04.12.2020 Optische Bandstrukturbestimmung mittels Terahertz-Seitenbandenspektroskopie
Durch die Zusammenarbeit von Physikern der Universitäten Marburg, Regensburg und Ann Arbor (Michigan, USA) ist es gelungen die Bandstruktur eines Halbleiters mittels eines rein optischen Experimentes zu rekonstruieren.
Das quasi-zweidimensionale Halbleitersystem Wolfram Diselenid wurde simultan mit Laserimpulsen im sichtbarem und ferninfrarotem (Terahertz) Spektralbereich angeregt. Hierbei wurden sehr kurze Impulse mit einer Zeitdauer im Bereich von 100 Femtosekunden (eine Femtosekunde ist der Billiardste Teil einer Sekunde) verwendet.
Bei der resonanten Anregung mit einem schwachen optischen Puls und gleichzeitiger Einstrahlung eines starken Terahertz Lichtpulses beobachtet man im transmittiertem Spektrum harmonische Seitenbanden, d.h. Emissionslinien die gegenüber der optischen Frequenz um ganzzahlige Vielfache der Terahertz-Frequenz verstimmt sind (Harmonic-Sideband Generation).
In der Zusammenarbeit der Regensburger Experimentalphysiker mit den Theoretikern aus Marburg und Ann Arbor konnte gezeigt werden, dass sich durch die Analyse einer Vielzahl solcher Seitenbandenspektren bei verschiedenen Terahertz Frequenzen und Intensitäten die Halbleiterbandstruktur rekonstruieren lässt. Hierbei wird die Wellen-Teilchen-Natur der Elektronen ausgenutzt, um ein stehendes Wellenmuster zu erzeugen, das einem Kamm ähnelt. Besonders intensive Emission tritt auf, sobald ein Maximum dieses Elektronenkamms mit der Bandstruktur des Materials - seiner Quantenstruktur - überlappt. Diese starke Lichtemission zusammen mit der schmalen Breite der Kammlinien liefert Bilder mit einer ungewöhnlichen Schärfe, die von den Forschern als Superauflösung bezeichnet wird.
Die Forschungsgruppen aus Regensburg, Marburg und Ann Arbor arbeiten bereits seit mehreren Jahren sehr erfolgreich an gemeinsamen wissenschaftlichen Fragestellungen. Professor Dr. Mackillo Kira lehrt Theoretische Halbleiterphysik an der University of Michigan in Ann Arbor, USA, Professor Dr. Stephan Koch arbeitet am Fachbereich Physik der Philipps-Universität in Marburg und Professor Dr. Rupert Huber leitet das Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Regensburg. Die wissenschaftliche Arbeit, die der Veröffentlichung zugrunde liegt, wurde vom Europäischen Forschungsrat und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert, unter anderem durch deren Sonderforschungsbereiche 1083 und 1277.
Originalveröffentlichung: M. Borsch et al. „Super-resolution lightwave tomography of electronic bands in quantum materials“, Science 2020, DOI: https://science.sciencemag.org/cgi/doi/10.1126/science.abe2112