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Abstract: "(K)Eine Frage der Freiheit? Selbstbestimmung im Kontext von Schwangerschaft und Geburt"

Tina Jung (Politikwissenschaft, Gießen)

Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit finden nur selten Eingang in das politische (Freiheits-)Denken – werden sie doch in der Regel als dem „Reich der Notwendigkeit“, nicht aber als dem „Reich der Freiheit“ zugehörig befunden. Im feministischen Denken insbesondere der Zweiten Frauenbewegung werden hingegen Aspekte der menschlichen Reproduktion explizit im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Lage von Frauen thematisiert. Vor allem in den einflussreichen Schriften von Simone de Beauvoir (Das andere Geschlecht) und Shulamith Firestone (Frauenbefreiung und sexuelle Revolution) erscheinen die (naturbedingten) Prozesse rund um Schwangerschaft und Geburt dabei als etwas, aus deren Zwängen frau sich vermittelt durch die medizinisch-technischen Kontrollmöglichkeiten befreien kann und muss. Anders argumentierten Hebammen und Frauen, die sich für die „Kraft der Geburt“ (Ina May Gaskin) einsetzen und darin eine Stärkung der Rolle der Frauen sehen. Aus dieser Sicht wurde kritisiert, dass Beauvoir und Firestone patriarchale Denkmuster über die Mangelhaftigkeit weiblicher Körper reproduzierten und mit ihren Freiheitsvisionen die männlich-medizinische Vormachtstellung über den Körper von Frauen verstärkten.

Diese (etwas schematische) Skizze macht bereits deutlich, dass selbst da, wo Schwangerschaft und Geburt überhaupt in freiheitsorientiertem Denken und Handeln Berücksichtigung finden, differente und mitunter konfligierende Konzeptionen von Freiheit und Selbstbestimmung zu finden sind. Dies gilt z.B. für die jeweiligen Bezugnahmen entlang der Achsen Natur/Natürlichkeit vs. Technologie/ Natur­­beherrschung, Selbstbestimmung vs. Sicherheit, Re-Traditionalisierung vs. Fortschritt.

Das ob und wie der Bezugnahme auf Selbstbestimmung im Kontext von Geburtshilfe ist nicht nur historisch hart umkämpft, sondern angesichts der fortschreitenden Medikalisierung und Ökonomi­sierung von Geburt und Geburtshilfe auch gegenwärtig Gegenstand von gesellschaftlichen Neuverhandlungen. Der Beitrag lotet die aktuellen Thematisierungsweisen von Freiheit und Selbstbestimmung rund um Geburt, Schwangerschaft, Wochenbett und Stillzeit aus und fragt vor diesem Hintergrund nach den Konturen einer feministischen freiheitsorientierten Perspektive auf Geburtshilfe.