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Salz, Silber und Papier – Frühe Fotopositive im Bildarchiv Foto Marburg
Im Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte - Bildarchiv Foto Marburg wird Fotografie traditionell vorzugsweise in Gestalt von Negativen aufbewahrt, die für die Herstellung von fotografischen Abzügen (Positiven, Prints) nach Bedarf und Nachfrage herangezogen werden konnten. Vom dokumentarisch-archivalischen Standpunkt behandelte man das – unikale – Negativ als „Urform“, während der – potenziell multiple – Abzug lange Zeit eher als handwerkliches Derivat betrachtet wurde.
Im Zuge der Umstellung auf die digitale Technik hat sich die Bewertung dieser beiden Erscheinungsformen der Fotografie auch im Bildarchiv verändert. Negativ und Positiv erscheinen beide nun als gleichermaßen historische Formen der Fotografie in neuem Licht. Die Negative werden als kostbare Unikate weiterhin bewahrt und sind Grundlage für die neuen Digitalisate, doch werden inzwischen auch die multiplen materiellen Endprodukte, die fotografischen Abzüge (Prints), die Fotopositive, auch wo es sich um dokumentarische, also nicht unbedingt in künstlerischer Absicht produzierte Fotografie handelt, heute in ihrer besonderen Materialität beachtet, in ihrer ästhetischen Qualität und historischen Bedeutung geschätzt, gesammelt, wissenschaftlich erforscht und immer öfter auch ausgestellt.
Auch bei Foto Marburg hat man daher in jüngster Zeit begonnen die eigenen, über die Jahre angesammelten Bestände an Fotopositiven zu sichten und zu erforschen. In der Absicht, das Material einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen haben wir die Erarbeitung einer virtuellen Präsentation in Angriff genommen und diese im Wintersemester 2010/2011 zum Gegenstand eines Projektseminars mit Studierenden der Philipps-Universität gemacht. Wesentliche Arbeiten dieses Seminars sind schließlich in die Präsentation eingegangen, doch ist sie als ein offenes Projekt konzipiert und soll kontinuierlich verbessert, erweitert und gepflegt werden.
Der Marburger Bestand – „Kunsthistorischer Apparat“ und Sonderzugänge
Schon Jahrzehnte vor der Gründung des Kunstgeschichtlichen Instituts und der fotografischen Abteilung durch Richard Hamann (1913) sind Fotografien (Fotopositive auf Papier, Prints, Diapositive) als Teil eines „Kunsthistorischen Apparats“ für Lehr- und Forschungszwecke erworben worden. Abzüge auf Papier wurden von Foto Marburg später regelmäßig für den Hausgebrauch auch von den eigenen Aufnahmen hergestellt, zum einen für die über Jahrzehnte in Form von Klebeordnern genutzten Findbücher, zum anderen für den kontinuierlich weiter geführten fotografischen „Apparat“ des Instituts.
Diese Sammlung von Fotografien und Drucken verschiedenster Art, auf Pappe aufgezogen, mit Inventarnummern versehen und geordnet abgelegt, bildet den Grundstock der Sammlung fotografischer Positive des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg. Der Bestand enthält neben Fotografien und Reproduktionen geringerer Bedeutung auch hochwertige und zumeist vorzüglich erhaltene frühe Beispiele kunsthistorischer Dokumentarfotografie unterschiedlicher Techniken und Ausformungen. Besonders beachtenswert sind darunter einige Sonderzugänge, die durch Schenkungen in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach Marburg gelangt sind.
Fotografien als materielle und ästhetische Objekte
Allzu leicht gerät im Zeitalter digitaler Bildverarbeitung die materielle Qualität einer Fotografie aus dem Blick. Eine Auseinandersetzung mit der materiellen Gestalt früher Fotografien bedarf des unmittelbaren Umgangs mit dem im Archiv bewahrten Objekt, das jedoch aufgrund seiner Empfindlichkeit nicht dauernd präsentiert werden kann.
Um dieser Sachlage gerecht zu werden, sollte für diese virtuelle Ausstellung nicht nur das „Bild“, sondern auch dessen Materialität, Aufbereitung, Konfektionierung, die Spuren der Archivierung und Benutzung beachtet, thematisiert und als Aspekte der besonderen fotografischen Ästhetik beachtet werden. Ein besonderes Problem stellte schließlich die funktionale Umsetzung dieser Überlegungen in einer Online-Ausstellung dar.
Obwohl die technischen Optionen hier vielfältig sind, wie ein Blick auf die verschiedensten zugänglichen Präsentationen, gerade zur Fotografie, belegt, haben wir uns aus verschiedenen Gründen beschränken wollen und sind im Rahmen des von der Philipps-Universität bereitgestellten Content Management Systems geblieben. Entscheidender Vorteil hierbei ist die Möglichkeit, mit geringem Aufwand und ohne besondere Progammierkenntnisse in die Präsentation eingreifen, sie verändern und weiter ausgestalten zu können, womit unsere Idee einer über einen gewissen Zeitraum sich erweiternden Ausstellung in der Praxis erst umsetzbar wird.
Struktur der Präsentation
Für die Bearbeitung ausgewählt wurden aus dem Bestand Fotografien besonderer Qualität und Signifikanz, zumeist aus der Zeit vor der Gründung des Bildarchivs stammend. Sie sind in elf Gruppen eingeteilt, die jeweils bestimmten Techniken, charakteristischen Themen, Beständen oder Problemen gewidmet sind.
Auf der Gliederungsseite sind die Kapitel mit Titel und kurzen Einleitungsabschnitten vorgestellt. Auf der nächsten Ebene werden alle ausgewählten Objekte einer Gruppe mit Bildausschnitten und Kurztiteln angezeigt. In einem anschließenden Text wird der Themenkomplex ausführlicher vorgestellt.
In den erläuternden Texten sind die Namen der Fotografen mit Links hinterlegt, die zu einem biografischen Eintrag im Namensregister führen. Ebenso sind knappe Erläuterungen wichtiger technischer Termini in einem verlinkten Beitrag im Techniklexikon nachzulesen. Der einführende Text wird gelegentlich durch Links auf weiterführende Beiträge zu besonderen Aspekten des Themenfeldes ergänzt.
Innerhalb der Kapitel können die einzelnen Objekte durch Anklicken der Bildausschnitte aufgerufen werden. Sie werden vollständig, einschließlich der Trägerkartons, mit den wichtigsten Metadaten angezeigt. Eine Zoom-Funktion ermöglicht hochauflösende Detailansichten. In der Endversion der Ausstellung wird auf dieser Ebene zu jedem Objekt ein analytisch-beschreibender Text einzusehen sein, der die jeweilige Fotografie in ihren Besonderheiten erläutert und auch auf Aspekte verweist, die nur in der Anschauung des Originals erfasst werden können.
Auf Literatur wird am Ende der Texte jeweils abgekürzt verwiesen. In der Bibliographie wird die benutzte und weiterführende Literatur verzeichnet.
Die volle Funktionalität des Projektes ist im September 2011 noch nicht für alle Abschnitte erreicht. Am weitesten ausgeführt sind die Kapitel zur frühen Reisefotografie im Nahen Osten, zu den Messbildern sowie zu den Salzpapieren. Manche Texte sind noch in einem vorläufigen Zustand, vielfach sind noch Verbesserungen und Vervollständigungen nötig, die kontinuierlich umgesetzt werden
Es versteht sich, dass wir für alle sachdienlichen Hinweise zu unseren Objekten dankbar sind und uns über jegliches Interesse freuen.
Hubert Locher, Susanne Dörler