vor, das sich auf die wichtigsten Referenzwerkzeuge im Bereich der Hurritologie konzentriert. Dabei werden Dr. Sebastian Fischer, der einzige deutsche Forscher seiner Generation, der auf das Hurritische spezialisiert ist, und Dr. Ilya Yakubovich, ein Experte für altanatolische Sprachen mit umfassender Erfahrung in der Erstellung von Referenzwerkzeugen für den verwandten Bereich der Luwischen Studien (eDiAna und Luwili-Projekt), eng zusammenarbeiten. Prof. Elisabeth Rieken (Marburg) und Prof. Daniel Schwemer (Würzburg) leiteten beide digitale Projekte im Bereich der Hethitologie (HFR und TLHdig). Der Kurzname des Projekts lautet Tive („Wort“ auf Hurritisch).

 Ziel der ersten Phase des Tive-Projekts ist die Zusammenstellung eines digitalen Korpus der hurritischen Sprache. Die Rohdaten werden aus dem TLHdig-Projekt importiert und mit Hilfe einer neuen Schnittstelle annotiert, die eine Modifikation des OXTED-Programms darstellt, das für die Dateneingabe im HFR-Projekt verwendet wird. Ziel der zweiten Phase des Tive-Projekts ist die Entwicklung eines digitalen Korpus-Wörterbuchs des Hurritischen. Es ist vom eDiAna-Projekt inspiriert, das eine vergleichbare Arbeit für die indogermanischen anatolischen Sprachen leistete. Die dritte Phase des Tive-Projekts konzentriert sich auf die philologische Edition hurritischer Texte unter Nutzung der gewonnenen Korpus- und Wörterbuchdaten. Diese Aufgabe ähnelt stark jenem Arbeitsschritt, der im Rahmen des Luwili-Projekts für die luwischen Keilschrifttexte durchgeführt wurde. Die letzten drei Jahre des Tive-Projekts werden der Untersuchung der kulturellen Implikationen der neu herausgegebenen hurritischen Texte gewidmet. Die Outreach-Komponente derselben Phase wird in der Vorbereitung einer neuen Einführung in die hurritische Sprache bestehen.

 Zusätzlich zu seiner Forschungsdimension soll das vorgeschlagene mehrjährige Projekt durch die vorgesehene befristete Postdoc-Stelle ein Umfeld für die Heranbildung einer neuen Generation von Hurritologen schaffen und so das Überleben und die Entwicklung der Hurritologie – auch in neuen Forschungsumfeldern – sichern.

Antragsteller sind Prof. Dr. Elisabeth Rieken und Dr. habil. Ilya Yakubovich (beide von der Philipps-Universität Marburg) sowie Prof. Dr. Daniel Schwemer und Dr. Sebastian Fischer (beide von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg).