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Forschung

Photo by David Clode

Die Systemneurowissenschaften sind ein multidisziplinäres Forschungsgebiet, das die molekularen und kognitiven Neurowissenschaften umfasst. Ihr Ziel ist es, unser Verständnis für die Beziehung zwischen kognitiven Phänomenen und der physischen Materie des Gehirns zu verbessern. Mit einer Kombination aus Genetik, Verhaltenstests, Bildgebung des Gehirns und theoretischer Modellierung versuchen wir in der kognitiven Neurowissenschaft herauszufinden, wie hochrangige Funktionen wie psychopathologische Phänomene, Sprache, soziales und kulturelles Verhalten, Erwartungen und Motivationszustände mit bestimmten neuronalen Netzwerken im Gehirn zusammenhängen. Wir konzentrieren uns auf den Raum, der zwischen molekularen und zellulären Ansätzen für das Gehirn und der Erforschung höherer geistiger Funktionen besteht. Die Fähigkeit, disziplinübergreifende Forschungsbereiche wie die kognitiven Neurowissenschaften zu synthetisieren, resultiert unmittelbar aus dem einzigartigen Forschungsumfeld an der Universität Marburg.

  • Pathogenese und Verlauf psychischer Erkrankungen (FOR 2107)

    Affektive und psychotische Störungen, d. h. Major Depression, Bipolare Störung und Schizophrenie, sind komplexe und heterogene Phänotypen. Genetische und umweltbedingte Risikofaktoren tragen zu ihrer Ätiologie und ihrem Verlauf bei und stehen in Wechselwirkung zueinander. Die neurobiologischen Korrelate, über die diese Prädispositionen ihren Einfluss auf die Hirnstruktur und -funktion ausüben, sind nur unzureichend verstanden. Ziel der von der DFG geförderten Forschergruppe (FOR) ist es, klinische und neurobiologische Assoziationen von genetischen und umweltbedingten Risikofaktoren und deren Interaktion bei Ätiologie, Entstehung und Verlauf affektiver Störungen zu integrieren.

    Weitere Informationen: www.for2107.de

  • Wahrnehmung und Handlung (SFB 135)

    Die Wahrnehmung ist eine der grundlegendsten Funktionen unseres Verstandes, da sie die Hauptquelle für Informationen über unsere Umwelt darstellt. Wahrnehmung und Handeln sind eng miteinander verbunden. Unsere Sinne ermöglichen es uns, Informationen aus der Umwelt aufzunehmen, während die Wahrnehmung der Prozess ist, durch den diese Informationen interpretiert werden, eine "Sinngebung mit den Sinnen". Wir wollen Wahrnehmung und Handlung in einer Vielzahl von Bereichen anhand von drei zugrundeliegenden Prinzipien verstehen und herausfinden, wie ihre Störung zu psychopathologischen Phänomenen führt: Vorhersage, Bewertung und Kategorisierung. Diese grundlegenden Mechanismen schaffen und erhalten hochentwickelte interne Modelle der Welt. Das Gehirn ist das Organ, das diese internen Modelle ständig optimiert und uns in die Lage versetzt, den künftigen Zustand der Umwelt und die Folgen von Handlungen vorherzusagen, die potenziellen Risiken und Vorteile verschiedener Reize und Reaktionen zu bewerten und eine komplexe, kontinuierliche Welt in diskrete mentale Konzepte und Verhaltensweisen zu kategorisieren.

    Weitere Informationen: www.sfb-perception.de

  • Placebo-Forschung (SFB 289)

    Forscher wissen seit langem, dass Erwartungen körperliche Symptome, den Verlauf einer Krankheit und die Wirksamkeit von Behandlungen beeinflussen können. Die Patienten erleben so genannte Placebo-Effekte. Es hat sich gezeigt, dass eine Kapsel ohne Wirkstoff oder spezifische Informationen des Arztes starke Wirkungen haben kann. Die Erwartung des Patienten an die Behandlung ist der Schlüssel zu diesen Wirkungen.

    Dies birgt ein großes therapeutisches Potenzial. Woher kommen die Erwartungen und wie können wir sie beeinflussen? Können Behandlungsanbieter dieses Wissen nutzen, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Medikamenten und Behandlungen zu verbessern? Was geschieht im Gehirn, und welche psychologischen und neurobiologischen Mechanismen liegen der Wirkung zugrunde?

  • Störung der Sprache, des Sprechens und des formalen Denkens

    Formale Denkstörungen (FTD) treten bei den meisten psychiatrischen Störungen und bei einigen gesunden Menschen auf. Wir arbeiten an einer umfassenden, integrativen und mehrstufigen Darstellung dessen, was über FTD bekannt ist, und decken dabei genetische, zelluläre und Neurotransmitter-Effekte, Umwelteinflüsse, experimentelle Psychologie und Neuropsychologie, Gehirnbildgebung, Phänomenologie, Linguistik und Behandlung ab. FTD ist ein dimensionales, phänomenologisch definiertes Konstrukt, das klinisch in positive versus negative und objektive versus subjektive Symptomcluster unterteilt werden kann. Ätiologisch gesehen ist FTD das einzige Symptom, das bei Schizophrenie genetisch beeinflusst wird, wie Linkage-Studien zeigen, aber auch familiäre Kommunikationsmuster (anspielungsreiches Denken) wurden mit der Krankheit in Verbindung gebracht. Positive FTDs stehen in Zusammenhang mit synaptischer Rarefizierung im Glutamatsystem des oberen und mittleren lateralen Temporalkortex. Das kortikale Volumen des linken superioren Gyrus temporalis ist bei Patienten mit Schizophrenie, die eine positive FTD aufweisen, in strukturellen MRT-Studien verringert und zeigt in funktionellen MRT-Experimenten während der Sprachproduktion eine umgekehrte hemisphärische Aktivierung (rechts mehr als links). Eine Dysfunktion des semantischen Netzwerks bei positiver FTD wurde in Experimenten zum indirekten semantischen Hyperpriming (Reaktionszeit) nachgewiesen.

  • Therapeutische Interventionen

    Auf der Grundlage eines ganzheitlichen, systemneurowissenschaftlichen Ansatzes klären wir die verhaltensbezogenen, kognitiv-emotionalen und neuronalen Mechanismen von Behandlungen auf. Wir interessieren uns insbesondere für die neuronalen Korrelate der Psychotherapie, aber auch für Präparate wie Ketamin oder Techniken der elektromagnetischen Stimulation.