Hauptinhalt
Proteomics - Quantifizierungsmethoden
Quantifizierung von Proteinen
An und für sich liefert die Massenspektrometrie keine direkt vergleichbaren quantitativen Daten. So ist die Ionisierungseffizienz von vielen Faktoren abhängig. Es gibt immer eine Art "Tagesform" des Gerätes, die vom Verschmutzungsgrad, ggf. Tuning-Parametern und Detektorspannungen (die meisten Detektoren altern und müssen von Zeit zu Zeit nachkalibriert bzw. irgendwann getauscht werden) abhängig ist. Um dieses Problem zu umgehen wird für Quantifizierungen ein interner Standard zur Normierung der erhaltenen Daten in immer gleicher und wenn möglich (für absolute Quantifizierung) auch bekannter Konzentration verwendet. So ist es möglich unterschiedliche Messungen, auch wenn sie länger auseinander liegen, quantitativ zu vergleichen. Allerdings gibt es an den Standard bestimmte Anforderungen. Ein idealer Standard entspricht chemisch exakt dem Analyten, mit Ausnahme der Masse. Dies kann durch den Einbau schwerer, stabiler Isotope erreicht werden (D, 13C, 15N, 18O). Gerade wenn man es mit ausgefallenen oder vielen unterschiedlichen Analyten zu tun hat stößt man dabei schnell an finanzielle bzw. auch zeittechnische (Synthese) Grenzen. In der Kleinmolekülmassenspektrometrie werden deshalb auch oft ähnliche Verbindungen als interner Standard für eine ganze Verbindungsklasse verwendet, die entweder stabile Isotope oder z.B. zusätzliche CH2-Gruppen enthalten können. Wichtig ist, dass man nicht offensichtlich die Ionisierungseffizienz (d.h. bei der ESI-MS in der Regel die Protonier- bzw. Deprotonierbarkeit der Moleküle) durch die Modifikationen beeinflusst. Zusätzlich ist aber auch die Retentionszeit relvant, da sich über die Zeit in der Regel die Lösemittelzusammensetzung ändert, die wiederum die Sprayeffizienz beeinflusst (ein hoher org. Lösungsmittelanteil ist gegenüber einem hohen Wasseranteil vorteilhaft).
In der Bioanalytik hat man es da leichter und schwerer zugleich - je nachdem wie man es sieht bzw. was man machen möchte. Es ist praktisch unmöglich für viele/alle Peptide isotopenmarkierte Pendants zur Quantifizierung heran zu ziehen. Wenn es absolut und exakt sein muss wird dies für wichtige Kandidaten aber trotzdem gemacht. Die entsprechenden kommerziell zu erwerbenden Peptide nennen sich AQUA-Peptide. Leichter deshalb, weil man schwere Isotope in Zellkultur in vivo einbauen (Stable Isotope Labeling by Amino Acids in Cell culture - SILAC; in der Regel werden die Aminosäuren auf die verwendete Protease - meist Trypsin - abgestimmt um sicher zu stellen, dass in jedem Peptid genau eine dieser Aminosäuren vorhanden ist) oder Funktionalitäten der Aminosäure-Seitenketten nutzen kann um die Peptide bei der Probenvorbereitung für die massenspektrometrische Analyse chemisch zu modifizieren. Eine Probe wird z.B. mit der "leichten" Variante, die zu vergleichende Probe mit einer schweren Variante des entsprechenden Labels derivatisiert. Die erste Methode, die sich dies zu nutze gemacht hat, war die ICAT-Methode (Isotope Coded Affinity Tags), bei der man zwei Zustände/Proben relativ zueinander vergleichen kann. Modifiziert werden dabei Sulfhydryl-Gruppen von Cystein-haltigen Peptiden, die in einem zweiten Schritt über einen Biotin-Tag angereichert werden. Heute gibt es eine Vielzahl von Methoden und Reagenzien (u.a. iTRAQ, TMT, Dimethyl-Labeling), die gegenüber ICAT diverse Vorteile bieten, mit denen man eine Vielzahl an Zuständen in einem Lauf vergleichen (10 und mehr) kann, die aber oftmals leider auch sehr teuer sind bzw. spezielle Auswertesoftware voraussetzen, die ebenfalls zum Teil teuer ist. Eine relativ günstige Variante ist das sogenannte Dimethyl-Labeling, was wir ebenso wie SILAC zur relativen Quantifizierung mit Label etabliert haben. Die Probenmodifikation erfolgt dabei bei uns im Labor anhand getesteter Protokolle. Beim Dimethyl-Labeling lassen sich max. drei Proben miteinander vergleichen.
Sollte im Analysenauftrag nicht explizit vermerkt sein, dass eine relative Quantifizierung mit Label gewünscht ist (bei Bedarf dies bitte im Feld "Comments" erwähnen), werden wir, da er experimentell einfacher ist, in der Regel automatisch den Label-freien Ansatz wählen. In einer Publikation aus dem Jahre 2006 wurde systematisch anhand von ca. 200 Proteinen untersucht wie die Ioisierungseffizienzen der resultierenden tryptischen Peptide im Vergleich zueinander aussehen. Interessanterweise hat man festgestellt, dass die Peptide mit den jeweils höchsten Ionisierungseffizienzen eines jeden Proteins mit einer akzeptablen moderaten Abweichung untereinander vergleichbar sind. Oder anders herum ausgedrückt, es macht praktische keinen Unterschied welches Protein man verdaut - es wird immer Peptide mit sehr hohen vergleichbaren Ionisierungseffizienzen geben. Diesen Ansatz machen sich inzwischen diverse Softwarepakete (u.a. MaxQuant und Proteome Discoverer) zu nutze. Für alle Peptid-IDs wird vereinfacht gesagt softwareseitig ein sogenanntes "Extract Ion chromatogramm" erstellt, dann die Fläche unter dem jeweiligen chromatographischen Peak bestimmt und die zwei bzw. drei intensivsten für ein jedes Protein werden aufsummiert bzw. gemittelt und miteinander verglichen. In den Proteome Discoverer Daten verbergen sich die Ergebnisse in der Spalte "Area". Allerdings ist es auch hier wichtig zu normieren. Hierfür verwendet man ein (oder mehrere...) nicht in der Probe vorkommendes möglichst sauberes Protein bekannter Konzentration. Damit kann man nicht nur Läufe relativ zueinander vergleichen, sondern wenn die Konzentration des Preoteins in der Probe genau bekannt ist auch Absolutkonzentrationen für alle identifizierten Proteine errechnen. Um eine bessere Statistik zu erhalten kann man technische Replikate, d.h. mehrere Messungen ein und derselben Probe, verwenden. Aus unserer Erfahrung mindestens ebenso wichtig für verlässliche Aussagen ist aber die Verwendung von min. 2 besser 3 oder mehr biologischer Replikate, da die biologische Varianz mitunter größer ist als die technische. Sind keine biologischen Replikate vorhanden werden wir technische Replikate messen.