07.03.2025 Ausgezeichnet! Die Jurybegründungen zum Günther-Blau-Kunstpreis

Foto: Imogen Grönninger
In der Arbeit der Preisträgerin Lilith Echternacht gibt es viele Details zu entdecken.

Am Donnerstag, den 27. Februar 2025 wurden im Kunstmuseum die Preisträgerinnen und Preisträger des Günther-Blau-Kunstpreises ausgeschrieben. Lesen Sie hier noch einmal die Begründungen der Jury für die Vergabe der 1.-3. Preise sowie des Sonderpreises.

Jurybegründung für die Vergabe des 1. Preises

Dr. Christoph Otterbeck (Museumsdirektor) über „Ohne Titel“ von Lilith Echternacht

Foto: Imogen Grönninger
Detailansicht der Siegerarbeit von Lilith Echternacht (10. Klasse). Die aufwändig gestaltete Skulptur der Schülerin überzeugte die Jury besonders und gewann den 1. Preis des Günther-Blau-Kunstpreises.

"Die Jury des Günther-Blau-Kunstpreises verleiht den 1. Preis für ein mehrschichtiges Werk voller Phantasie und Gestaltungsfreude. Merkwürdige Bewohnerinnen und Bewohner haben sich auf einem Kaktus eingerichtet. Trotz der großen Unterschiede zwischen diesen rätselhaften Wesen sind sie unter dem Zeichen eines fliegenden Herzauges vereint. Sie behaupten sich in einer stacheligen Welt, die sie mit bunten Akzenten versehen. Neben der sprühenden Farbigkeit sind negative Energien und dunkle Stimmungen nicht zu übersehen. Anteilnahme und Zuwendung überwiegen insgesamt gegenüber Verwunderung und Sprachlosigkeit. Die Bewohnerinnen und Bewohner dieser ganz eigenartigen lebenswerten Welt kleiden und schmücken sich, wie es ihnen gefällt, setzen sich mit Werken der Literatur und Kultur auseinander und positionieren sich privat wie auch politisch mit einem Bekenntnis zur Mit-Menschlichkeit. 

Diesem komplexen skulpturalen Werk ist die Lust an der Gestaltung auf den ersten Blick anzusehen. Mit großer Hingabe ist ein detailreiches Beziehungsgeflecht entstanden, das auf vielfache Weise dazu einlädt, Neues zu entdecken und spannenden Zusammenhängen nachzuspüren.

Wir danken der Schöpferin dieser Arbeit, Lilith Echternacht, sehr herzlich."

Jurybegründung für die Vergabe des 2. Preises

Dr. Catharina Graepler (Verein der Museumsfreunde) über „Kintsugi“ von Klara Friedrich

Foto: Imogen Grönninger
Klara Friedrichs Arbeit "Kintsugi" (10. Klasse) gewann den 2. Platz des Günther-Blau-Kunstpreises.

"Das hochformatige, oben abgerundete Bild mit dem Titel „Kintsugi“ zeigt eine graue, zertrümmerte Welt, die von Zerstörung und Verfall geprägt ist. Der verkohlte Vordergrund verstärkt den Eindruck der Verwüstung, während der Hauptteil des Bildes von ruinösen Überresten zerstörter Gebäude dominiert wird. Der fahle, weiße Hintergrund und eine noch intakte Gebäudekuppel über der eine goldene Sonne am Himmel hängt, geben jedoch einen Hoffnungsschimmer. Diese Szene wäre zutiefst bedrückend, wenn nicht aus dem verbrannten vorderen Erdreich zwei strahlend geschmückte Blumen emporwachsen würden, die durch ihre außergewöhnliche und filigrane Gestaltung bestechen und dem Betrachter Hoffnung suggerieren. Mit großer Präzision und Sorgfalt sind sie in gewalkter Wolle in unterschiedlichen Farben geformt und mit Perlen veredelt. Jede einzelne Blattstruktur, jedes Detail ist mit beeindruckender Feinarbeit ausgeführt und beweist ein hohes handwerkliches Können. Die leuchtenden Blüten setzen sich eindrucksvoll von ihrem verkohlten, zerstörerisch anmutenden Untergrund ab. In dieser Gegenüberstellung entfaltet das Kunstwerk eine kraftvolle Aussage: Es erzählt von Zerstörung und Widerstandskraft, von Vergänglichkeit und Erneuerung. 

Auch wenn etwas zerbrochen ist, kann es wieder zusammengesetzt werden und vielleicht in noch schönerer Form einen Fortbestand sichern, so wie es der Titel des Werkes „Kintsugi“     - eine Jahrhunderte alte japanische Reparaturmethode für Keramik - zum Ausdruck bringt. Zu dieser tiefgründigen Botschaft des Bildes kommt die ebenso bemerkenswerte wie kunstvolle Ausführung des außergewöhnlichen Bildträgers hinzu, der aus mehreren Lagen Wellpappe geschaffen wurde, die mit dicken Wollfäden zusammengenäht sind. Diese unkonventionelle Technik verleiht dem Werk eine zusätzliche haptische Dimension.

Aufgrund der herausragenden gestalterischen und inhaltlichen Merkmale zeichnet die Jury das Bild „Kintsugi“ von Klara Friedrich mit dem zweiten Preis aus. Herzlichen Glückwunsch!"

