12.09.2019 Ausstellungseröffnung Adnan Abd Al-Rahman
„Kunst kennt kein ,der, die, das‘, kennt keine richtigen oder falschen Artikel. Die Malerei spricht ganz unmittelbar und direkt. Sie kann etwas jenseits der Sprachgrenzen ausdrücken, – etwas, was wir wirklich sagen wollen und was in uns liegt.“ Mit dieser Kernaussage richtete sich der Maler Adnan Abd Al-Rahman an das Publikum der Ausstellungseröffnung im Kunstmuseum Marburg, und ergänzte: „Jeder sammelt seit seiner Kindheit Erfahrungen, die er im Innern mit sich trägt, und die Kunst kann diese Individualität in eine höhere, allverbindende Form der Erkenntnis übertragen.“ Adnan Abd Al-Rahman erläuterte selbst seinen künstlerischen Standpunkt und seine großformatige, auf den ersten Blick abstrakt anmutende Malerei. Eine Besonderheit seiner Arbeitsweise besteht im Einbezug von Materialien wie Erde oder geschrotetem Stroh, die er fein gemahlen als Teile der Wirklichkeit in die abstrakte Malerei einbindet. Als Effekt ergibt sich eine starke Plastizität der strukturierten Bildoberfläche.
Eröffnet wurde die Ausstellung am Donnerstag, den 5. September von Museumsdirektor Dr. Christoph Otterbeck, der vor mehr als achtzig Besucher/innen und dem mit seiner Familie anwesenden Künstler das Konzept der Präsentation vorstellte und über den bisherigen Weg des Malers Adnan Abd Al-Rahman informierte: „Die Lebenswelten, die der Künstler in seiner Malerei in energiereichen Darstellungen transformiert, werden durch das Auftragen von Farbe und in die Farbe gemischte Materie als Zeugnisse der realen Welt erfahrbar. Noch nie habe ich die Darstellung von Erde so intensiv gespürt, dass man bei dem visuellen Erlebnis das Gefühl hat, mit bloßen Füßen über die Erde zu laufen.“
Musikalisch gerahmt wurde der Eröffnungsabend von Kompositionen, die Silvia Salzbauer am Piano und Thomas Salzbauer am Saxophon vortrugen. Zudem konnte die erste umfangreichere Publikation mit einem Überblick über das malerische Werk vorgestellt werden, die an der Museumskasse erhältlich ist.
Die präsentierten Werke sind in zwei räumlich getrennte Werkblöcke unterteilt und im Foyer des Museums und dem größten Saal des Obergeschosses noch bis zum 5. Januar 2020 zu sehen.
Die mehrheitlich dunkel gehaltenen Arbeiten im Foyer, die nach Beginn des Krieges in Syrien entstanden, vermitteln beim Betreten des Museums mit ihren schwarzen Linienkonstruktionen einen Eindruck von gitterartiger Härte und Rohheit. Auch durch die Titel der Werke kommen Assoziationen des zerstörerischen Kriegsgeschehens auf.
Einer ganz anderen Atmosphäre begegnen die Besucher/innen, wenn sie nach einem Aufstieg über die Haupttreppe in den großen Saal des Obergeschosses kommen. Die dort versammelten, meist früher zwischen 2007 und 2011 in Damaskus gemalten großformatigen Gemälde bieten durch die Verwendung erdiger Brauntöne warme Farbeindrücke und sich öffnende, abstrahierte Landschaften und Bildwelten. Mehr angedeutet als motivisch ausgeführt lassen sich in Decken eingehüllte Figuren und Kindergestalten zwischen den großflächigen Farbzonen entdecken. Im Motivschatz des Malers klingen immer wieder die Erlebnisse aus Kindertagen, aus seinem Heimatdorf, aus dem Schutz und Wärme spendenden Familienleben an. Teils lagern die Figuren auf der Erde, teils erscheinen sie wie „Söhne der Götter“ gen Himmel entrückt und lassen Hoffnung oder Zuversicht spüren.