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Inklusive Zugänge zur Organischen Chemie für blinde und sehbehinderte Menschen

Problem- und Zielstellung

Mit dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen stellen die Vereinten Nationen das Recht behinderter Menschen auf Bildung sicher und gewährleisten die gleichberechtigte Teilhabe in einem inklusiven Bildungssystem. Im Zuge dessen soll auch der Chemieunterricht zukünftig einen barrierefreien Zugang zu den Fachinhalten bis zum Abitur bieten.
Durch die komplexen Strukturen und Prozesse und deren Abbildung in Mechanismen und Diagrammen ergeben sich für die Organische Chemie Herausforderungen insbesondere bei blinden und sehbehinderten Lernenden.
In Kooperation mit der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) entwickeln wir Möglichkeiten, die es dieser Zielgruppe erlauben, reaktionsmechanistische Problemstellungen theoretisch und experimentell weitestgehend ungehindert zu erschließen. Die hieraus hervorgehenden Lerngelegenheiten bieten dabei – im Sinne wirklicher Inklusion – auch Sehenden Vorteile beim Zugang zur Organischen Chemie.
 

Neue 3D-Modelle zu organisch-chemischen Reaktionen und Effekten

Die Organische Chemie ist – im Vergleich zu angrenzenden Fachgebieten – eine in besonderer Weise »visuelle« Wissenschaft. Zur Erklärung und Theoriebildung werden Strukturen und Prozesse unter Rückgriff auf Konzepte analysiert und daraus Aussagen zu deren potentieller Energie abgeleitet. So werden Reaktionswege beurteilt und vorhergesagt. Hierfür werden zumeist zweidimensionale Repräsentation wie Strukturformeln, Reaktionsmechanismen und Energiediagramme verwendet.
Diese Repräsentationen machen wir zugänglich, indem wir sie als dreidimensionale, taktile Modelle abbilden. Damit können Strukturen, Reaktionsschritte und übergeordnete organisch-chemische Effekte (Mesomerie, sterische Hinderung) be»griffen« werden. Analog zu zweidimensionalen Repräsentationen können so Hypothesen daraus abgeleitet und reaktionsmechanistische Problemstellungen prozessorientiert erschlossen werden.

Bisher wurden zwei von uns entwickelte Modelle veröffentlicht. Deren Bauanleitung sowie die dafür notwendigen Materialien und Druckdateien stellen wir auf den folgenden Seiten zur Verfügung:
3D-Prozessmodell organisch-chemischer Reaktionsprozesse
2D-/3D-Transformationsmodell
3D-Mesomeriemodell
 

Barrierefreie experimentgestützte Lernumgebungen

Um theoretische Erkenntnisse experimentell überprüfen zu können, stellen wir barrierefreie experimentgestützte Lernumgebungen bereit.
Diese sind auf ein Meaningful Learning ausgerichtet und entstammen unseren experimentellen Entwicklungsarbeiten, die wir an dieser Stelle um die Möglichkeit eines durchgehenden nicht-visuellen Zugangs erweitert haben.
Alle Effekte in Experimenten können mit akustischen und taktilen Messmethoden eigenständig und unmittelbar untersucht werden.
Hierzu stehen Schwellgrafiken und Chemophone für Leitfähigkeitsuntersuchungen sowie Lichtsensoren und zukünftig ein Photometer für Farbveränderungen wie Indikatorumschläge zur Verfügung.

In Zusammenarbeit mit dem Chemikum Marburg bieten wir einzelne Einheiten direkt als Workshops mit erweiterter Assistenz an.