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Emil von Behring (1854-1917)

Emil Behring, geboren am 15. März 1854 in Hansdorf (heute: Ławice) im damaligen Westpreußen, stammte als fünftes von dreizehn Kindern eines Dorfschullehrers aus einfachsten Verhältnissen und konnte nur mit einem Stipendium an der Militärärztlichen Akademie in Berlin Medizin studieren. Das verpflichtete ihn zum Militärdienst, er tat in verschiedenen Garnisonen als Militärarzt Dienst und wurde schließlich 1888 als Assistent Robert Kochs an das Hygienische Institut der Universität Berlin kommandiert. Über seine Zeit als Student, seine Tätigkeit als Unterarzt in Wohlau und Posen, die Tätigkeit in Winzig und Posen sowie in Bojanowo berichtet er selbst in einen kurzen Lebenslauf (siehe Signatur: EvB/L 1/3).

 Bereits kurze Zeit nach der bahnbrechenden Entdeckung der Serumtherapie im Jahr 1890, die in Zusammenarbeit Shibasaburo Kitasato (1853–193) 5zustande gekommen war, wurden die Diphtherieseren am Menschen therapeutisch angewandt und retteten zahlreichen Kindern das Leben. Behring arbeitete zunächst eng mit Paul Ehrlich (1854–1915), zur selben Zeit Mitarbeiter Robert Kochs, und besonders mit seinem Freund Erich Wernicke (1859-1928) zusammen, der ihn bei der Serumgewinnung und Standardisierung unterstützte, so dass in den Farbwerken Hoechst schon 1894 mit der Produktion des Heilserums begonnen werden konnte.

Mit Hilfe seines Förderers, des Ministerialrats im preußischen Kultusministerium Friedrich Althoff (1839–1909), gelang Behring der gesellschaftliche Aufstieg. 1895 wurde er nach Marburg auf die Hygieneprofessur berufen. Die Marburger Medizinische Fakultät nahm ihn keineswegs mit offenen Armen auf, man bevorzugte einen Kandidaten, der das Fachgebiet in seiner Breite vertrat. Das Votum Althoffs gab jedoch den Ausschlag, Behring übernahm 1895 die Direktion des Marburger Hygienischen Instituts. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Kollegium unterhielt er langjährige freundschaftliche Beziehungen zu einigen Fakultätsmitgliedern, besonders aber zu Vertretern anderer Fachrichtungen wie dem Botaniker Arthur Meyer.

Durch seiner Heirat mit Else Spinola, der Tochter des Verwaltungsdirektors der Berliner Charité, Bernhard Spinola, im Jahr 1896 vollzog sich seine erfolgreiche Etablierung in Marburg auch im Privaten. Aus der Ehe gingen sechs Söhne hervor. Behring engagierte sich in der Marburger Kommunalpolitik und war bis an sein Lebensende als ehrenamtlicher Stadtrat tätig, was ihm an seinem 60. Geburtstag die Ehrenbürgerwürde der Stadt eintrug.

1904 machte sich Behring von den Farbwerken Hoechst unabhängig und gründete seine eigene Firma, das Behring-Werk oHG. Die Gewinne aus der Vermarktung seines Diphtherie-Heilserums legte er in weitläufigen Ländereien an. Bald war er der größte Grundbesitzer Marburgs und konnte 1913 eine alte Ziegelei in Marbach bei Marburg erwerben, das erste Werksgebäude, das sich am heutigen Standort der Behringwerke befand. In seinen letzten Lebensjahren zog sich Behring aus gesundheitlichen Gründen der Geschäftsleitung zurück und widmete sich bis 1915 seinen Forschungen.

Das Geld für die Firmengründung stammte zum großen Teil aus dem Preisgeld von 169.513 Mark (nach heutiger Währung etwa eine Million Euro), das Behring anlässlich der Verleihung des ersten Nobelpreises für Medizin und Physiologie „für seine Arbeit betreffend die Serumtherapie und besonders deren Anwendung gegen Diphtherie“ im Jahre 1901 bekommen hatte. Neben dieser höchsten Ehrung für einen Wissenschaftler erhielt er noch zu Lebzeiten unzählige weitere Orden, er wurde 1901 in den erblichen Adelstand erhoben und durfte ab 1903 als Wirklicher Geheimer Rat den Titel „Excellenz“ führen.

Während der arbeitsreichen Marburger Jahre als Hochschullehrer und Geschäftsmann führte Behring seine Forschungen weiter. Er entwickelte eine aktive Schutzimpfung gegen Diphtherie und konnte durch die Anwendung eines verbesserten Tetanusserums im ersten Weltkrieg vielen verwundeten Soldaten helfen. Nicht alle seine Forschungen waren jedoch erfolgreich: Sein Lebensziel, die mit großen Einsatz betriebenen Forschungen zur Entwicklung eines Heilmittels gegen die Volksseuche Tuberkulose, erreichte er nicht.

Ulrike Enke / Kornelia Grundmann