Centrum
Das Marburger Centrum Antike Welt ist ein Zusammenschluss altertumswissenschaftlicher Disziplinen aus den Fachbereichen 05 (Evangelische Theologie), 06 (Geschichte und Kulturwissenschaften) und 10 (Fremdsprachliche Philologien) der Philipps-Universität Marburg, verstärkt durch je eine Professur aus den Fachbereichen 01 (Rechtswissenschaften) und 16/20 (Pharmazie/Medizin). Hierzu gehören die Alte Geschichte, Altes Testament, Altorientalistik, Bürgerliches Recht und Römisches Recht, Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte, Geschichte der Alten Kirchen und des Christlichen Orients, Geschichte der Pharmazie und Medizin, Gräzistik, Historisch-Vergleichende Sprachwissenschaft, Klassische Archäologie, Latinistik, Neues Testament, Religionsgeschichte, Semitistik und Vor- und Frühgeschichte. Außerdem sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Wirtschaftswissenschaften, der Medizin und der Religionswissenschaft assoziiert. Damit ist das Marburger Centrum Antike Welt in seiner Form einmalig in der deutschen Universitätslandschaft und bildet das Kompetenzzentrum für die Antike in Hessen.
Das Marburger Centrum Antike Welt dient als Forum zur Intensivierung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Es entwickelt gemeinsame Projekte und Fragestellungen zu Themen der antiken Welt. Niederschlag findet die Arbeit des MCAW auch im Bereich der Lehre in Form von Ringvorlesungen sowie von interdisziplinären Seminaren und Übungen.
Als gemeinsames Thema verfolgen die Mitglieder des MCAW derzeit die Frage nach der bewussten Gestaltung religiöser Erfahrungen in den verschiedenen Kulturräumen der Antike. Die Vorstellung, dass "das Heilige" als Kategorie sui generis erlebt wurde, möchten wir dabei durch die Annahme ersetzen, dass religiöse Praxis durch die beteiligten Akteure und Akteurinnen selbst gestaltet wird und dass religiöses Erleben insofern als ein Produkt bewusster Arrangements zu verstehen ist.
Zu diesem Themenkomplex, seiner theoretischen Fundierung und methodischen Relevanz für unsere Disziplin haben wir uns 2019 in einer Reihe von Werkstattgesprächen und - im Rahmen eines Gastvortrags zum Thema "Religion und Atmosphäre - Skizzen zu einem Forschungsfeld" mit Dr. Martin Rademacher (Center for Religious Studies, Ruhr-Universität Bochum) ausgetauscht.
Verschiedene Aspekte haben sich für das Konzept der religiösen Atmosphäre als relevant erwiesen, so beispielsweise die Frage danach, wie Menschen in der Antike überhaupt gefühlt haben und wie wir auf ihr Empfinden und Erleben zugreifen können. Dieses Themenfeld adressieren wir nun in unserer Ringvorlesung des Wintersemesters 2022/23: "Noch einmal mit Gefühl - Zugänge zum subjektiven Empfinden in der Antike".
Ein weiterer Faktor betrifft die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen innerhalb derer religiöse Praxis in antiken Kulturen situiert ist. So bestehen enge Wechselwirkungen zwischen politischen Machtverhältnissen, Autoritätspotenzialen und Gesellschaftsstrukturen einerseits und der Gestaltung öffentlicher Räume und ihrer Nutzung für öffentliche religiöse Inszenierungen andererseits. Hierüber wollen wir uns in naher Zukunft intensiv mit weiteren Expert*innen austauschen.