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Promotionsprojekte

Hier finden Sie die Promotionsprojekte der aktuell am Forschungs- und Dokumentationszentrum Kriegsverbrecherprozesse beschäftigten oder assoziierten Doktorand:innen Alexander Benz, Alexander Cramer, Linn-Sophie Löber und Lucie Kahlert.

  • Alexander Benz: „Reformbedürftigkeit der StPO im Hinblick auf völkerstrafrechtliche Verfahren“ (Arbeitstitel)

    In diesem Projekt liegt ein besonderes Augenmerk auf der erhobenen Forderung, die deutsche Strafprozessordnung sei im Hinblick auf völkerstrafrechtliche Verfahren zu überarbeiten, um deren besonderen Gegebenheiten besser gerecht zu werden. Zentrales Element der Dissertation ist dabei eine Untersuchung solcher Verfahren vor dem Staatsschutzsenat des OLG Frankfurt, welche im völkerstrafrechtlichen Kontext angesiedelt waren. Hierzu werden im Wege einer qualitativen Sekundäranalyse die durch das Trial-Monitoring-Projekt des ICWC an der Philipps-Universität Marburg im Rahmen der Prozessbeobachtung erstellten Tagesberichte ausgewertet. Zur Absicherung hieraus erwachsender Erkenntnisse sind qualitative Interviews mit den beteiligten Prozessparteien angedacht. Nach Auswertung des Materials wird versucht, zu den tatsächlich aufgefundenen Problemen Lösungsansätze zu entwickeln und zu diskutieren.

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  • Alexander Cramer: „Verstrickung, Kollaboration, Belastung? Die Rolle der Fuldaer Stadtleitung und Stadtverwaltung im Nationalsozialismus“ (Arbeitstitel)

    Dieses Projekt blickt auf die Durchsetzung nationalsozialistischer Herrschaft auf kommunaler Ebene am Beispiel der osthessischen Stadt Fulda. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Rolle, die Oberbürgermeister, Bürgermeister und Stadtverwaltung spielten. Fulda bietet sich als streng katholische Stadt, in der das Zentrum noch bei den Kommunalwahlen 1933 die absolute Mehrheit errang, als Untersuchungsgegenstand an, da auch über den lokalhistorischen Horizont hinausgehend Erkenntnisse zum Verhältnis von Nationalsozialismus und Katholizismus und der Durchdringung des katholischen Milieus gewonnen werden sollen. Dabei spielen exponierte Akteure, die den Nationalsozialismus salonfähig machen konnten, ebenso eine wichtige Rolle wie die Kooperationsbereitschaft und die Freiräume der kommunalen Verwaltung. Fragen nach individueller Belastung schließen sich dementsprechend an, wobei der Begriff als analytische Kategorie in der Geschichtswissenschaft bisher unzureichend definiert ist, weshalb diese Arbeit einen Beitrag zur Begriffsschärfung und zur Ausleuchtung eines definitorischen Vorfelds von (oft mit juristischer Schuld assoziierter) Belastung leisten will.

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  • Linn-Sophie Löber: „Täterinnen im völkerstrafrechtlichen Kontext: Aufarbeitung und Erinnerungsbildung nach Massengewalt“ (Arbeitstitel)

    In diesem Dissertationsprojekt steht die Frage im Mittelpunkt, ob – und falls ja, wie – der Transformationsprozess in der post conflict-Phase genutzt werden kann, um in der betroffenen Gesellschaft Frauenrechte zu stärken, Geschlechtergerechtigkeit zu fördern und die patriarchale Herrschaft in Frage zu stellen.
    Untersucht werden die Zusammenhänge zwischen der Transitional Justice-Phase und der Ausbildung des politischen Gedächtnisses, nachdem eine Gesellschaft den Ausbruch von Massengewalt erlebt hat, sowie der Einfluss beider Elemente auf die (Re-)Konstruktion des Geschlechterverhältnisses in der post conflict-Phase.
    Dabei stellt sich insbesondere die Frage, welche Rolle der Berücksichtigung bzw. Nicht-Berücksichtigung von Täterinnen, Bystanderinnen und Profiteurinnen in Völkerstrafrecht und Outreach-Programmen zukommt.
    Denn Täterinnen sind historische Realität. Sie von Geschichtspolitik und gesellschaftlichem Erinnern auszuschließen, kommt einer Verfälschung gleich, deren Ursachen in patriarchalen Deutungsmustern der Vergangenheit zu suchen sind. Schließlich könnte der Bruch mit solchen Mustern in der Geschichtspolitik langfristig Breitenwirkung entfalten und weitere Bereiche wie die Außenpolitik oder die Ausgestaltung zwischenstaatlicher Beziehungen progressiv beeinflussen.

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  • Lucie Kahlert: "‚unter ihnen auch unschuldige Frauen und Kinder‘: Geschlechtsspezifische Argumentation im Völkerstrafrecht. Das Beispiel der Nürnberger Prozesse 1945-1949." (Arbeitstitel)

    Im Mittelpunkt dieses Dissertationsvorhabens steht der Gebrauch der Paarformel FrauenundKinder. Diese tritt nicht nur immer wieder in der aktuellen Medienberichterstattung auf, insbesondere dann, wenn es um Gewaltkonflikte und deren Folgen, auch Flucht und Zwangsmigration, geht, sondern findet auch Eingang in Reden oder Debatten des öffentlichen Diskurses. So entsteht der Eindruck, als sei sie ein fester Bestandteil der gesellschaftlichen Lexik geworden. Mein Fokus liegt auf der Verwendung von FrauenundKinder, ohne dass Gewalt in einem besprochenen Tatbestand ausschließlich und konkret Frauen und Kinder beträfe. Dadurch erscheint die Paarformel semantisch vage und es kann der Eindruck entstehen, sie diene nur noch zur Stützung staatlicher Absichten oder zur Emotionalisierung. Vor diesem Hintergrund strebe ich in meinem Forschungsvorhaben an, den Gebrauch der Paarformel FrauenundKinder und deren Proxy-Variablen während des International Military Tribunal in Nuremberg 1945/46 sowie des Trials of War Criminals before the Nuernberg Military Tribunals 1946-1949 zu untersuchen. Das Ziel besteht darin, anhand der Verwendung der Paarformel in rechtlichen und gerichtlichen Kontexten wie den Nürnberger Prozessen zu verdeutlichen, wie (juristische) Sprache nicht nur als neutrales Kommunikationsmittel fungiert, sondern auch normative Vorstellungen von Schutzbedürftigkeit und Opferrollen reproduziert und konstruiert und dadurch die juristische Wahrnehmung und Bewertung von Tatbeständen beeinflusst.

    Kontakt: lucie.kahlert@uni-marburg.de