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Im Jahr 2008 übernahmen das Deutsche Literaturarchiv Marbach und das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg den wissenschaftlichen Nachlass des Bielefelder Historikers Reinhart Koselleck (1923-2006). Während der schriftliche Nachlass nach Marbach ging, verwahrt das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte den Bildnachlass des Historikers. In einem kooperativen Forschungsprojekt haben beide Institutionen den Nachlass erschlossen. Zwei internationale Konferenzen – 2009 in Marbach zum Thema „Sprache und Geschichte“ und 2010 in Marburg zum Thema „Reinhart Koselleck – Politische Ikonologie“ – sowie eine Ausstellung über „Reinhart Kosellecks Geschichte zum Sehen“ im Marbacher Literaturmuseum der Moderne im Jahr 2015 begleiteten die Erschließungsarbeiten.

Reinhart Koselleck (1923-2006) war einer der bekanntesten deutschen Historiker des 20. Jahrhunderts. Er gehörte zum Gründungsausschuss des Zentrums für Interdisziplinäre Forschung in Bielefeld und der Reformuniversität Bielefeld, wo er von 1976-1988 den ersten deutschen Lehrstuhl für Theorie der Geschichte bekleidete. Bekanntheit erlangte Koselleck insbesondere durch seine Arbeiten zur Historik, Begriffsgeschichte, Sozialgeschichte, Sprachgeschichte und historischen Anthropologie sowie als Mitherausgeber der mehrbändigen Reihe Geschichtliche Grundbegriffe. Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland (1972-1994). Einschlägige Handschriften, Typoskripte, Materialsammlungen, der Kernbestand seiner Gelehrtenbibliothek sowie der interdisziplinäre Briefwechsel mit namhaften Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts bilden den Schwerpunkt seines wissenschaftlichen Nachlasses im Deutschen Literaturarchiv in Marbach. Dieser Bestand ist über den Onlinekatagalog Kallías des Deutschen Literaturarchivs Marbach vollständig recherchierbar

Weniger bekannt wurden Kosellecks kunsthistorische und bildwissenschaftliche Interessen, und auch seine intensive Bildpraxis als Fotograf, Zeichner und Bildsammler blieben in ihrem vollen Umfang weitgehend unbekannt. Sein Bildnachlass im Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte stellt damit der Forschung reichhaltiges Material zur Initiierung neuer Forschungsperspektiven zur Verfügung.

Der Bildnachlass von Reinhart Koselleck setzt sich aus drei Unterbeständen zusammen: erstens eine medial komplexe Bildsammlung auf der Basis eigenhändiger Fotografien, zweitens einen inhaltlich mit der Bildsammlung korrespondierenden handschriftlichen Bestand, der sich in Material aus Kosellecks Privathaus in Bielefeld und aus den Räumen der Bielefelder Universität aufteilt und drittens eine die Bildsammlung flankierende Auswahl von 1.168 Bänden aus der privaten Bibliothek. Alle drei Bestände dokumentieren Kosellecks jahrzehntelange Forschungen zur politischen Ikonologie des gewaltsamen Todes und der Geschichte des Reiterdenkmals. Sie zeugen aber auch von kaum bekannt gewordenen breiten kunsttheoretischen und bildwissenschaftlichen Interessen, speziell im Bereich der Ikonik und der politischen Sinnlichkeit, die Koselleck Zeit seines Studiums verfolgte und die nun umfangreiche Bezüge zu seinem historischen Werk bereitstellen.

Während die Bildsammlung vollständig im Bildindex der Kunst und Architektur online verzeichnet ist, geben zwei Findbücher im pdf-Format die Möglichkeit zur Recherche des handschriftlichen Bestandes. Die Auswahl an Bänden aus der Bibliothek ist im OPAC Kallías des Deutschen Literaturarchivs Marbach online verzeichnet, aufgestellt und einsehbar aber ebenfalls im Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte in Marburg.

Das Projekt wurde von der Gerda-Henkel-Stiftung, Düsseldorf, und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt.

Bitte beachten Sie die Hinweise zur Benutzung des Bildnachlasses Reinhart Koselleck

Literaturhinweise: Hubert Locher und Adriana Markantonatos (Hrsg.), Reinhart Koselleck und die politische Ikonologie, Berlin 2013. Adriana Markantonatos, „Eine Fotohexerei. Einblicke in Reinhart Kosellecks Bildarchiv”, in: Heike Gfrereis und Ellen Strittmatter (Hrsg.), Zettelkästen. Maschinen der Phantasie, Marbach am Neckar 2013, S. 69-73.