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Köln, Koblenz

25. bis 29. Juli 2014

Auch die längste Konzertreise beginnt mit einer einzelnen Busdurchsage! Nach längeren und aufwändigen logistischen Vorbereitungen konnte der Chor an einem wunderschönen Freitagnachmittag endlich an den Rhein aufbrechen. Während der Fahrt wurden erste Gehversuche im Singen größerer Mengen lateinischsprachiger katholischer Liturgie unternommen – für den Unichor nicht schwer, aber alles andere als Routine, ist er doch erst einmal gar kein Kirchenchor, aber vor allem kein katholischer Kirchenchor. (Mehr dazu siehe Sonntag!)

Die komfortable, aber leider glühend heiße und (als Hochhaus) schlecht zu lüftende Kölner Jugendherberge nahm den Unichor nach einer ansonsten ereignislosen Busfahrt gastlich in Empfang, und nach dem ersten einer ganzen Reihe von Besuchen in traditionellen Brauhäusern und einem Abend am Rheinufer fühlte man sich in Köln schon geradezu zu Hause.

26. JULI – SAMSTAG

Am nächsten Tag stand das nähere Kennenlernen der Stadt auf dem Plan, mit einer Führung unter dem Motto „Histörchen, Originale und Spezialitäten“, bei der unter anderem viel über die legendären Kölner Heinzelmännchen, den (ebenfalls legendären, aber sicherlich realeren) Kardinal Frings oder auch die Witzfiguren Tünnes und Schäl zu hören war. Nicht zuletzt konnte man auch lernen, dass das echte Kölnisch Wasser nichts mit der Zahl 4711 zu tun hat, und dass man nun einmal nie wissen kann, welcher Knecht aus dem Krieg als General zurückkommen wird. Danach rief allerdings die Pflicht: Der Chor stellte sich auf der Domplatte auf, um singend noch letzte Werbung für das Konzert am Abend zu machen. Das funktionierte erstaunlich gut, und umso motivierter ging es dann in die letzte Probearbeit.

Bis zum Konzert konnte noch etwas Zeit mit Kaffeetrinken, Flanieren oder Dösen verbracht werden; unter anderem wurde ein Tippspiel organisiert, bei dem darauf gewettet werden konnte, wie viel Publikum wohl kommen würde. Bei einem ersten Konzert in einer neuen Stadt kann man schließlich (wenn man nicht weltberühmt ist) überhaupt nicht abschätzen, wer so alles auflaufen wird. Auch wenn die ca. 1.000 Plätze der Trinitatiskirche nicht annähernd benötigt wurden, war das Interesse für das Konzert doch achtbar. Spannend war es vor allem, das ganze Konzertprogramm noch einmal zu wiederholen – normalerweise sind die Konzerte des Unichors ja „Eintagsfliegen“, die ein Semester abschließen und dann nie wieder genauso aufgeführt werden. So jedoch gab es die Möglichkeit, nach dem Marburger Konzert noch einmal – und nach weiteren Proben – mit demselben Programm aufzutreten, und das auch noch in einer Kirche mit einer vielgerühmten Akustik.

Danach ging es – wohin wohl? In ein traditionelles rheinisches Brauhaus. Und spätetens jetzt machte sich endgültig eine euphorische Schulausflugsstimmung breit. Gilt der Unichor unter Insidern ohnehin als immerwährende (und altersgruppenübergreifende) Klassenfahrt, darf eine Konzertreise als nochmalige Steigerung dessen betrachtet werden. Allzu spät durfte es aber nicht werden, denn am nächsten Tag sollte es erst richtig rund gehen:

27. JULI – SONNTAG

Eigentlich passten an diesem Tag einige Dinge nicht zusammen – Studenten, die weit vor 9 Uhr aufstehen; junge Menschen, die gespannt auf einen Gottesdienst warten oder eine musikalische Abordnung einer protestantisch geprägten Universität in einer Hochburg des deutschen Katholizismus. Und dennoch war die Mitwirkung des Unichores am sonntäglichen Hochamt im Kölner Dom ein harmonischer Höhepunkt der Konzertreise.

Foto: Lukas Haag

Der Chor trug nicht nur Werke des Jubiläumsprogramms zum sehr gut besuchten Gottesdienst bei, sondern übernahm durch das Intonieren liturgischer Partien auch eine offizielle Rolle. Im Anschluss an diesen musikalischen „Dienst“, der hier in Bild und Ton abrufbar ist, erläuterte und demonstrierte der diensthabende Organist die große Klais-Orgel im Querschiff. So ergab sich unter anderem die Möglichkeit, eines der drei weltweit realisierten „Vox balaena“-Register (zu Deutsch: „Stimme des Walfischs“) zu hören. Auf der sehr belebten Domplatte brachte der Chor in schönstem Sonnenschein anschließend ein weiteres Mal Ausschnitte des weltlichen Programmes zu Gehör und erhielt dabei nicht nur ehrlichen, teilweise erstaunten Applaus, sondern auch Spenden.

