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Kurhessische Triangulierung
In den Jahren 1822 bis 1823 und 1835-1837 leitete Christian Ludwig Gerling im Auftrag des damaligen Kurfürsten Wilhelm II von Hessen die Kurhessische Triangulierung, mit der eine wichtige Lücke in den Landvermessungen des 19. Jahrhunderts geschlossen wurde. Er erstellte ein präzises Kartenwerk, welches ihm seinen Ruhm als einem der bedeutendsten Geodäten Deutschlands der damaligen Zeit einbrachte.
Bei solch einer Triangulierung (Dreiecksmessung) werden markante Geländepunkte, Türme, Höhen jeweils von mindestens 2 Standpunkten angepeilt und der Winkel zwischen den Peilungen bestimmt. So entsteht ein Netz von Dreiecken mit markanten Eckpunkten. Mindestens eine der Dreieckskanten muss dann als Länge auch absolut vermessen werden, um aus dem Netz dann richtige geografische Koordinaten berechnen zu können.
Die Kurhessische Triangulierung erstreckte sich von Hils (nordwestlich von Einbeck) bis zur Berger Warte in Frankfurt. Gerling ermittelte die Koordinaten von 24 Haupt- und 17 Zwischenpunkten. Als Basislänge verwendete er die schon gut vermessene Entfernung der Göttinger Sternwarte zum Meridianzeichen – dem Meridianstein der Göttinger Sternwarte. Der Berechnung legte er die Walbeckschen Koordinaten des Erdellipsoids von 1819 zugrunde.
Mitentscheidend für die hohe Präzision der Ergebnisse ist auch die erstmalige Anwendung der Methode der Gaußschen Fehlerquadrate bei der Auswertung der Messdaten, d.h. die ordentliche Einbeziehung statistischer Messfehler. Bei einer 1865 erfolgten kritischen Nachrechnung für die Einbettung des Netzes in die mitteleuropäische Gradmessung erhielt man einen mittleren Fehler der Winkel im Netz von 0,94 Bogensekunden, also von etwa 1/3800 eines Grades, eine für die damalige Zeit beachtenswerte Präzision!
Für die Messungen verwendete Gerling zunächst einen Reichenbach-Ertelschen Repetitionstheodoliten mit einem Fernrohr mit 30 cm Brennweite, wie ihn auch Gauß benutzte. Für die Gehilfen besorgte er zwei weitere Universalinstrumente der Fa. Breithaupt. Zur Signalisierung dienten ihm 3 Gaußsche Heliotrope. In der Physikalischen Sammlung der Philipps-Universität befinden sich heute noch ein 30 cm Breithauptscher Repetitionstheodolit, der bei der Triangulierung eingesetzt wurde, sowie eine von Fortin gefertigte und mit Eichzertifikat versehene eiserne Kopie der Toise de Peru, ein geeichter Maßstab von 1,949036 m Länge, mit Hilfe dessen Gerling die Anpassungen lokaler Triangulationspunkte seines Dreiecksnetzes – die Zentrierung – vornahm.