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Arbeitsgruppe 24/1 Michael Foucault und die Ideengeschichte. Zur Archäologie der Wissenschaftsgeschichte (2011–2013)
Mit karikierenden Bemerkungen versah Michel Foucault die Anhänger einer Geschichtsforschung, die für ihn selbst bei allem Sarkasmus doch ein wiederkehrender Gegenstand der Auseinandersetzung blieb – die Ideengeschichte. Foucaults Reibungen daran sind als Teil der Wissenschaftsgeschichte anzusehen, sein produktiver Konflikt mit der Ideengeschichte umfasst die frühen Texte über die "Geburt der Klinik" – noch als ideengeschichtliche Studie apostrophiert – und die "Archäologie des Wissens" – mit der vermutlich deutlichsten Abgrenzung der eigenen Archäologie von der Ideengeschichte – ebenso wie noch die letzten, die Ethik des klassischen Altertums variierenden Bücher über Sexualität und die "Sorge um sich".
Die Arbeitsgruppe "Foucault und die Ideengeschichte. Zur Archäologie der Wissenschaftsgeschichte" wendete sich erstens dem Verhältnis Michel Foucaults zur Ideengeschichte aus wissenschaftshistorischer Perspektive genauer zu. Welche ideengeschichtlichen Texte und Diskurse über Ideengeschichte begleiten die Auseinandersetzung Foucaults mit diesen Forschungsgrundlagen, welche (aktuellen) Positionen der Ideengeschichte waren Foucault bekannt – oder nicht bekannt – und in welcher Form ist diese Auseinandersetzung rezipiert worden?
Ein zweiter Aspekt war die Annäherung an die gegenwärtige Renaissance der Ideengeschichte und an den Anteil Foucaults daran. Die aktuelle Wiederkehr der Ideengeschichte war aus dieser Sicht ebenso zu thematisieren wie die Rezeptionsgeschichte Foucaults im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert. Überraschenderweise war es gerade durch das Engagement bedeutender deutscher Foucault-Kenner (Ulrich Raulff, Ulrich Johannes Schneider) in den letzten Jahren zu einer erneuten Beachtung der Ideengeschichte als historischem und auch geschichtspolitischem Forschungszugang gekommen.
Drittens sollte die Arbeitsgruppe aber auch Gelegenheit dazu geben, in einem weiteren Sinne über die Idee und die Ideengeschichte der wissenschaftshistorischen Forschung nachzudenken. Die Mitte der 1990er Jahre von Berlin ausgehende neuere Schule der Wissenschaftsgeschichte (Hans-Jörg Rheinberger, Michael Hagner, Bettina Wahrig-Schmidt) bezog sich explizit auf Foucault. Auch die neuesten Tendenzen einer so genannten "Wissensgeschichte" sind ohne Foucault ebenso wenig denkbar, wie diese methodischen Erneuerungen nicht ohne Bezug zu einer "neuen Ideengeschichte" zu denken sind. Das Werk Foucaults und die Volten seiner Rezeptionsgeschichte geben Anlass, allgemein über Wissenschaftsgeschichte in ihren Methoden und Politiken ideengeschichtlich vergleichend zu recherchieren und zu reflektieren.
Die Arbeitsgruppe "Foucault und die Ideengeschichte. Zur Archäologie der Wissenschaftsgeschichte" wurde von Doktorandinnen und Doktoranden der Philipps-Universität Marburg organisiert, die am Portal Ideengeschichte mitwirkten.
Tagung "Michel Foucault und die Ideengeschichte"
Am 16.–17. November 2012 fand in Marburg die Tagung "Michel Foucault und die Ideengeschichte. Zur Archäologie der Wissensgeschichte" statt. Die Veranstaltung berührte Themen der Wissenschaftsgeschichte und der Methodologie der Geschichtsforschung ebenso wie die Intellektuellensoziologie. Zur Tagung gehörte eine Podiumsdiskussion über "Interdisziplinarität – eine politische Idee und ihre Geschichte."
Weitere Informationen zur Tagung finden Sie auf der Tagungswebseite, im Flyer (PDF) und im Tagungsablauf (PDF).
Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20. November 2012.
Die Beiträge zur Tagung "Michel Foucault und die Ideengeschichte. Zur Archäologie der Wissensgeschichte" sind unter dem Titel "Foucault und/oder Ideengeschichte?" als Themenheft der Zeitschrift "kultuRRevolution" erschienen. Mit Texten von Michael Bräustetter, Nicolai von Eggers, Holden Kelm, Jan-Paul Klünder, Martin G. Maier, Kalani Michell, Florian Mildenberger, Hans-Peter Neumann, Holger Oppenhäuser, Morten Paul, Jörg Probst und Nina Schumacher.
Ehemalige Mitglieder
- Jan-Paul Klünder
- Nina Schumacher
- Jörg Probst
- Martin Maier