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Thema
Die raumsoziologische Analyse der Unterbringung von Geflüchteten in hessischen Gemeinden beleuchtet die Wechselwirkungen zwischen sozialen Prozessen und den räumlichen Gegebenheiten. Raum wird dabei nicht nur als physische Fläche gesehen, sondern als sozial geprägter und flexibler Ort, der durch Machtverhältnisse, kulturelle Bedeutungen, wirtschaftliche Bedingungen und historische Entwicklungen bestimmt wird. Die Integration von Geflüchteten verändert diesen Raum, indem ein Teil der Gemeinde für neue Bewohner*innen geöffnet wird. Dies stellt politische Akteur*innen vor die Herausforderung, die Neuankömmlinge in die bestehenden sozialen und räumlichen Strukturen zu integrieren, die durch lokale Geschichte und kollektive Identitäten geprägt sind. Dabei entstehen unterschiedliche Reaktionen in der Bevölkerung, die von Willkommenskultur über Neutralität bis hin zu Ablehnung reichen. Konfliktpotentiale entstehen besonders dann, wenn die Unterkunft als Symbol einer Verschiebung der gewohnten sozialen Ordnung wahrgenommen wird. Die Reaktionen reichen von Unzufriedenheit über die Lage und Art der Unterkunft bis hin zu rassistischen und diskriminierenden Reaktionen. Dass die Gemeinden und deren Bewohner*innen keinen Einfluss auf die Zahl der zugewiesenen Geflüchteten haben, kann die Spannungen zudem weiter verstärken. Werden die aufkommenden Konfliktpotentiale nicht rechtzeitig erkannt und angemessen bearbeitet, suchen einige Bürger*innen nach Möglichkeiten, ihre Bedenken öffentlich zu äußern und im Unterbringungsprozess eine Stimme zu bekommen. Mittels Flyeraktionen, Demonstrationen, Unterschriftensammlungen oder der Gründung von Bürgerinitiativen versuchen sie, den Druck auf lokale Entscheidungsträger*innen zu intensivieren, um ihren oftmals spezifisch ortsbezogenen Anliegen im Kontext der Unterbringung eine größere Beachtung zu verschaffen. Lokale rechte Akteur*innen instrumentalisieren zunehmend solche Initiativen, indem sie als Vertreter*innen der Gemeinde auftreten, Ängste schüren und rassistische Ansichten verbreiten.
Forschungsprojekt
Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, die Konfliktpotenziale bei der Unterbringung von Geflüchteten in hessischen Gemeinden systematisch zu untersuchen und die zugrunde liegenden sozialen sowie räumlichen Dynamiken zu analysieren. Dafür werden effektive Methoden zur Bewältigung dieser Konfliktpotenziale identifiziert, die auf etablierten Konflikttheorien und erfolgreichen Unterkunftsprozessen basieren. Ziel ist die Erstellung eines Leitfadens, der Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Konfliktpotentialen bietet und aufzeigt, durch welchen Bedingungen eine Eskalation erfolgreicher vermieden werden kann. Ein weiterer Fokus liegt auf der Analyse, wie rechte Akteur*innen aufkommende Konflikte ausnutzen, indem sie Bürgerinitiativen instrumentalisieren, um ihre ideologischen Ansichten zu verbreiten und sich als Vertreter*innen der Bevölkerung zu präsentieren.
Das übergeordnete Ziel des Projekts ist es, ein vertieftes Verständnis für Konfliktdynamiken im Prozess der Unterbringung von Geflüchteten in Gemeinden zu bekommen und somit konstruktive Lösungen zu fördern, die das friedliche Zusammenleben unterstützen und zur Konsensbildung innerhalb der Gemeinden beitragen. Zudem soll eine detaillierte Analyse der Einflussnahme rechter Akteur*innen auf lokale Bürgerinitiativen dazu beitragen, lokale rechte Strategien zu identifizieren und somit eine fundierte Grundlage für die Entwicklung gezielter Gegenmaßnahmen schaffen.