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Fragestellungen
Was macht eigentlich eine Solarzelle zu einer guten Solarzelle? Oder zu einer schlechten? Wie werden aus Sonnenlicht Ladungsträger und aus Ladungsträgern nutzbarer Strom? Die Prozesse, die für die Beantwortung solcher Fragen entscheidend sind, spielen sich auf sehr kurzen Zeitskalen ab, häufig kürzer als eine Nanosekunde. Um den Dingen auf den Grund zu gehen, arbeiten wir mit Femtosekunden-Laserpulsen, mit denen wir Halbleitermaterialien optisch anregen und dann die Lumineszenz untersuchen, die beim Übergang angeregter Elektronen zurück in den Grundzustand emittiert wird. Das zeitliche Abklingen des Lumineszenzsignals verrät uns viel – beispielsweise über den Transport von Ladungsträgern oder gebundenen Elektron-Loch Paaren, so genannten Exzitonen, über die Eigenschaften innerer Grenzflächen oder über das Vorhandensein von Defektzuständen. Insgesamt wollen wir besser verstehen, wie sich die Mikro- und Nanostruktur oder die Beschaffenheit von Grenzflächen auf die optischen Eigenschaften von organischen und organisch/anorganischen Halbleiterbauelementen auswirken. Ganz besondere interessieren uns dabei diese Systeme:
- Molekulare Einkristalle und Dünnfilme
- Hybride organisch/anorganische Materialien
- Organisch/organische und organisch/anorganische Heterostrukturen
Fundamentale Prozesse in molekularen Halbleitern
Organische Halbeiter werden, anders als anorganische Halbleiter, nicht durch elektronische Bindungen zusammengehalten, sondern durch vergleichsweise schwache van-der-Waals-Wechselwirkungen zwischen den molekularen Bausteinen. Dies hat bedeutende Auswirkungen auf die resultierende Bandstruktur, die optischen Eigenschaften und den Transport von Ladungsträgern oder Exzitonen. Besonders hervorzuheben sind hier zwei bekannte Phänomene, nämlich die Spin-erlaubte Spaltung von einem Singulett-Exziton in zwei Triplett-Exzitonen oder die Bildung so genannter Exzimere durch die strukturelle Relaxation angeregter Moleküle. Die Prozesse können miteinander konkurrieren und je nach Anwendung erwünscht oder unerwünscht sein. Grundlegende Untersuchungen des Zusammenhangs von Packungsmotiv, den optischen Eigenschaften und der Dynamik optischer Anregungen sind daher entscheidend für die Entwicklung von theoretischen Modellvorstellungen mit hoher Vorhersagekraft.
Weiterführende Literatur:
D. Muth et al., „Transport, trapping, triplet fusion: Thermally retarded exciton migration in tetracene single crystals”, Nanoscale 16, 13471 (2024). DOI: 10.1039/D4NR01086H
J. Thompson et al., “Singlet Exciton Optics and Dynamics in Oligoacene Semiconductor Crystals”, Nat. Sci. 3, e20220040 (2023). DOI: 10.1002/admi.202300922
D. Bischof et al., “Regioselective Fluorination of Acenes: Tailoring of Molecular Electronic Levels and Solid State Properties”, Chem. – A Eur. J. 28, e202103653 (2022). DOI: 10.1002/chem.202103653
Hybride Materialien
Die Vereinigung von organischen und anorganischen Materialien, etwa in Form von Adamantan-artigen Clusterverbindungen oder hybriden Perowskit-Halbleitern ermöglicht es, die optischen Eigenschaften durch gezielte Variation der organischen und anorganischen Bausteine über weite Bereiche einzustellen. Die starke Elektron-Phonon-Kopplung sorgt in diesen Systemen mitunter für eine stark ausgeprägte Lokalisierung optischer Anregungen in Form von Exzimeren oder Polaronen, welche die resultierenden Eigenschaften entscheidend mit beeinflussen.
