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Fotostudio Sébah & Joailler

Pascal Sébah wurde 1823 in Konstantinopel geboren und entstammte vermutlich einer melkitisch-katholischen Familie. Nach dem Studium der Malerei und Miniaturmalerei in Venedig kehrte er zurück in seine Heimat. In Pera, einem Stadtteil des heutigen Istanbul, hatten sich damals bereits zahlreiche Porträtfotografen, häufig Einwanderer mit christlichem Hintergrund, niedergelassen. Sébah, über dessen fotografische Ausbildung allgemein wenig bekannt ist, gründete dort 1857 sein erstes Studio namens El-Chark („Der Osten“) gegenüber der katholischen Kirche St. Marie. Der Erfolg kam schnell und so schlossen sich weitere Studiogründungen auf der Grande Rue du Pera und dem Jardin de fleurs an. Zum Repertoire Sébahs, der sich stark am touristischen Bedarf orientierte, gehörten neben Landschafts-, Architektur- und Porträtaufnahmen auch die orientalische Genrefotografie. Über seinen Catalogue des vues d'Egypte, Nubie, Athènes, Constantinopel et Brousse konnte man mehr als 400 Fotoansichten und sechs Panorama-Bilder bestellen. Zweigstellen in Kairo und Beirut vertrieben darüber hinaus ebenfalls Abzüge der dortigen Sehenswürdigkeiten.

Internationale Anerkennung erlangte Sébah nicht nur durch seine Teilnahme an einer Ausstellung der Societé Francaise de Photographie in Paris Anfang der 1870er Jahre, sondern er erhielt weiterhin Auszeichnungen auf den Weltausstellungen in Wien (1873) und Paris (1878). Zudem überreichte ihm Sultan Abdülaziz in seinem Heimatland die Osmani-Ehrenmedaille und ernannte ihn zu seinem offiziellen Fotografen. 1881 vernichtete ein Feuer den Großteil von Sébahs technischer Ausrüstung und beinahe sämtliche Negative. Als kurz darauf sein wichtigster technischer Mitarbeiter, Antoine Laroche, das Atelier verließ und ein eigenes Studio in Kairo gründete, konzentrierte sich Sébah in den letzten Jahren vor seinem Tod 1886 vornehmlich auf die Portraitfotografie.

Sébahs Werk wurde jedoch weiterhin großes Ansehen zuteil. Der Name Sébah, als fotografische und ökonomische Marke, erlaubte es seinen Erben, das Unternehmen fortzuführen. Nach dem Tod des Gründers wurde das Atelier zunächst von dessen Onkel Cosimi Sébah übernommen. Später engagierte man den französischen Fotografen Policarpe Joaillier (1848-1904), der das Unternehmen schließlich unter dem Namen Sébah-Joaillier weiterführte. Stilistisch fotografierte er in der Tradition des Ateliergründers weiter und es entstand eine groß angelegte Serie von Landschafts- und Monumentalfotografien von Instanbul. Joaillier nahm auch einige der 1881 im Feuer zerstörten Motive erneut auf und stellte das alte Ansehen des Studios wieder her. 1890 übernahm der nun 18-jährige Sohn des Gründers, Jean-Pascal Sébah, das Geschäft.

Seit der Jahrhundertwende litt die Firma unter einem verstärkten Auftreten von unautorisierten Reproduktionen ihrer Fotografien. Sébah'sche Motive wurden von Konkurrenzfirmen massenhaft im Postkartenformat für Touristen vertrieben, wodurch die Nachfrage nach den teuren Originalabzügen sank. Um sich auf dem Markt zu halten, kaufte Jean-Pascal Sébah das Studio der Abdullah-Brüder, das zweitgrößte Fotostudio in Istanbul, auf. Im Februar 1904 starb Joaillier unerwartet und so führte der junge Sébah das Geschäft bis 1934 alleine weiter. Ein Katalog von 1932 zeigt, dass die Firma ihr Angebot kaum veränderte, doch hatte sich die Qualität der Abzüge deutlich verschlechtert. Ab 1934 übernahm Bedros Iskeder, der Sohn eines Partners von Jean-Pascal Sébah, die Firma und leitete sie bis Anfang der 1950er Jahre. Jean-Pascal Sébah starb bereits im Juni 1946.

Die lange und komplexe Firmengeschichte macht es schwierig, die Urheberschaft der einzelnen Aufnahmen eindeutig nachzuvollziehen. Hinweise geben die Signaturen: Jean Pascal Sébah hatte die Signatur seines Vaters P. Sebah um seine Initialen auf J. P. Sebah erweitert, Joaillier wiederum signierte mit Sebah & Joaillier.

Die folgende Ausstellung zeigt eine Auswahl von Positiv-Abzügen aus Istanbul und Kairo.