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Big Data & KI in der Biodiversitätsforschung
Wie können wir über 200 Jahre alte Herbariumsbelege für moderne Biodiversitätsforschung nutzen?
Die öffentliche Verfügbarkeit von Informationen zur geographischen Verbreitung und evolutionären Verwandtschaft von Pflanzenarten nimmt in den letzten Jahren explosionsartig zu. Grund dafür sind neue Techniken, z.B. in der Digitalisierung von Herbarien und Literatur, der Sequenzierung von DNA und der Fernerkundung. Allerdings fehlen durch die schnelle Datenzunahmen nun Methoden, um diese Daten verlässlich zu verarbeiten. Um das volle Potential von Big Data in der Biodiversitätsforschung zu entfalten, entwickeln wir Algorithmen und Software zur standardisierten und reproduzierbaren Analyse von großräumigen Biodiversitätsdaten mit Fokus auf georeferenzierte Verbreitungsdaten von Sammlungsbelegen. Zum Beispiel CoordinateCleaner, ein R-Paket, um die Qualität von großräumigen Verbreitungsdaten zu verbessern (Zizka et al., 2019), SampBias, ein R-Paket um den Einfluss von räumlicher Zugänglichkeit auf die Sammlungsintensität zu messen (Zizka et al. 2021) und Bio-Dem, eine Browser-app um den Einfluss politischer Rahmenbedingungen auf die Verfügbarkeit von Wissen über Biodiversität darzustellen (Zizka et al. 2021, Gewinner der 2021 GBIF Ebbe Nielsen Challenge).
Automatisierte Rote Listen durch Künstliche Intelligenz
Wie können wir so viel pflanzliche Vielfalt wie möglich für zukünftige Generationen erhalten?
Effektiver und engagierter Naturschutz ist im Angesicht der stattfindenden Biodiversitätskrise essentiell. Rote Listen messen das Aussterberisiko einzelner Arten und sind ein wichtiges Werkzeug in Naturschutzforschung, -praxis und –kommunikation. Allerdings sind oftmals nur Rote-Liste-Einschätzungen für charismatische Arten (Säugetiere und Vögel) oder Regionen mit hohen Forschungsinvestitionen (Europa, Nordamerika und Australien) verfügbar. Im Kontrast dazu existieren globale Rote-Liste-Einschätzungen in anderen Gruppen, wie den Blütenpflanzen, nur für ein Bruchteil aller Arten. Dieses Ungleichgewicht führt dazu, dass ein Großteil der globalen Biodiversität bei wichtigen Naturschutzentscheidungen nur ungenügend berücksichtigt wird. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern in Schweden und der Schweiz entwickeln wir automatisierte Beurteilungsverfahren für Rote Listen die ausgehend von Informationen aus Botanischen Sammlungen, Literatur und Fernerkundungsdaten mit Hilfe von Neuronalen Netzwerken den Rote-Liste-Status von Pflanzen- und Tierarten vorhersagen (Zizka et al. 2022). Diese Algorithmen nutzen wir dann, um den das Aussterberisiko von ganzen Pflanzengruppen, zum Beispiel den Orchideen (Zizka et al. 2022), oder Landstrichen, zum Beispiel Madagascar, abzuschätzen.