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Biskuspide Aortenklappe

Klinik und Genetik der bikuspiden Aortenklappe

Die Aortenklappe befindet sich am Übergang des linken Herzventrikels in die Aorta. Sie besteht normalerweise aus drei taschenförmigen Segeln (trikuspid). Eine Abweichung hiervon stellt die bikuspide Aortenklappe (bicuspid aortic valve, BAV) dar. Bei dieser angeborenen Fehlbildung besteht die Aortenklappe aus zwei Segeln. Die BAV ist die häufigste angeborene Anomalie. Sie tritt mit einer Häufigkeit von ca. 1-2% in der Allgemeinbevölkerung auf, wobei das männliche Geschlecht ca. 3-5 mal häufiger betroffen ist. Sie kann isoliert sein, ist aber nicht selten mit genetischen Syndromen oder anderen kardiovaskulären Fehlbildungen assoziiert.

Bei der BAV sind die Öffnung und der Schluss der Aortenklappe aufgrund einer meistens vorliegenden Asymmetrie beider Segel gestört. Daher kommt es bei bis zu 25% der Betroffenen zu behandlungsbedürftigen Klappenfehlfunktionen. Die häufigste Komplikation bei Vorliegen einer BAV ist die Aortenklappenstenose. Diese kann bereits bei Geburt bestehen oder erst im späteren Erwachsenenalter auftreten.

Die isolierte BAV wird häufig erst im frühen Erwachsenenalter entdeckt. Im kompensierten Stadium der Aortenklappenstenose klagen Patienten über Ohnmachtsanfälle, Bewusstseinsverluste (Synkopen) und Schwindel. Der Schwindel beruht auf einer Mangeldurchblutung des Gehirns, die insbesondere nach Belastung auftritt. Mit zunehmender Verdickung des Herzmuskels nimmt der Sauerstoffbedarf zu, sodass es auch bei gesunden Herzkranzgefäßen zu Schmerzen in der Herzgegend kommen kann (Angina pectoris). Bei fortschreitender Vergrößerung (Dilatation) des linken Herzventrikels gewinnt die Symptomatik der Herzschwäche zunehmend an Bedeutung. Schwergradige Aortenklappenstenosen können darüber hinaus zu Herzrhythmusstörungen (z. B. Vorhofflimmern) führen.

Bei Auftreten von klinischen Symptomen bzw. bei hochgradigen Aortenklappenstenosen stellt die chirurgische Therapie den Goldstandard dar (operativer Aortenklappenersatz). Bei Patienten in hohem Lebensalter bzw. mit vielen Begleiterkrankungen kann ein Katheter-gestützter Aortenklappenersatz die Therapie der Wahl sein. Ohne Aortenklappenersatz ist die Prognose der Aortenklappenstenose bzw. BAV ungünstig.

Die große Mehrzahl isolierter BAV-Fälle ist multifaktorieller Genese, d. h. eine Vielzahl von genetischen Risikofaktoren liegt gemeinsam mit Umweltfaktoren ursächlich zugrunde. Die genetischen Riskovarianten von multifaktoriellen Krankheiten können seit einigen Jahren erfolgreich durch genomweite Assoziationsstudien (GWAS) identifiziert werden. Bei Aortenstenosen wurde bereits eine GWAS durchgeführt, wodurch erste genetische Risikovarianten im Bereich der Gene PALMD, TEX41, LPA und MYH6 gefunden wurden (Helgadottir et al. (2018) Nat Commun). Allerdings handelte es sich bei den Patienten um Fälle mit bikuspider und trikuspider Aortenklappe. Ziel des vorliegenden Forschungsvorhabens ist die Identifikation von genetischen Risikovarianten, die der bikuspiden Aortenklappe isoliert ursächlich zugrunde liegen. Gemeinsam mit den Kooperationspartnern aus Bonn ist hierfür eine GWAS an einem großen Fall-Kontrollkollektiv mit bikuspider Aortenklappe geplant.

 

Ansprechpartner

Prof. Dr. Johannes Schumacher