Weiterführende Literatur:
F. Schmitz et al., ”Tuning the Optical Properties of 2D Monolayer Silver-Bismuth Bromide Double Perovskite by Halide Substitution“, Nanotechnology 33, 215706 (2022). DOI: 10.1088/1361-6528/ac54df
E. Geringer et al., “Introducing Distinct Structural and Optical Properties into Organotin Sulfide Clusters by the Attachment of Perylenyl and Corannulenyl Groups”, Inorg. Chem. 60, 19381 (2021). DOI: 10.1021/acs.inorgchem.1c03206
E. Geringer et al., “Pyrene-Terminated Tin Sulfide Clusters: Optical Properties and Deposition on a Metal Surface”, Chem. Eur. J. 27, 2734 (2021). DOI: 10.1002/chem.202003889
Anregungsdynamik in Halbleiter-Heterostrukturen
Wenn man zwei verschiedene Halbleitermaterialien zusammenbringt, ergeben sich viele neue Fragestellungen in Bezug auf die Grenzfläche. Können Anregungen von einem Material in das andere wandern? Werden Ladungen an der Grenzfläche voneinander getrennt? Beobachten wir in optischen Spektren möglicherweise sogar neue Signaturen, die sich der Grenzfläche zuordnen lassen? Und was verraten uns solche Signaturen über die Beschaffenheit der Grenzfläche? Die Klärung solcher Fragen ist von großer Bedeutung, um das Potenzial neuer Materialien für die Anwendung in Halbleiterbauelementen abzuschätzen. Entsprechend der elektronischen Struktur an der Grenzfläche unterscheidet man zwischen Typ-I-Übergängen, die einen Übergang der Anregungsenergie von einem in das andere Material ermöglichen und Typ-II-Übergängen, an denen Ladungen voneinander getrennt werden.
Weiterführende Literatur:
N. Hofeditz et al., ”Efficient Energy Transfer and Singlet Fission in Co-Deposited Thin Films of Pentacene and Anthradithiophene”, Adv. Mater. Interfaces 11, 2300922 (2024). DOI: 10.1002/admi.202300922
N. Hofeditz et al., “Photoexcitation Dynamics in Strongly Interacting Donor/Acceptor Blends Probed by Time-Resolved Photoluminescence Spectroscopy”, J. Phys. Chem. C 125, 17194 (2021). DOI: 10.1021/acs.jpcc.1c04183
M. Gerhard et al., “Field-induced exciton dissociation in PTB7-based organic solar cells”, Phys. Rev. B 95, 195301 (2017). DOI: 10.1103/PhysRevB.95.195301
Defekte und Unordnung
Halbleiter sind nicht perfekt. Strukturelle Unordnung oder Defekte können die opto-elektronischen Eigenschaften stark beeinflussen und beeinträchtigen. Lumineszenzspektroskopie ist in besonderer Weise empfindlich auf die Einflüsse von Defekten und kompositionsbedingter Unordnung, da sie nicht-strahlende Prozesse oder die Signaturen von Defekten in Tieftemperaturspektren offenbart. Von Interesse ist hier besonders der Zusammenhang zwischen den Lumineszenzeigenschaften und der Mikro- oder Nanostruktur einer Halbleiterprobe.
In sehr kleinen Objekten wie Perowskit-Nanokristallen zeigt sich der Einfluss einzelner, metastabiler Defekte in Form von Lumineszenz-Fluktuationen (engl. "Blinking"). Eine weitere Analyse der Intensitätsfluktuationen erlaubt die Charakterisierung einzelner nicht-strahlender Zentren über die Ensemble-Mittelung hinaus.
Weiterführende Literatur:
M. Gerhard et al., “Heterogeneities and Emissive Defects in MAPbI3 Perovskite Revealed by Spectrally Resolved Luminescence Blinking”, Adv. Opt. Mater. 9, 2001380 (2021). DOI: 10.1002/adom.202001380
M. Gerhard et al., “Microscopic Insight into Non-Radiative Decay in Perovskite Semiconductors from Temperature-Dependent Luminescence Blinking”, Nat. Commun. 10, 1698 (2019). DOI: 10.1038/s41467-019-09640-w