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Recht, Gerechtigkeit und soziale Konflikte: Aus dem NSU-Prozess lernen?

Foto: Werner Distler

Studienreise, München, 02.-08.12.2018

Vom 02.-08. Dezember 2018 reisten Teilnehmer_innen des Seminars "Recht, Gerechtigkeit und soziale Konflikte: Aus dem NSU-Prozess lernen?" nach München, wo im Juli 2018 der NSU-Prozess abgeschlossen wurde.

Entgegen der über Jahre andauernden Darstellung waren die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) nicht Opfer von „milieuspezifischer Gewalt“, sondern von extrem rechtem Hass. Während die Angehörigen und Betroffenen von Beginn an auf einen möglichen extrem rechten Hintergrund der Taten verwiesen, folgten sowohl die Ermittlungsarbeit als auch die Berichterstattung rassistischen Mustern. Auch der Prozess brauchte keine Befriedung und enttäuschte viele Erwartungen. 

Während der Studienreise wurde die Auseinandersetzung um die Deutung des NSU-Komplexes zum Anlass genommen, um Verbindungen zu tieferliegenden gesellschaftlichen Konflikten herzustellen und nach den Ursachen für die scheinbar nicht zu vereinbaren Lesarten zu suchen. Dabei wurde insbesondere auch die Rolle des Gerichtsprozesses für die Deutungsgeschichte in den Blick genommen.

Die Teilnehmer_innen stellten sich insbesondere die folgenden Fragen: Welche sozialen und gesellschaftlichen Konflikte kommen in der Aufarbeitung des NSU-Komplexes zum Ausdruck? Für wen gilt das Recht auf Gerechtigkeit und Aufklärung von Straftaten? Welche Verständnisse von Recht und von Staatlichkeit trafen im NSU-Prozess aufeinander und welche Gerechtigkeitsbegriffe kollidierten? Und hat der Prozess selbst dazu beigetragen, diese Probleme zu überwinden? Nicht zuletzt wirft der NSU-Komplex die Frage auf, wie die deutsche Gesellschaft ihre eigene koloniale und Nachkriegs-Vergangenheit verhandelt und wie das Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft gestaltet werden kann und sollte. 

Im Verlauf der Studienreise kamen die Teilnehmer_innen mit Mitarbeiter_innen von NSU-Watch, Bayrischem Rundfunk und dem Magazin der Süddeutschen Zeitung ins Gespräch, die über den NSU-Prozess berichtet haben. Zudem sprachen sie mit Mitgliedern des bayrischen NSU-Untersuchungsausschusses und besuchten Gedenkstätten, die Opferberatung "before" sowie die griechisch-orthodoxe Gemeinde.

Projektleitung: Tareq Sydiq und Maria Ketzmerick