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Forschung
Unsere Gruppe fokussiert sich auf das Design, die Synthese und die biologische Testung von Liganden, die die Aktivität eines biologischen Zielmoleküls, das eine entscheidende Rolle im jeweiligen Krankheitsgeschehen spielt, modulieren können. Basierend auf den Ergebnissen der biologischen Testung und des kristallographisch bestimmten Bindungsmodus des Liganden erfolgt dessen weitere Optimierung nicht nur im Hinblick auf die Affinität, sondern auch unter Berücksichtigung der pharmakokinetischen Eigenschaften. Liegen keine Strukturinformationen vor, werden alternativ computergestütztes Wirkstoffdesign (CADD), auch in Zusammenarbeit mit anderen Arbeitsgruppen, oder ligandenbasierte Ansätze verfolgt.
Wir synthetisieren in erster Linie kleine Molekülbibliotheken, die auf ein Target zugeschnitten sind, wobei wir sowohl die klassische als auch die moderne organische Chemie einsetzen. Diese kleinen Moleküle werden in unserer eigenen oder in Zusammenarbeit mit anderen Forschungsgruppen auf ihre biologische Aktivität getestet und in weiteren Designzyklen optimiert. Mithilfe der Röntgenkristallographie von Proteinen bestimmen wir die Bindungsmodi der Liganden, um die strukturbasierte Optimierung zu unterstützen.
Kinasen
Kinasen gehören zur Klasse der Transferasen und katalysieren die Übertragung von Phosphatgruppen von Adenosintriphosphat (ATP) auf spezifische Substrate. Während die Onkologie das wichtigste Anwendungsgebiet für niedermolekulare Kinasehemmstoffe ist, sind diese auch in der Immunologie und anderen Bereichen interessant.
In unserer Forschungsgruppe konzentrieren wir uns auf die Entwicklung und Synthese neuartiger Pim-1-Kinase und Protein-Kinase-A-Inhibitoren (PKA). Die in silico-Entwicklung erfolgt sowohl intern als auch in Zusammenarbeit mit anderen Forschungsgruppen. Die anschließende Synthese, in-vitro-Aktivitätsprüfungen und die Bestimmung der Röntgenkristallstruktur ermöglichen weitere Entwicklungszyklen.
Kernrezeptoren
Peroxisom-Proliferator-aktivierte Rezeptoren (PPARs) gehören zur Familie der Kernrezeptoren und sind ein vielversprechendes Target in der Wirkstoffforschung. Erkrankungen wie Typ 2-Diabetes Mellitus, Hyperlipidämie oder das metabolische Syndrom gehören zu den Indikationsgebieten, aber auch inflammatorische Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis.
Unsere Forschung beschäftigt sich mit der Entwicklung von selektiven PPARβ/δ-Inhibitoren auf Basis neuer Grundstrukturen. In Kooperation mit anderen Arbeitsgruppen werden diese Liganden hinsichtlich ihrer Affinität und Corepressorrekrutierung untersucht und basierend auf diesen Ergebnissen gezielt weiterentwickelt, wobei das Hauptziel auf der Optimierung der pharmakokinetischen Eigenschaften dieser Liganden liegt, um eine Anwendung in komplexen Modellsystemen, wie z. B. Nagern, zu ermöglichen.
GPCRs
G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) sind Transmembranrezeptoren und sind in eine Vielzahl physiologischer Prozesse involviert, wie z.B die Funktion verschiedener menschlicher Sinne, immunologische Prozesse oder die automatische Regulierung des Nervensystems. GPCR-adressierende Liganden sind seit langem etablierte und wichtige Wirkstoffe in der heutigen Medizin.
Im Rahmen eines multidisziplinären Projekts zu GPCR-Liganden für wenig erforschte Epitope (GLUE) befasst sich unsere Forschungsgruppe mit der chemischen Synthese solcher in silico-entworfenen Liganden und deren Optimierung, insbesondere für FFAR-, GPRC5B- und Endothelin-Rezeptoren.
Transporter
Die Solute Carrier sind eine große Proteinfamilie und umfassen etwa 400 Mitglieder. Wir sind besonders an der SLC10-Klasse interessiert, zu der NTCP, ASBT und SOAT gehören. NTCP und ASBT spielen eine wichtige Rolle bei der Zirkulation von Gallensäuren, während SOAT sulfatierte Steroide transportiert. NTCP dient auch als Eintrittspforte für das Hepatitis-B-Virus.
Matrix Proteine
VP40 ist ein Matrixprotein der Filoviren und hat verschiedene Funktionen im viralen Replikationszyklus. Es ist für die Knospung neuer Virionen verantwortlich und regelt das virale Genom und die Transkription herunter, was es zu einem interessanten und vielversprechenden Ziel für kleine Moleküle macht.
In unserer Forschungsgruppe arbeiten wir an der Entwicklung und Synthese neuartiger VP40-Inhibitoren. Die biologische Charakterisierung und die Bestimmung des Bindungsmodus erfolgt in Zusammenarbeit mit anderen Forschungsgruppen.
PROTACs
Proteolyse-Targeting-Chimären (PROTACs) sind bifunktionale Moleküle, die über einen variablen Linker miteinander verbunden sind. Ein Teil des Moleküls bindet an das Zielprotein (POI), der andere Teil ist ein Molekül, das an eine E3-Ubiquitin-Ligase bindet. Nach Rekrutierung einer E3-Ubiquitin-Ligase und erfolgter Ubiquitinylierung erfolgt letztlich der Abbau des POI am Proteasom. PROTACs haben den Vorteil, dass durch ihre Bindung das POI nicht gehemmt werden muss, sondern sie nur mit hoher Selektivität an dieses binden müssen.
Wir arbeiten derzeit an antiviralen PROTACs gegen MPro von SARS-CoV-2. Ziel ist es, PROTACs für antivirale Zielmoleküle zu entwickeln und damit neue Wirkstoffe in diesem Bereich zu etablieren.
Temporär kovalentes fragmentbasiertes Design
Das „Temporary covalent fragment-based drug design (TCFBDD)“ ist ein neuer Ansatz zur Entdeckung neuartiger aktiver Liganden. Ausgangspunkt ist ein nicht bindendes, wenig aktives Fragment. Dieses Fragment wird mit einem kovalenten Anker verbunden, so dass eine Optimierung durch Röntgenkristallographie ermöglicht wird. Ziel dieses Ansatzes ist es, die Affinität des Fragments zu seinem Ziel soweit zu erhöhen, bis ein kovalenter Anker nicht mehr benötigt wird, um den Liganden im Komplex mit seinem Target zu kristallisieren.
In unserer Forschungsgruppe arbeiten wir derzeit an der Validierung dieses neuartigen Ansatzes im Wirkstoffdesign unter Verwendung eines Modellproteins.
Für weitere Informationen:
Prof. Dr. Wibke Diederich
Institut für Pharmazeutische Chemie und
Zentrum für Tumor- und Immunbiologie (ZTI)
Philipps-Universität Marburg
Hans-Meerwein-Straße 3
35043 Marburg
Germany
tel.: +49-6421-28-25810
fax: +49-6421-28-28994
email*: wibke.diederich@staff
*Um eine richtige E-Mail-Adresse zu erhalten, fügen Sie bitte ".uni-marburg.de" an.