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Asteroiden
Schon während seiner Zeit in Kassel von 1812 bis 1817 beschäftigte sich Gerling intensiv mit den Kleinplaneten unseres Sonnensystems. Später in Marburg nahmen vor allem seine Schüler die Beobachtungen und Bahnverfolgungen der neu entdeckten Kleinplaneten wieder auf, als ab 1841 endlich eine Sternwarte in Marburg nutzbar war.
Gerlings Asteroidenforschung im einzelnen:
- Berechnung der Ephemeriden und oskulierenden Elemente des Kleinplaneten Vesta (1812 - 1818)
- Astrometrische Vermessung von Asteroiden, ab 1849
- Bahnanalysen und theoretische Bahnbeschreibung, Asteroid Metis, 1861
Astrometrische Messungen von Asteroiden
Im Jahre 1841 war Gerlings Sternwarte endlich nutzbar. Die ersten Messungen beschäftigten sich noch mit der genauen Positionsbestimmung der Sternwarte selber, also mit Sternpositionsmessungen bzw. Sternzeitmessungen für eine astronomische Ortsbestimmung und Triangulationen für eine geodätische Ortsbestimmung. Als dann im Jahre 1846 von Johann Gottfried Galle in Berlin der Planet Neptun entdeckt wurde, begann auch Gerlings Interesse an Planeten und Kleinkörpern im Sonnensystem wieder zuzunehmen. Seine Schüler regte er zur Beobachtung und Vermessung der Himmelskörper unseres Sonnensystems an:
- Wilhelm Klinkerfues führte 1849 die ersten publizierten astrometrischen Messungen in Gerlings Sternwarte durch. Er berichtet in den Astronomischen Nachrichten Nr. 30, 12/1849 von seinen Messungen am Planeten Neptun und am Asteroiden Ceres. Ab 1851 wirkte Klinkerfues in Göttingen, später dann als Nachfolger von C.F. Gauß. Dort führte er weitere Messungen an verschiedenen Asteroiden durch.
- Eduard Schönfeld beobachtete den am 19. Mai 1851 von John Hind in Greenwich neu entdeckten 14. Asteroiden Irene bereits am 27. Mai 1851, also nur 8 Tage nach dessen Entdeckung, publiziert in den Astronomischen Nachrichten Nr. 32, 06/1851. Diese Messungen sind noch heute in der Datenbank des Minor Planet Center gespeichert und werden zu Bestimmung der Bahn benutzt. Es ist der früheste Eintrag von Messungen an der Gerling-Sternwarte im Minor Planet Center der Internationalen Astronomischen Vereinigung IAU. Erstaunlich ist, dass die Publikation über die Entdeckung des Asteroiden zu dieser Zeit noch nicht erschienen war und dort als einzige Messungen aus Deutschland die von M. Rümker aus Hamburg vom 24. Mai bis zum 1. Juni 1851 erwähnt werden. Gerling erwähnt die Messungen an seiner Sternwarte auch in einem Brief an C.F. Gauß vom 31. Mai 1851.
- Im Juli 1851 beobachtet Eduard Schönfeld den Asteroiden (6) Hebe und berichtet dabei auch Korrekturen an den Beobachtungen der Irene.
- Otto Lesser vermisst im Frühjahr 1952 die Positionen des Asteroiden (17) Thetis und berechnet dessen Orbitale Elemente und Ephemeriden aus Beobachtungen in Berlin und Hamburg. Im Juli vermisst er die Positionen von (18) Melpomene wiederum nur ein paar Tage nach dessen Entdeckung.
Der Asteroid "Marburg" - die Würdigung von Gerlings Arbeiten
Die Asteroidenmessungen in der Marburger Sternwarte sind im Minor Planet Center gespeichert und werden nach wie vor zur Berechnung den Bahnen der Asteroiden genutzt. Eine Analyse der Genauigkeit der Messungen offenbart, die die Marburger Sternwarte unter Gerling auf aktuellem Stand der Astronomen im 19. Jahrhundert arbeitete!
Im Oktober 2011 wurden die Arbeiten Gerlings mit der Namensgebung des Asteroiden "(256813) Marburg" gewürdigt und im Circular des Minor Planet Center # 76677 veröffentlicht.
Eine detaillierte Beschreibung und Analyse der Asteroidenbeobachtungen von Gerling und seinen Mitarbeitern sind in einer Publikation in der Zeitschrift Journal for the History of Astronomy in 2018 veröffentlicht worden.