12.01.2017 Prof. Dr. Gerhard Aumüller erhält Bundesverdienstkreuz
Professor Dr. Gerhard Aumüller mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet
In einer Feierstunde im Landratsamt wurde Herrn Prof. Dr. Gerhard Aumüller gestern (12. Jan. 2017) durch Herrn Staatsminister Dr. Thomas Schäfer das Bundesverdienstkreuz am Bande ausgehändigt. Der Kreis der geladenen Gäste repräsentierte die Vielzahl der Arbeits- und Themenbezüge, in denen sich Herr Aumüller seit vielen Jahren engagiert.
Frau Landrätin Kirsten Fründt zeigte sich von der Reichhaltigkeit und Intensität seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten sehr beeindruckt, die er ja nicht erst seit seiner Emeritierung 2008 entwickelt hat, sondern die auch über lange Strecken sein Berufsleben als Anatom begleitet haben.
Gerhard Aumüller initiierte den Mediziner-Chor, in dem er selbst mitsang und den er an der Orgel begleitete. Mit seinen musikalischen Beiträgen trug der Chor dazu bei, der jährlichen Bestattungsfeier für diejenigen, die ihre Körper der Anatomie und der medizinischen Ausbildung zur Verfügung gestellt hatten, einen würdigen Rahmen zu geben. Die Landrätin betonte die Verbindung zwischen einer Medizin, die gegenwarts- und zukunftsorientiert sei, mit ihrer Geschichte, um auch aus ihr Erkenntnisse zu gewinnen. So habe Gerhard Aumüller durch seine Initiative erreicht, dass die Aufarbeitung der Universitätsmedizin in der NS-Zeit in Marburg vergleichsweise sehr früh in Angriff genommen wurde. Dass es heute in Marburg ein Museum anatomicum gibt, ist ebenfalls ihm zu verdanken. Im Wissen um den wissenschaftshistorischen Wert der umfangreichen anatomischen Lehrsammlung gelang es ihm in den 1980er Jahren und mit der tatkräftigen Unterstützung seiner Frau, sie zu sichern und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein weiteres großes Verdienst ist es, dass er sich für die Transferierung des Nachlasses Emil von Behrings in die Arbeitsstelle für Geschichte der Medizin eingesetzt hat und damit die Grundlage für daran anschließende Forschungsarbeiten legte – sowie dafür, dass der Nachlass seit einigen Jahren als Schenkung der Philipps-Universität übergeben wurde. Damit hat sich Gerhard Aumüller große Verdienste um den Erhalt des Faches Medizingeschichte erworben.
Herr Staatsminister Dr. Thomas Schäfer flocht in seine Laudatio ein, er habe seine persönliche Referentin gebeten, doch etwas Passendes, vielleicht ein schönes Zitat, zu finden, um Anatomie, Medizingeschichte und Orgelmusik zu verbinden. Das Ergebnis dieser Recherche sei gewesen, es gebe nichts – außer den Namen Gerhard Aumüller! Damit brachte er es auf den Punkt, denn tatsächlich greift sein ehrenamtliches Engagement weit in die Kultur- und Landesgeschichte aus. Hier steht seine Leidenschaft für Musik, sein Einsatz für den Erhalt alter Orgeln, sicher oben an. Doch hat er sich auch literarisch betätigt. So hat er 1986 die Biographie des ersten Marburger Medizinprofessors Euricius Cordus im 16. Jahrhundert zu einem Laienschauspiel verarbeitet und ebenso im vergangenen Jahr zum Reformationsjubiläum drei Szenen über einen kirchlichen Streit vom Ende des 17. Jahrhunderts in seiner Heimatgemeinde Münchhausen geschrieben, die durch Gemeindemitglieder mit großem Engagement dargestellt wurden.
Hinzu kommt seine konstante ehrenamtliche Arbeit in den Vorständen des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde sowie des Waldeckischen Geschichtsvereins. Bedenkt man auch die Einrichtung des Euricius Cordus-Platzes in dessen Geburtsort Simtshausen sowie jüngst die Initiative für eine Dr. Marcus-Plakette in Bad Arolsen zum Gedenken an die Geschichte jüdischer Mitbürger, insbesondere jüdischer Ärzte, dann wird deutlich: Gestern wurde ein vielseitig gestaltender Arbeiter für das wissenschafts- und kulturhistorische Bewusstsein geehrt. Die Auszeichnung soll als Anerkennung und zugleich als Förderung dieses Engagements verstanden werden, so die Landrätin, verbunden mit der Bitte, diese wertvolle Arbeit auch künftig fortzusetzen.
Gerhard Aumüller, nun Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande, dankte vor allem seiner Frau und Familie, seinen Mitstreitern und Mitstreiterinnen – und kündigte das nächste Projekt an: Die Durchführung des Internationalen Heinrich Schütz-Festes in Marburg anlässlich des Reformationsjubiläums mit einer Ausstellung zum Thema „Musik des Reformationszeitalters in Hessen“ im Marburger Staatsarchiv.
Marburg, 13. Januar 2017, Irmtraut Sahmland