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Röntgenbeugung (XRD)

Aufgrund ihrer Wellenlängen, die typischerweise im Bereich einiger Angström liegt, kann Röntgenstrahlung effektiv an atomaren Strukturen bzw. Netzebenen gebeugt werden. Durch Analyse der Beugungsmaxima können ähnlich wie bei Interferenzmustern bei Beugung am Spalt die Größen der beugenden Strukturen, d.h. der Kristallgitter mit hoher Präzision analysiert werden.

In unserer Forschungsarbeit nutzen wir die Röntgenbeugung, um die Struktur von kristallinen Dünnfilmen und Einkristallen zu untersuchen. Aufgrund der geringen Dicken und der sehr niedrigen atomaren Streuquerschnitte organischer Dünnfilme nutzen wir dabei ein besonders sensibles Detektionssystem, das die effektive Untersuchung dieser Systeme ermöglicht. Über dieses verfügt das in unsere Arbeitsgruppe verwendete Bruker D8 Discover Diffraktometer.

In vielen Fällen sind dabei die Kristallstrukturen molekularer Systeme hinsichtlich ihrer Symmetrie komplizierter als jene von einfachen anorganischen Komponenten. Im Falle des organischen Halbleiters Pentacen beispielsweise kristallisieren die Moleküle in einem triklinen Gitter (d.h. alle Achsen sind unterschiedlich lang und schließen miteinander nicht rechtwinklige Winkel ein). Verglichen zu kubischen Gittern resultiert dies in komplizierteren relativen Lagen der Ebenen zueinander (z.B. steht die (100)-Ebene nicht senkrecht auf der (001)-Ebene und der <100>-Vektor nicht senkrecht auf der (100)-Ebene), sowie komplexen Ausdrücken für die Strukturfaktoren, was bei quantitativen Auswertungen berücksichtigt werden muss.

(Kristallstrukturen mittels Mercury erstellt, schematische Darstellung der Gitter aus Wikipedia)

 

Typische Fragestellungen sind:

- Ist ein Dünnfilm kristallin? Welche Orientierung haben die Moleküle in dem Film?

 → Omega-2Theta-Scan. Durch symmetrische Variation des Winkels zwischen Probe und Röntgenquelle und Probe und Detektor kann die vertikale Struktur von Dünnfilmen auf Periodizität untersucht werden. Wie durch die Bragg-Gleichung beschrieben, korrespondieren Reflexe an einer gegebenen Winkelposition mit einem Netzebenenabstand im Realraum. Bei Kenntnis der Kristallstruktur einer Komponente kann dadurch sehr einfach die Molekülanordnung in einem Dünnfilm bestimmt werden.

- Wie hoch ist die kristalline Ordnung? Wie exakt ist die Ausrichtung an der Substratoberfläche?

 → Peakbreiten-Analyse und Rocking-Curve. Die Analyse der Peakbreiten ermöglicht es, Verspannungen und Kristallitgrößen, genauer Dimensionen der kohärenten Bereiche in einer Probe, zu bestimmen und dadurch Aussagen über die "Qualität" von Kristalliten hinsichtlich ihrer Ordnung zu treffen. Bei sogenannten Rocking-Curves wird bei fester Detektorposition die Probe relativ zum Röntgenquelle leicht verkippt (d.h. der Winkel ω wird relativ zu 2θ/2 variiert). Bei perfekt orientierten Proben führt dies zu einem sehr scharfen Intensitätsverlauf, da bereits bei leichten Abweichungen von der Idealgeometrie die Bragg-Gleichung nicht mehr perfekt erfüllt ist. Weisen die Kristallite hingegen leichte Verkippungen relativ zum Substrat auf, wird diese Verteilung verbreitert. Systematische Analysen der Rocking-Breiten ermöglichen daher präzise Untersuchungen der Kristallitverkippungen in einem gegebenen System. 

- Sind die kristallinen Bereiche der Moleküle auf dem Substrat lateral ausgerichtet? (z.B. entlang der Substratkanten oder –diagonalen)

 → Phi-Scans und Polfiguren. Neben den Netzebenen, die planparallel zur Substratoberfläche liegen ("out-of-plane") gibt es auch solche, die relativ zur Probenoberfläche verkippt sind ("in-plane"). Diese weisen in einem gegebenen Kristallit eine diskrete azimutale Abhängigkeit auf, d.h. sie werden nur unter einem (oder mehreren) bestimmten Azimutwinkel beobachtet. Bei einer isotropen Verteilung von Kristalliten verschwindet diese Abhängigkeit, liegt aber eine bevorzugte laterale Anordnung vor, werden scharfe Reflexe in Azimut-Scans (sog. "Phi-Scans") beobachtet. Aus diesem Grund ermöglichen Phi-Scans und Polfiguren - hierbei handelt es sich um zweidimensionale Messungen, bei denen zusätzlich andere Winkel, z.B. die Verkippung der Probe oder die Detektorposition, variiert werden - die Analyse der lateralen Struktur von Dünnfilmen.

 

- Was ist die genaue Kristallstruktur der Dünnfilme, wie lauten die Einheitszellenparameter?

 → Reciprocal Space Map (RSM). Durch Abrasterung eines großen Bereichs des reziproken Raums können Informationen über eine Vielzahl an Beugungsreflexen gewonnen werden. Diese breite Datenbasis ermöglicht es, unbekannte oder modifizierte Kristallstrukturen zu lösen. Aufgrund der großen Zahl an Datenpunkten benötigt diese Messmethode sensitive Detektionssysteme und ausreichende Messzeit.

Beispielhafte Publikationen unserer Gruppe, in denen Röntenbeugung genutzt wurde:

  • Diffusion-controlled growth of molecular hetero-structures: fabrication of 2D, 1D and 0-Dimensional C60-nanostructures on pentacene substrates.
    Tobias Breuer and Gregor Witte
    ACS Applied Materials & Interfaces 5 (19), 9740-9745 (2013)
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  • Thermally activated intermixture in pentacene-perfluoropentacene heterostructures.
    Tobias Breuer and Gregor Witte
    J. Chem. Phys. 138 (11), 114901 (2013)
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  • Epitaxial growth of π-stacked perfluoropentacene on graphene-coated quartz.
    Ingo Salzmann, Armin Moser, Martin Oehzelt, Tobias Breuer, Xinliang Feng, Zhen-Yu Juang, Dmitrii Nabok, Raffaele G. Della Valle, Steffen Duhm, Georg Heimel, Aldo Brillante, Elisabetta Venuti, Ivano Bilotti, Christos Christodoulou, Johannes Frisch, Peter Puschnig, Claudia Draxl, Gregor Witte, Klaus Müllen, and Norbert Koch
    ACS Nano 6 (12), 10874-10883 (2012)
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  • Structural and optical properties of pentacene films grown on differently oriented ZnO surfaces.
    M. El Helou, E. Lietke, J. Helzel, W. Heimbrodt, and Gregor Witte
    Journal of Physics: Condensed Matter 24 (44), 445012 (2012)
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  • Interrelation between substrate roughness and thin-film structure of functionalized acenes on graphite.
    Tobias Breuer, Ingo Salzmann, Jan Götzen, Martin Oehzelt, Antonia Morherr, Norbert Koch, Gregor Witte
    Crystal Growth & Design 11 (11), 4996-5001 (2011)
    Full Text
  • Epitaxial growth of perfluoropentacene films with predefined molecular orientation: A route for single-crystal optical studies.
    Tobias Breuer, Gregor Witte
    Physical Review B 83 (15), 155428 (2011)
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