Jurybegründung für die Vergabe des 3. Preises

Karin Stichnothe-Botschafter (Verein der Museumsfreunde) über „Immer“ von Antonia Ayarov

Foto: Imogen Grönninger
Antonia Ayarov Arbeit "Immer" (13. Klasse) belegte den 3. Platz des Günther-Blau-Kunstpreises.

"Die Jury des Günther-Blau-Kunstpreises verleiht den 3. Preis für ein Gemälde, das den Titel „Immer“ trägt. Es setzt sich auf ganz eigene und besondere Weise mit dem Motto des Wettbewerbs „Lebenswerte Welt“ auseinander.

Kompositorisch ist das Werk fokussiert auf hellere und dunklere Bestandteile, die ein kreisrundes Element in der Mitte der Bildgestaltung umgeben – einmal ruhig im eigenen Umfeld sich bewegend, ein anderes Mal mit dem Zentrum der Arbeit in intensivem Austausch stehend. Im mittig positionierten weißen kreisrunden Element, das an eine in sich geschlossene und gleichzeitig lichtdurchflutete Kugel erinnert, hockt in sitzender Position ein junger Mensch. Seine dunklere Hautfarbe kontrastiert mit einer weißen Hose aus leichtem Stoff. Sein langer Arm ist ausgetreckt und es scheint, als wolle er konzentriert die Grundlage/das Material der (Welt)Kugel im Inneren ergründen. Die Handhaltung suggeriert, dass die Entnahme einer „Probe“ des Materials kurz bevorsteht, um es näher untersuchen, bestimmen und einordnen zu können.

Die Hülle, die ihn umgibt, ist von schützender Natur – und dies im mehrdeutigen Sinn: Zum einen ist es eine starke Hülle, die Halt gibt gegen alle Einflüsse von außen, zum anderen sind kräftige, zum Teil amorphe natürliche Elemente aus der Welt der Pflanzen in ihrer Feinheit dargestellt. Sie alle sind geprägt von ganz eigenen Strukturen, sie greifen ineinander und stehen fein verästelt in stetigem Austausch. Manche kompositorischen Elemente erinnern an Zellteilung und ein immer stetiges Werden und Wachsen. Andere deuten Wasser an, das für diese Welt existentiell ist.

Die Arbeit von Antonia Ayarov wurde von der Jury ausgezeichnet aufgrund ihrer hohen ästhetischen Gestaltung und Qualität, verbunden mit einer sehr differenzierten Interpretation unterschiedlicher Zusammenhänge. Komplexe Systeme gilt es weiter zu erkunden, sie im eigenen Raum bestehen zu lassen und im stetigen Prozess der Erneuerung und Veränderung in einer lebenswerten Welt zu bewahren. Die junge Künstlerin zeigt diesen Ansatz in sehr eindrucksvoller Art. Herzlichen Glückwunsch!"

Jurybegründung für die Vergabe des Sonderpreises

„DIN 2470-1“ von Tolga Tokcan

Foto: Imogen Grönninger
Tolga Tokcan (10. Klasse) gewann mit seiner aus Rohren gefertigten Skulptur "DIN 2470-I" einen Sonderpreis.

"Die Jury des Günther-Blau-Kunstpreises verleiht den Sonderpreis für eine eingereichte Arbeit aufgrund ihrer außergewöhnlichen Verbindung von Konzept, Ästhetik und handwerklicher Präzision. Die Skulptur – eine aus Rohren verschraubte, sitzende Figur, deren Kopf als Lampe leuchtet – überzeugt durch ihre minimalistische industrielle Formensprache, die eine spannende Balance zwischen technischer Konstruktion und künstlerischer Ausdruckskraft herstellt.  Die Wahl der Materialien – rohe, funktionale Bauelemente – wird durch die feinsinnige Symbolik des leuchtenden Kopfes in eine tiefere Bedeutungsebene gehoben. Die Kombination aus statischer Körperhaltung und der metaphorischen Kraft des leuchtenden Kopfes schafft eine visuelle und inhaltliche Spannung, die es zu einem außergewöhnlichen Beitrag dieses Wettbewerbs macht.

Ist die Figur ein Mensch oder eine Maschine? Ist das Licht ein Zeichen von Erkenntnis oder Funktionalität? Fragen nach Identität, Kreativität und Bewusstsein in einer technologisierten Welt. Die Skulptur erinnert daran, dass eine lebenswerte Welt (Motto des Wettbewerbes) nicht nur aus Natur und Emotion besteht, sondern auch aus Technik, Fortschritt und menschlicher Erfindungskraft. Sie zeigt auf poetische Weise, dass selbst aus kühlen, industriellen Materialien eine Figur entstehen kann, die Wärme, Nachdenklichkeit und sogar Humor ausstrahlt. So könnte das leuchtende Haupt als Symbol für Wissen, Ideen oder ‚Erleuchtung‘ gedeutet werden. 

Aufgrund dieser Aspekte zeichnet die Jury die Arbeit von Tolga Tokcan mit dem Sonderpreis aus – als ein Kunstwerk, das Innovation mit philosophischer Tiefe vereint und den Diskurs über Kunst, Technik und eine lebenswerte Welt auf inspirierende Weise bereichert. Herzlichen Glückwunsch!"

Am Abend der Preisverleihung wurde die Ausstellung aller jurierten Arbeiten eröffnet. Sie sind bis Ende April 2025 in den Räumen des Kunstmuseums zu sehen.