19.02.2019 Mini-Computer hilft beim Patienten-Arzt-Austausch
Projekt „PD_Pal“ setzt neue Technologien zur Behandlung bei fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung ein | EU-Förderung von 4 Millionen Euro
Bei einer Parkinson-Erkrankung können starke Bewegungseinschränkungen die Autonomie der Patientinnen und Patienten erschweren – insbesondere in der späten Krankheitsphase. Oft nimmt der Kontakt zum sozialen Umfeld sehr stark ab, was häufig auch einen nachlassenden Austausch mit behandelnden Ärztinnen und Ärzten zur Folge hat. Die Philipps-Universität Marburg ist am Projekt „PD_Pal“ beteiligt, das diese soziale Isolation mittels heimbasierter Unterstützung und neuer Technologien durchbrechen möchte. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus sechs europäischen Ländern machen sich hierfür unter anderem sogenannte Wearables, am Körper tragbare Mini-Computer, sowie Ansätze der Telemedizin zu Nutze. Das Projekt wird mit insgesamt vier Millionen Euro von der Europäischen Union gefördert und hat eine Laufzeit von drei Jahren.
Zu Beginn einer Parkinson-Erkrankung treten im Alltag in der Regel kaum Probleme auf – dank des medizinischen Fortschritts können Menschen mit Parkinson lange wie gewohnt ihren Alltag bestreiten. Werden die Symptome jedoch stärker und die Gesamtsituation damit komplizierter, leidet häufig die Beziehung zu Freunden und Familie. Auch der Austausch mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten kann darunter sehr leiden.
Innerhalb des Projekts „PD_Pal“ sollen für dieses Stadium der Krankheit neue Behandlungsstandards gesetzt werden. Die Bewegungen und kognitiven Funktionen der Patientinnen und Patienten sollen auch zu Hause erfasst werden können – mittels des „PD_Managers“, einem kleinen Mini-Computer, ähnlich einem Fitnessarmband oder einer Smartwatch, den die Patientinnen und Patienten am Körper tragen und der wichtige Körperfunktionen überwacht. Die so erfassten Daten werden dann telemedizinisch mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten ausgewertet. Darüber hinaus werden die Patientinnen und Patienten durch speziell fortgebildete Parkinson-Palliativpflegekräfte, sogenannte „Parkinson-Nurses“ zuhause betreut. Diese Pflegekräfte sind zur Komplexität der Erkrankung und damit verbundener, möglicher Problemsituationen geschult und können gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten die Patientinnen und Patienten vor Ort behandeln, aber auch beratende Gespräche zu Entscheidungen am Lebensende zu führen.
Die Projektleitung liegt bei der italienischen Universität Padua. Neben der Philipps-Universität Marburg sind das King’s College London und das University College London, die Radboud-Universität Nijmegen, die Universität Ioannina, die Estnische Gesellschaft für Bewegungsstörungen und die Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg am Projekt beteiligt. Innerhalb des Konsortiums werden die verschiedenen Teilprojekte (zum Beispiel die Erstellung von Informationsmaterialien, die Erstellung von Leitlinien, die Schulung der Parkinson-Palliativpflegekräfte etc.) in einem gemeinschaftlichen Ansatz umgesetzt. „Wir haben durch dieses europaweite Projekt die Möglichkeit, mit unseren internationalen Kooperationspartnern Kräfte zu bündeln, um die Versorgung von kritisch kranken, oft sehr komplexen Patientinnen und Patienten zu verbessern“, sagt Prof. Dr. Lars Timmermann vom Fachbereich Medizin der Philipps-Universität.
In Marburg wird das Projektvorhaben mit insgesamt 25 Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Parkinson-Krankheit in der palliativen Krankheitsphase auf die Machbarkeit getestet. Dafür erhält die Philipps-Universität Marburg 294.000 Euro von der Gesamtfördersumme. „Die Klinik für Neurologie am Marburger Standort hat durch die erfolgreiche Beantragung des EU-Projekts einmal mehr gezeigt, dass die Kompetenzen im Bereich der Parkinson-Krankheit auch international sichtbar sind und von Forschungsfördernden Institutionen positiv bewertet werden“, sagt Prof. Dr. Carsten Eggers vom Fachbereich Medizin der Philipps-Universität. „Wir haben hierdurch die Möglichkeit, Patienten durch den innovativen technologiegestützten Anteil sowie eine hochqualifizierte Parkinson-Nurse ihren Bedürfnissen entsprechend zu behandeln“, sagt Eggers.