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Vorlesung Humangenetik für Mediziner (2. klin. Studienjahr)

Ziel dieser Reihe ist es, die Humangenetik in direkteren Bezug zur klinischen Praxis zu stellen. Es werden auch viele Fallbeispiele vorgestellt und Fallanalysen durchgeführt. 

Die klinische Humangenetik

Innerhalb der verschiedenen klinischen Fachrichtungen stellt die Humangenetik eine Querschnittsdisziplin dar. Entsprechend betreffen erbliche Krankheiten beinahe alle klinischen Fachdisziplinen. Beispielsweise werden in der Inneren Medizin, Chirurgie und Gynäkologie erbliche Tumorsyndrome, in der Neurologie erblich-neurodegenerative Krankheiten oder in der Pädiatrie Kinder mit geistigen Beeinträchtigungen häufig gesehen. Dem Humangenetiker kommt dabei die Aufgabe zu, klinische Erscheinungsbilder erblichen Krankheiten zuzuordnen und sie diagnostisch nachzuweisen. Hierdurch ist eine prognostische Einschätzung zum Krankheitsverlauf möglich. Zudem beeinflusst die Diagnose einer erblichen Erkrankung oftmals das weitere diagnostische und in zunehmenden Maße auch das therapeutische Vorgehen. Es handelt sich um personalisierte Medizin.

Eine weitere Besonderheit des Fachs Humangenetik liegt darin, dass nicht nur dem Patienten selbst, sondern seiner gesamten Familie Beachtung zukommt. So stellen sich häufig gesunde Angehörige von Patienten mit der Frage einer vorhersagenden bzw. prädiktiven Testung vor. Da das Vorliegen einer erblichen Erkrankung auch die Familienplanung beeinflussen kann, gehört die enge Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der Pränatalmedizin zum Aufgabenbereich der Humangenetik.

Die Patienten werden konsiliarisch oder im Rahmen einer humangenetischen Beratung gesehen. Hier wird entschieden, ob und ggf. welches diagnostische Vorgehen indiziert ist. Dabei muss zwischen der zytogenetischen und molekulargenetischen Diagnostik unterschieden werden. Durch die rasante Technologieentwicklung und dem daraus resultierenden Zugewinn an neuen Kenntnissen wird sie im immer größeren Umfang möglich. Wahrscheinlich handelt es sich bei der Humangenetik um das medizinische Fach mit dem gegenwärtig größten Wissenszugewinn.

 

Das Lehrangebot der Humangenetik

Im Rahmen unserer Vorlesungsreihe werden alle wichtigen erblichen Krankheitsbilder praxisorientiert vorgestellt. Dabei wurde darauf Wert gelegt, dass die Vorlesungen die einzelnen Erkrankungen gegliedert nach klinischen Fachrichtungen abhandeln. Am Ende der Vorlesung erfolgt eine Patientenvorstellung. Hier geht es darum, dass Sie die jeweilige Erkrankung durch Erheben der Eigen- und Familienanamnese diagnostizieren.

Die ersten Vorlesungen beschäftigen sich mit Krankheitsbildern, die zytogenetisch diagnostiziert werden. Es werden zytogenetische Hintergründe der Prä- und Postnataldiagnostik abgehandelt. Anschließend werden molekulargenetische Grundlagen vermittelt und entsprechende Krankheitsbilder geordnet nach der jeweiligen medizinischen Fachrichtung vorgestellt. Wissenschaftlich beschäftig sich unser Institut maßgeblich mit der Analyse multifaktorieller Krankheiten. Inwieweit die neuen Erkenntnisse auf diesem Gebiet in Form von sog. Polygenic Risk Scores die zukünftige klinische Diagnostik und Risikostratifikation beeinflussen werden, wird ebenfalls Thema der Vorlesungen sein.

Die Themen der Vorlesungen umfassen

Zytogenetik in der Postnataldiagnostik

Themen: Grundlagen der zytogenetischen und molekularzytogenetischen Diagnostik, Nomenklatur von Chromosomenveränderungen (numerisch, strukturell) und entsprechende Krankheitsbilder Besonderheit der Pränataldiagnostik, unterschiedliche Methoden der Pränataldiagnostik und ihre Einsatzbereiche, häufige Indikationen für eine pränatale Diagnostik

Übersicht Molekulargenetik

Themen: Variabilität des humanen Genoms, Architektur genetischer Krankheiten, Bedeutung des Fachs Humangenetik in der Medizin, Genetische Beratung

Hämatologisch-relevante erbliche Erkrankungen

Themen: Sichelzellanämie, Beta-Thalassämie, Hämophilie A, APC-Resistenz, Heterozygotenvorteil, Verwandtenehe, CRISPR/Cas als moderner Therapieansatz

Erbliche Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems

Themen: Noonan Syndrom, Mikrodeletion 22q11-Syndrom, Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM), Long-QT-Syndrom, RASopathien, prädiktive Diagnostik, Gendiagnostikgesetz (GenDG), Neumutationen, Keimzellmosaike

Molekulargenetische Erkrankungen – Pädiatrie

Themen: Rett Syndrom, FraX-Syndrom, Prader Willi Syndrom, Angelman Syndrom, Imprintingdefekte, Schwangerschaftsabbruch §218, Antizipation

Gynäkologisch-relevante erbliche Erkrankungen

Themen: Erblicher Brust- und Eierstockkrebs (HBOC), Adrenogenitales Syndrom (AGS), Habituelle Aborte, Polygenic Risk Scores, (Reproduktionsmedizin (u. a. ICSI))

Onkologisch-relevante erbliche Erkrankungen

Themen: Lynch Syndrom (HNPCC), Multiple Endokrine Neoplasie Typ 1 (MEN1), Multiple Endokrine Neoplasie Typ 2 (MEN2), Neurofibromatose Typ 1 (NF1), 2-Treffer-Hypothese Knudson (Keimbahn-, somatische Mutationen), DNA-Reparatur-Gene, Onkogene, Neumutationen

Neurologisch-relevante erbliche Erkrankungen

Themen: Chorea Huntington, Myotone Dystrophie, Spinale Muskelatrophie (SMA), Muskeldystrophie Typ Becker/Duchenne, Trinukleotiderkrankungen, Kopplung, indirekte Genotypdiagnostik, in-frame und frame-shift Mutationen, Antizipation

Erbliche Erkrankungen des Skelett-/Bindegewebesystems

Themen: Marfan Syndrom, Ehlers-Danlos Syndrom, Achondrodysplasie, Osteogenesis imperfecta, väterliches Alter, Pleiotropie, Neumutationen

Erbliche Erkrankungen – Innere Medizin & Endokrinologie

Themen: Zystische Fibrose, Familiäre Hypercholesterinämie, Hämochromatose, Autosomal-Dominante Polyzystische Nierenerkrankung

Änderungen vorbehalten.