20.04.2021 Das Staatsarchiv Marburg als Central Collecting Point
Eine Ausstellungskooperation des Hessischen Staatsarchivs Marburg und des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg
Marburg im April 1945: Der amerikanische Kunstschutzoffizier Walker Hancock inspiziert die hessische Universitätsstadt auf der Suche nach nationalsozialistischem Raubgut und um den Zustand bedeutender Bauwerke zu begutachten. Nachdem bereits ein großes Kulturgüterdepot in einem Bergwerkstollen bei Siegen und weitere in Mitteldeutschland entdeckt worden waren, entschloss sich die amerikanische Militärregierung, zur Sicherung dieser Objekte im Marburger Staatsarchiv eine Sammelstelle einzurichten, die etwas mehr als ein Jahr Bestand hatte.
In dieser Zeit wurden nach und nach Kunstgegenstände aus verschiedenen Depots in das Staatsarchiv eingeliefert. Die militärische Spezialeinheit nannte sich „Monuments, Fine Arts, and Archives Section“ (kurz MFA&A). Ihre Kunstschutzoffiziere wurden aufgrund ihrer Tätigkeit informell als „Monuments Men“ bezeichnet. Die Einheit sollte die Kulturgüter, die von deutschen Einheiten aus den besetzten Ländern geraubt worden waren, zusammentragen und sie ihren ursprünglichen Besitzern wieder aushändigen. Zuvor waren die „Monuments Men“ schon der amerikanischen Frontlinie gefolgt und hatten die vor Ort befindlichen Kunst- und Kulturgüter zu schützen versucht. Im Marburger „Central Collecting Point“, der als Vorbild für weitere in Wiesbaden und München fungierte, wurden die Kunstgegenstände katalogisiert, wenn nötig restauriert und vor allem in Kooperation mit den Mitarbeitern des Kunsthistorischen Instituts und des Bildarchivs Foto Marburg unter der Leitung von Richard Hamann fotografiert.
Die Ausstellung, die als Kooperation mit dem Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg vom 21. April bis 12. September 2021 im Staatsarchiv Marburg gezeigt wird, beleuchtet die Gründungsumstände des „Marburg Central Collecting Point“ im Kontext des militärischen Kunstschutzes sowie die weitere Entwicklung der Sammelstelle. Sie verdeutlicht die politischen aber auch wirtschaftlichen Schwierigkeiten einer letzten Endes erfolgreichen deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit inmitten der von großem Mangel geprägten frühen Nachkriegszeit. Auf anschauliche Weise legt sie dar, inwieweit Marburg und die dort angesiedelten Institutionen mit ihren Akteuren in welthistorisch relevante Prozesse involviert waren – von Mai 1945 bis August 1946.
Zu der Ausstellung ist in der Schriftenreihe des Staatsarchivs Marburg als Band 39 eine Begleitpublikation erschienen. Zudem ist neben der Ausstellungseröffnung, die Corona-bedingt als Stream auf Youtube zu verfolgen ist, ein umfangreiches Begleitprogramm geplant: Neben der Präsentation des Hollywood-Films „Monuments Men“ von 2014 mit George Clooney, der die Vorgeschichte des Collecting Points präsentiert, ist eine kurzweilige Finissage im Rahmen des Tags des offenen Denkmals am 12. September 2021 geplant. Aktuelle Informationen und Details entnehmen Sie bitte der Homepage des Hessischen Staatsarchiv.
Publikation
Marco Rasch: Das Marburger Staatsarchiv als Central Collecting Point mit Beiträgen von Tanja Bernsau, Susanne Dörler, Sonja Feßel, Iris Lauterbach und Katrin Marx-Jaskulski, Marburg 2021, € 10,–. Erhältlich im Staatsarchiv Marburg bzw. Bestellungen bitte an: marburg@hla.hessen.de.
Abbildung
Der Fotograf Eugen Fink (Bildarchiv Foto Marburg) lichtet im Staatsarchiv Marburg Franz Marcs Gemälde „Hund, Katze, Fuchs“ von 1912 ab, Februar 1946 (Aufn.-Nr. LA 940/38).