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Nachruf auf Dr. h.c. Hans Viessmann
Unter den zahlreichen Institutionen, die dem Mäzen Hans Viessmann großen Dank schulden, steht die Philipps-Universität mit dem Marburger Universitätsbund und dem Fachbereich Chemie wohl an vorderster Stelle. Als Schatzmeister des Universitätsbundes von 1979 bis 1994 (vgl. Ahnengalerie Vorstand) hat Hans Viessmann zahlreiche Projekte finanziell unterstützt, Ausbau und Modernisierung des Sport- und Studienheims im Kleinwalsertal vorangetrieben und die Sektion Frankenberg neu aufgebaut. Im Jahre 1986 notierte Dr. Hans Viessmann, seit 1967 Mitglied des Marburger Universitätsbundes e.V. und seit 1979 dessen Schatzmeister, in einem mit „Forschung und Wirtschaft“ überschriebenen Aufsatz in der alma mater philippina: „Forschung und Wirtschaft sollten noch enger zusammenarbeiten, damit ein ausgewogenes Verhältnis von Geben und Nehmen entsteht. Forscher als Theoretiker und Wegweiser sind unerlässlich für die Anwender, Umsetzer und Pragmatiker. Wie auch umgekehrt die Wirtschaft ‚Rücklieferer und Zulieferer’ sein soll.“
Für Hans Viessmann war dies keine Sonntagsrede, er meinte es ernst. Er ging in die Gelehrtenstuben und Forschungslabors, überzeugte die Wissenschaftler von der Nützlichkeit einer Kooperation und half mit der ihm eigenen Gründlichkeit und wissenschaftlichen Genauigkeit eigenhändig bei der Lösung von Problemen. Er suchte unaufhörlich nach neuem Wissen und besseren Produkten und fand sie durch Allianzen der Kompetenz: im eigenen Betrieb und außerhalb. Er pflegte u. a. enge Kontakte mit dem Fachbereich Chemie der Philipps-Universität, um in partnerschaftlicher Zusammenarbeit Werkstoffe entscheidend zu verbessern und mit Spitzentechnologie zu einer Weltfirma aufzusteigen. Viessmann hat Stahl zum wichtigsten Werkstoff seines Kesselbauunternehmens gemacht und die Vorteile dieses Materials gegenüber dem früher allein verwendeten Gusseisen als Erster erkannt. Weitere Forschungen über keramische, kunststoffverarbeitende und elektronische Technologien führten ihn zum Bau von raumfüllenden Kühlzellen, die er in seiner Geburtsstadt Hof produzieren ließ.
Schöpferischer Unternehmer und ein Freund der Universität
Die frühe Bundesrepublik hat viele Unternehmer gekannt, die nach spektakulären Erfolgen im „Wirtschaftswunderland“ beim ersten Stocken der Konjunktur abstürzten und nie wieder auf die Beine fanden. Hans Viessmann dagegen hat von Beginn an den dauerhaften Erfolg gesucht. Er war ein schöpferischer Unternehmer im Sinne von Schumpeter: innovativ und risikobereit, dabei aber stets exakt kalkulierend. Als der damals 30-Jährige 1947 nach Kriegsdienst und Gefangenschaft den väterlichen Maschinenbaubetrieb in Allendorf übernahm, standen ihm 35 Mitarbeiter zur Seite, als er 1991 das Weltunternehmen seinem Sohn Martin übertrug, waren es 6900. Hans Viessmann war ein Freund der Arbeit und der Natur, ein Förderer von Kunst und Wissenschaft. Er brachte die Arbeit zu den Menschen, siedelte seine Unternehmen bevorzugt in strukturschwachen Gebieten an und leistete Beachtliches für den Umweltschutz. Er ließ erhaltenswerte Kulturgüter restaurieren und gründete eine Stiftung mit Schwerpunkten in der Denkmalpflege und der Förderung von Modellprojekten in Alten- und Pflegeheimen. Das verstand er unter unternehmerischer Verantwortung. Ausgestattet mit einem ausgeprägten Sinn für Ästhetik akzeptierte er nur zweckmäßige und gut gestaltete Produkte. Seine Zusammenarbeit mit Professor Anton Stankowski hat den Viessmann-Produkten zahlreiche Auszeichnungen für hervorragendes Design beschert. Ganz besonders aber förderte er die Aus- und Weiterbildung sowie die Wissenschaften, wobei die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern weit oben auf seiner Prioritätenliste stand.
In Anerkennung seiner großen Verdienste hat ihm die Philipps-Universität bereits 1968 die Silberne Philipps-Plakette und der Fachbereich Chemie 1983 den Ehrendoktor verliehen. Der Universitätsbund hat ihn 1997 mit dem Karl-Winnacker-Preis geehrt.
Hans Viessmann ist am 30. März 2002 im Alter von 84 Jahren gestorben.
Prof. Dr. Peter Borscheid