26.10.2022 Oliver Hantschel erhält Rowley-Preis 2022

Biochemiker wird für Forschung zur zielgerichteten Therapie von Leukämien ausgezeichnet

Portraitfoto
Foto: European School of Haematology
Prof. Dr. Oliver Hantschel hat den Rowley-Preis 2022 erhalten.

Die International Chronic Myeloid Leukemia Foundation (iCMLf) hat am 21. Oktober 2022  den Rowley-Preis 2022 an Professor Dr. Oliver Hantschel vom Institut für Physiologische Chemie am Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg  verliehen. Hantschel erhält die Auszeichnung für seine wissenschaftliche Forschung zur strukturellen Biochemie von Tyrosinkinase-Onkoproteinen, die zur Beschreibung neuer zielgerichteter Wege in der Pathophysiologie der Chronisch Myeloischen Leukämie (CML) geführt haben. Mit dem Rowley-Preis wird das Lebenswerk von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ausgezeichnet, die herausragende Beiträge zum Verständnis der Biologie der CML geleistet haben. Der Preis wurde auf der 24. Internationalen John-Goldman-Konferenz, der international größten CML-Konferenz, in Mandelieu-La Napoule (Frankreich), verliehen.

Oliver Hantschel widmete einen Großteil seiner bisherigen wissenschaftlichen Laufbahn der Erforschung der Strukturbiochemie von Tyrosinkinasen und deren Inhibitoren. Das BCR-ABL Onkoprotein, welches notwendig und hinreichend für die Entstehung der CML ist, ist durch eine Vielzahl von molekularen Mechanismen in seiner onkogenen Aktivität reguliert. Prof. Hantschel entdeckte eine ungewöhnliche Bindestelle im BCR-ABL Protein für die Myristinsäure und beschrieb als erster die Möglichkeit, diese allosterische Myristoyl-Bindungsstelle zur Inhibierung der BCR-ABL Aktivität pharmakologisch auszunutzen. Diese Entdeckungen bildeten die mechanistische Grundlage und ermöglichten die Entwicklung des Medikaments Asciminib (Scemblix, Novartis). Das Medikament wurde im September 2022 in Europa und den USA für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit CML zugelassen, die zuvor Unverträglichkeiten oder Resistenzen gegenüber zwei oder mehr Tyrosinkinase-Inhibitoren gezeigt haben. Aufgrund des einmaligen von Hantschel entdeckten Wirkmechanismus besitzt Asciminib eine sehr hohe Selektivität und Wirksamkeit. Die behandelten Patientinnen und Patienten erfahren wesentlich weniger Nebenwirkungen als mit den Vorgängertherapien.

Über Oliver Hantschel

Prof. Dr. Oliver Hantschel studierte Biochemie in Regensburg und New York und begann mit dieser Forschung bereits als Doktorand am Europäischen Molekularbiologie Laboratorium (EMBL) in Heidelberg und hat mit vielen Labors weltweit zusammengearbeitet. Nach Stationen am Forschungszentrum für Molekulare Medizin in Wien und der Eidgenössisch Technischen Hochschule Lausanne, forscht und lehrt Professor Hantschel seit 2020 als Direktor am Institut für Physiologische Chemie des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg. Seine international anerkannte Forschung wird unter anderem durch einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) unterstützt.

Über den Rowley-Preis

Der Rowley-Preis wird seit 2009 verliehen. Er ist nach Prof. Janet Rowley (1925-2013) benannt. Bis zu ihrem Tod im Dezember 2013 war Prof. Rowley Blum-Riese Distinguished Service Professor of Medicine, Molecular Genetics and Cell Biology and Human Genetics an der University of Chicago. 1973 machte sie die bahnbrechende Entdeckung im Bereich der CML, als sie mit Hilfe neu entwickelter Chromosomen-Banding-Techniken nachwies, dass das Philadelphia-Chromosom durch eine Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 gebildet wird. Dies war die erste wiederkehrende chromosomale Veränderung in Tumoren, die kartiert werden konnte. Diese Entdeckung führte schließlich zur Identifizierung des Fusionsgens BCR-ABL und zur Entwicklung gezielter Hemmstoffe für dieses leukämiespezifische Onkoprotein.