Hauptinhalt
Meridianstein
Peilmarken der Sternwarten im 19. Jahrhundert
Zur exakten Bestimmung der Blickrichtungen von Teleskopen verwendete man im 18. und 19. Jahrhundert Peilsteine in einigen Kilometern Entfernung von der jeweiligen Sternwarte. Zur damaligen Zeit existierten keine Sternkarten mit ausreichend vielen genau vermessenen Sternpositionen. Präzise Himmelsrichtungen konnten so nur mit verschiedenen zum Teil recht zeitaufwendigen Messungen ermittelt werden. Hatte man einmal die Richtungen exakt bestimmt, dann markierte man sie mittels Peilsteinen in einigen Kilometer Entfernung. Eine besondere Himmelsrichtung ist die Nordrichtung, zeigt sie doch zum Drehpunkt (zum Pol) der Himmelskugel. Ein gedachter Kreisbogen durch die Nordrichtung, den Punkt direkt über dem Beobachter (dem Zenit) und die Südrichtung nennt man den Meridianbogen, kurz Meridian. Daher werden Peilsteine im Norden oder Süden der Sternwarten als Meridianzeichen oder Meridiansteine bezeichnet.
Die wichtigste Aufgabe des mithilfe des Meridiansteines ausgerichteten Passageinstrumentes waren Sternzeitmessungen, Koordinaten von Sternen und Kleinkörpern unseres Planetensystems.
Der Meridianstein der Gerling-Sternwerte
Zur genauen Ausrichtung seines großen Teleskopes, des Passageinstruments der Sternwarte, ließ Christian Ludwig Gerling 1842 in Wehrda im Hang eines kleinen Hügels (heute Industriestraße, Kupferschmiede) einen 1,5 m x 1,5 m großen Meridianstein setzen und die Nordrichtung der Sternwarte durch Präzisionsmessungen ermitteln und auf dem Stein markieren. Damals war der Hügel nicht bewaldet, so dass es eine freie Sichtlinie zwischen Sternwarte und Stein gab.
Die Position der westlichen Teleskopsäule, des Standortes des Passageinstrumentes, gibt Richard Mauritius, ein Schüler Gerlings, 1862 in seiner Dissertation mit folgenden Koordinaten an:
astronomische Länge 8° 46‘ 24,3“ Ost
astronomische Breite 50° 48‘ 44,1“ Nord.
Die auf dem Stein markierte Linie rechts neben der 5. Markierung von Osten liegt exakt in 3771,43 m Entfernung im Norden der westlichen Teleskopsäule der Sternwarte und hat somit die Koordinaten
astrononische Länge 8° 46‘ 24,3“ Ost
astronomische Breite 50° 50‘ 44,5“ Nord.
Der Meridianstein der Gerling-Sternwarte galt lange als verschollen. Er lag jedoch in den drei originalen Teilen (Fundament, unterer Teil und onderer Teil) leicht beschädigt an angestammten Standwort. Im Jahre 2010 wurde er restauriert und wieder aufgestellt.