Nach dem offiziellen Teil des Morgens wurde die Zeit bis zur Abfahrt nach Koblenz in Eigenregie gestaltet: Beim Restaurantbesuch, Stadtspaziergang, Eisessen oder Postkarten-Schreiben konnte Köln bei idealem Wetter genutzt – oder die Stadt verlassen werden, wenn Pflichten in Marburg zu Wochenanfang riefen. Zwar hatten sich alle Weiterfahrenden am Nachmittag rechtzeitig an der Jugendherberge wiedereingefunden, da der bestellte Bus aber noch auf der Rückfahrt von Spanien (!) im Stau stand, verlängerte sich die Wartezeit ungeplant. Dank des erfolgreichen Krisenmanagements des Vorstandes – es galt, das in der Jugendherberge bestellte Abendessen zu erreichen – stellte die Busfirma nach einigen Telefonaten einen Ersatzbus zur Verfügung – und Koblenz, der unvergessene Rezeptionist Markus und das Abendessen konnten rechtzeitig erreicht werden. Das Beisammensein bei Getränken, Knabbereien und Spielen während des Sonnenuntergangs auf der Terrasse der Jugendherberge hoch über der Stadt schloss den ereignisreichen Tag stilvoll ab.

28. JULI – MONTAG

Nach einer Nacht in sicheren Festungsmauern und Frühstück auf der Terrasse standen erneut einige Stunden zur freien Verfügung, die dem Wetter gemäß je nach Neigung auf dem Spielplatz, in der Seilbahn hoch über dem Rhein, am Flussufer oder in der Stadt verbracht wurden...

Mit einer Probe um 15 Uhr begann der offizielle Teil des Tages in der Florinskirche, die sich wegen ihrer schlichten Gestaltung und guten Akustik als wunderbarer Auftrittsort entpuppte. Zwar war das Konzert am frühen Abend nicht besonders stark besucht, aber neben „Nachbarinnen“ aus der Jugendherberge, die der beim Frühstück ausgesprochenen Einladung gefolgt waren, waren auch Freunde und Familie von SängerInnen angereist. Auch wenn in diesem Konzert das Jubiläumsprogramm zum dritten Mal vollständig aufgeführt wurde, hatte sich noch keine ermüdende Routine eingeschlichen, vielmehr stellte sich gegen Ende eine gewisse Wehmut ein, denn auch die Konzertreise neigte sich nun gefühlt dem Ende zu.

Zünftig sollte deshalb auch das Abendessen gemeinsam in einem traditionellen Brauhaus (wo sonst) eingenommen werden, dessen urige, mehr oder minder klimatisierte Atmosphäre in einer kälteren Jahreszeit sicher stimmiger gewirkt hätte. Bei großen Portionen wurde mancher Durst gestillt, Dank ausgesprochen und Bilanz gezogen, bevor die meisten zum Treffpunkt der Nachtwächter-Führung aufbrachen.

Zwei Unikate vermittelten dem aufgeteilten Chor in beinahe identischen Formulierungen durchaus interessante Anekdoten aus der Koblenzer Stadtgeschichte. Aber auch abseits „offizieller Lerninhalte“ gab es Einiges zu bemerken und kommentieren; und schlussendlich bewies der Chor, dass er nicht nur singen, sondern auch laut klatschen kann – sehr zum Missfallen der Anwohner.

Trotz des relativ weiten Rückwegs zur Jugendherberge schlossen sich viele einem Spaziergang zum Deutschen Eck – dem Zusammenfluss von Rhein und Mosel zu Füßen einer monumentalen Kaiser-Wilhelm-Reiterstatue – an, das sich in der milden Witterung des Abends und idyllisch illuminiert durchaus als Kulisse oder Illustration für so manches Werk aus dem Repertoire des Unichores anzubieten schien. Wer sich anschließend auf dem Rückweg zur Jugendherberge allerdings übermütig gegen eine „Abkürzung“ mit dem Aufzug entschieden hatte, konnte sich an diesem Abend die Dusche sparen... Aber nach einem warmen, erfüllten Tag machten die paar Tropfen, die restlos alles durchweichten, ja nichts aus.

29. JULI – DIENSTAG

Eher trüb begrüßte der Abreisetag diejenigen, die sich nach dem Frühstück einer Führung auf der Festung Ehrenbreitstein anschlossen, um die Geschichte der vorher bewohnten Anlage kennen zu lernen. Ein informativer Spaziergang durch Mittelalter, Neuzeit, Nachkriegszeit und Gegenwart endete schließlich in der Festungskapelle, deren Akustik mit einem Dankesständchen für die Fremdenführerinnen getestet wurde. 

Nach einem abschließenden Mittagessen und der Demonstration kollektiver, chorischer Stärke – alles Material musste zum recht weit entfernten Busparkplatz getragen werden – und einem Zwischenhalt bei der St. Florinskirche zum Einladen des Konzertequipments ging es für den Chorleiter ab Koblenz-Bahnhof Richtung wohlverdienten Urlaub und für den Chor mit dem Bus gen Marburg. Die recht zügige Rückfahrt wurde je nach Vorliebe produktiv genutzt: Schlafend, lesend, oder über die Zukunft des Chores phantasierend.

Pünktlich in Marburg angekommen stellte sich vor allem bei den Verantwortlichen das „Klassenfahrtsgefühl“ ein: Alles/alle heile angekommen? Jetzt muss sich erst einmal erholt werden!

Die Konzertreise nach Köln und Koblenz war gewiss ein gelungener Abschluss des Jubiläumssemesters. Der Chor hatte so nicht nur die Möglichkeit, das Programm mehr als einmal aufzuführen, sondern wurde auch mehr „Gemeinschaft“ – und sammelte nebenbei ergiebiges Material für den Anekdotenschatz. Dank gebührt neben dem Chorleiter Nils Kuppe für die musikalische Betreuung vor allem dem Kassenwart Lukas Haag, der diese Reise fast im Alleingang realisiert hat. Auch den Vorsitzenden Miriam Schlicht und Margarita Lange sei hier gedankt: für ein erfolgreiches Jubiläumssemester mit besonderem Abschluss.